"28 Weeks Later" (GB 2007) Kritik – Der Virus kehrt zurück

“Es gibt keine Überlebenden. Nur uns hier drin und die da draußen.”

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Wenn man von einer Fortsetzung hört, ausgerechnet von einem Film, der einem dazu noch besonders gut gefallen hat, dann darf man die Luft im ersten Moment schon mal scharf einatmen. Die Gefahr, das ein Mythos schmerzhaft zerstört wird, ist immer gegeben, denn das haben wir in der Vergangenheit schon oft genug miterleben müssen. Wenn sich dann auch noch eine Fortsetzung zu einem Horrorfilm ankündigt, ist der Schrecken sogar noch größer, denn die Gründe einer solchen Fortsetzung sind zumeist schon im Vorfeld überdeutlich. Es geht um die blanke Geldmacherei und darum, den Blutzoll nochmal aufs extremste zu verlagern. Heißt im Klartext: möglichst viel Brutalität in den Film stecken und die Story einfach mal in den Hintergrund drücken, das wird die Horrorfreaks schon nicht stören. Die Befürchtung auf ein lebloses Sequel durfte man 2007 hegen, als ’28 Weeks Later’ vor den Türen stand, wobei eine Fortsetzung in diesem Fall wirklich noch Sinn gemacht hat. Auf dem Regiestuhl saß diesmal nicht mehr Könner Danny Boyle, sondern der Spanier Juan Carlos Fresnadillo, der für seinen Kurzfilm Esposadas eine Oscar Nominierung bekam und ebenfalls den Goya als Bester Nachwuchsregisseur entgegennehmen durfte. So viel sei im Vorfeld auch schon gesagt: ’28 Weeks Later’ ist mit Sicherheit kein schlechter Nachfolger.

Ein gutes halbes Jahr ist seit dem Ausbruch des Wut-Virus vergangen und er scheint besiegt worden zu sein. Die Nato-Truppen versuchen mit ihren Eliteinheiten wieder neue Ordnung im verwüsteten Großbritannien herzustellen und Hauptstadt London wird im Kern wieder mit Leben gefüllt und neu zivilisiert. Die Geschwister Andy und Tammy kommen ebenfalls wieder zurück nach London und treffen dort ihren Vater wieder, der ihnen erzählen muss, dass er ihre Mutter zurückgelassen hat. Bei einer Erkundungstour durch das verlassene London, treffen die beiden Geschwister ihre Mutter wieder und alles gerät aus den Fugen…

Wer schon bei ’28 Days Later’ einen reinen Zombiefilm erwartet hat, der sich ganz an den alten Tagen orientiert, der wurde von David Boyle schnell eines Besseren belehrt. In den alten Romero-Zeiten waren die menschenfressenden Untoten (!) noch schleichende Monster, die vor sich hin trotteten und eine besondere Vorliebe für Gehirne hatten. Man musste ihnen irgendwie den Schädel zerstören, denn alle andere Wege und Mittel waren zumeist vollkommen zwecklos. In ’28 Days Later’ handelte es sich hingegeben nicht um Zombies, sondern um infizierte Menschen (!), die dem Wut-Virus, übertragen durch Affen, verfielen und in einem Rausch endeten, der die Sucht nach Menschenfleisch unhaltbar antrieb und steigerte. Und genau da macht Fresnadillo mit ’28 Weeks Later’ weiter und wir bekommen es mit besagtem Virus zu tun, der die erst flüchtenden Menschen zu sprintenden Menschenjägern macht. Doch anders als im Vorgänger, erzählt der Spanier seinen Film nicht aus der Sicht von Erwachsenen, sondern von zwei jungen Geschwistern, die mitten in ein erneutes Aufleben der Seuche geraten.

Zu Anfang sehen wir die Geschehnisse um Vater Don und Mutter Alice, die im späteren Verlauf noch eine Rolle spielen wird. Danach wird uns dargestellt, was sich in den folgenden Wochen zugetragen. Großbritannien wird unter Quarantäne gestellt, die Bevölkerung ist vollkommen ausgelöscht worden und nach 5 Wochen sind die Infizieren verhungert. 6 Wochen später besetzt eine amerikanische Einheit London und wieder 7 Wochen später wird Großbritannien für Infektionsfrei erklärt, bis wir in der 28. Woche nach dem Vorfall der beiden Eltern angekommen sind und die eigentliche Story des Films beginnt. Wir bekommen unsere Hauptprotagonisten Andy und Tammy, die wieder nach Großbritannien einreisen dürfen und im Stadtkern leben, der unter der Bewachung der Elitetruppen steht. Hier treffen Andy und Tammy ihren Vater wieder, der ihnen die Geschichte rundum Mutter Alice offenbart und sich nun wieder um die beiden Kinder kümmern will. Als die beiden Geschwister mal wieder durch die alten Straßen von London ziehen wollen, kommen sie an ihrem ehemaligen Familienhaus an und Andy entdeckt im obersten Stock seine Mutter, vollkommen ausgelaugt und verschreckt hinter Möbeln versteckt. Infiziert, aber die Symptome sind noch nicht ausgebrochen. Durch einen Kuss, den Don seiner Frau in der Quarantänestation gibt, überträgt sich der Virus jedoch rasend schnell auf Don, dieses Mal auch in seinem ganzen Wahn, und die eigentlich infektionsfreie Stadt bekommt es mit einer neuen Welle Infizierter zu tun, mittendrin die beiden Geschwister, die um ihr Leben kämpfen, ohne jegliche Hoffnung auf ein wirklich ruhiges Leben.

Die Eröffnung von ’28 Weeks Later’ sucht ihresgleichen. Wenn Don seine Familie zurücklassen muss und vor eine Horde Infizierter flieht, dann wird man als Zuschauer nicht nur mit ganzer Kraft in den Sitz gedrückt, sondern die Angst, Verzweiflung und die Tragik dieses Moments ist förmlich greifbar und überträgt sich in einer Stärke auf den Zuschauer, die wirklich die Luft raubt. Atemberaube Bedrängung. Diese extrem atmosphärische Dichte, erreicht der Film danach allerdings nicht mehr, auch die beklemmende Stimmung wie die Anspannung des Vorgängers ist nicht gegeben. Fresnadillo verstand es, den Zuschauer immer mit der nötigen Spannung zu umklammern, auch das apokalyptische Feeling ist wieder vertreten, nur nicht in der meisterhaften Form wie in Boyles Version. Die leeren Straßen der Großstadt übertragen nicht nur das Gefühl der Einsamkeit, sondern auch das Gefühl der inneren Leere, der bitteren Hoffnungslosigkeit, die durch das erneute Ausbrechen jegliche Menschenpläne auseinandergerissen hat. Auch einiges an Kriegskritik, vor allem an gegenwärtigen und aktuellen Umständen mischt Fresnadillo in das Handeln der Soldaten und blickt dabei nicht nur mit einem Auge in Richtung Südwestasien. Schlussendlich fehlt es ’28 Weeks Later’ zwar nicht an Spannung, doch die Spannungskurve selbst kommt nicht nur einmal etwas ins rütteln, genau wie die zuweilen polierte Atmosphäre, die nicht mehr in der konsequenten Rohheit aufgearbeitet wurde. Sehenswert ist er dennoch in jedem Fall, gerade wegen des hervorragenden Prologs, den fantastischen Vogelperspektiven, vor allem wenn die Stadt in Flammen aufgeht, und dem mehr als genialen Soundtrack.

Fazit: Mit dem Vorgänger kann Fresnadillos ’28 Weeks Later’ nicht mithalten, aber dennoch inszenierte er nicht nur einen überdurchschnittlichen Horrorfilm, sondern auch einen mit guter Atmosphäre und einiges an Spannung, auch wenn sich hin und wieder einige Durchhänger einschleichen. Die starke Kameraarbeit und Murphys fantastischer Score tun wieder ihr übriges und machen ’28 Weeks Later’ zu einem guten Film, den man sehen kann und es sicher nicht bereuen wird, gerade wegen der Eröffnungsszene, die wirklich Weltklasse ist.

Bewertung: 6/10 Sternen

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