So werden Sie Arthouse-Regisseur – 5 Schritte zum Erfolg

Autor: Sebastian Groß

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Das Filmgeschäft ist hart und unerbittlich. Um hier zu bestehen, braucht man vor allem eines: einen Ruf. Innerhalb von 5 Schritten verraten wir Ihnen, wie Sie vom unbekannten Kamerahalter zum Liebling des Feuilletons werden.

Schritt 1: Erstellen Sie ein Manifest
Lars von Trier gilt als Begründer und Initiator des Dogma-Films. Er stellte Regeln auf, an die sich andere Filmemacher einige Zeit hielten und gilt seitdem als Platzhirsch des „besonderen“ Films. Da wollen Sie auch hin. Also erstellen Sie auch so ein Manifest. Wichtig ist hierbei, dass die Regeln, die Sie aufstellen, für die meisten den Eindruck erwecken sollten, Sie seien ein künstlerischer Rebell, ein Querdenker, einfach ein verdammter Gegen-den-Strom-Schwimmer, der im Freibad auch gerne Mal aufs Klo geht um zu pinkeln. Selbstverständlich ist es nicht von Nutzen, das olle Dogma-Manifest zu kopieren. Das würde nichts bringen – außer man will als Regisseur von „Paranormal Activity 8“ enden. Nein, stellen Sie neue Regeln auf. Nutzen Sie ihre Kreativität. Wieso z.B. die Kamera immer auf die Darsteller richten? Warum nicht einfach etwas Anderes aufnehmen? Während die Schauspieler ihren Job tun, filmen Sie einfach etwas abseits, z.B. einen leeren Papierkorb oder einen Obdachlosen beim Flaschensammeln. Natürlich müssen Sie das als Kunst verkaufen. Benutzen Sie bei Ihrer Erklärung auch Wörter die voll wichtig und intelligent klingen. Als besonders effizient haben sich ethisch, kapitalistisch, bigott und Hitler erwiesen. Aber da sind Ihrer Phantasie keinerlei Grenzen gesetzt.

Schritt 2: Ihr Auftritt
Ist ihr Film – dessen Titel natürlich ausgefallen sein sollte – fertig, heißt es: Einsatz zeigen. Bewerben Sie den Film mit Interviews, aber passen Sie auf! Wenn Sie dem Interviewer zeigen, dass Sie stolz auf ihren Film sind und dass Sie den ganzen Rummel um ihn und Ihre Person spannend finden, gehen Sie schneller unter als ein Superhelden-Nemesis unter der Regie von Shane Black. Geben Sie sich immer etwas desinteressiert. Beantworten Sie jede Frage so, als ob es nicht um Ihren Film, sondern um ihr Leben ginge. Die Trumpfkarte hierbei sind psychische Erkrankungen. Ein Beispiel: Der Interviewer fragt, warum Sie statt ihrer Darsteller lieber einen Hundehaufen an einem Löwenzahn gefilmt haben. Antworten Sie darauf mit lethargischem Ton und erwähnen Sie, dass Sie beim Dreh in einer depressiven Phase waren. Sie werden sehen, der Interviewer wird darauf eingehen und auch viele Rezensenten werden dies aufgreifen. Ist das geschafft, haben Sie eine wichtige Lektion gelernt: Es geht nicht um Ihre Filme, es geht um Sie.

Schritt 3: Arbeiten Sie mit Stars
So, Ihr erster Film ist fertig, lief auf ein paar Filmfestivals und einen Preis haben Sie bestimmt auch irgendwo gewonnen. Zeit den eigenen Ruf auszuweiten. Jetzt müssen Sie aber den Tatsachen ins Auge blicken: Im Grunde sind sie langweilig. Schön sind Sie auch nicht und glauben Sie ja nicht, die Masche mit den Depressionen reicht aus, um den Durchbruch zu schaffen. Nein, Sie brauchen Stars. Jetzt keine Panik. Die meisten Stars langweilen sich mit dem typischen Rollenangebot. Sie suchen eine Herausforderung und fühlen sich zu allem hingezogen, was irgendwie künstlerisch wirkt. Nutzen Sie das aus. Wichtig ist aber, dass Sie den Stars gegen dessen Rollengewohnheiten besetzen. Wenn Sie z.B. Jennifer Aniston bekommen, geben Sie ihr nicht die Rolle der neurotischen Singlefrau. Machen Sie aus ihr eine alleinerziehende Mutter von 6 Kindern, die Crack raucht, Schamanismus praktiziert und mit ihrer Vagina spricht. Und damit kommen wir auch gleich zu…

Schritt 4: Fabrizieren Sie Tabubrüche
Tabubrüche? Ist nun auch nichts Neues mehr, aber sie wirken immer noch. Deswegen sollten Sie sich auch darauf verlassen. Also nutzen Sie exzessive Gewalt, pornografische Szenen oder politische unkorrekte Äußerungen in ihren Filmen. Wenn Sie Vollprofi sind, geben Sie persönlich auch die eine oder andere provokante Äußerung von sich. Sie werden sehen, das wird von der Presse aufgesogen wie ein Schwamm. Sagen Sie der Öffentlichkeit, dass Sie die Pommes bei Burger King lieber mögen als die von McDonalds, liebäugeln Sie mit der Zusammenarbeit einer fragwürdigen Musikkombo oder – ein ewiger Klassiker – tun Sie irgendwas Dummes mit Hitler. Nennen Sie ihn sexy, nennen Sie ihn visionär oder nennen Sie gleich eines Ihrer Kinder Adolf. Natürlich müssen Sie dann auch mit den Reaktionen zu Recht kommen. Ihr Sommerurlaub in Cannes kann da schon mal in Wasser fallen und das eine oder andere Ei wird ihnen sicher auch an die Schläfe geknallt, aber dafür sind Sie Gesprächsthema und irgendeiner wird in ihrem Film (Sie wissen schon, der mit der sprechenden Vagina) garantiert so auslegen, dass er ihre verwerflichen Äußerungen – gesehen in einem künstlerischen Kontext – relativiert.

Schritt 5: …und weiter machen
Der letzte Schritt. Jetzt heißt es das Gelernte beibehalten und vor allem kombinieren. Inszenieren Sie einen großen Tabubruch mit Starbesetzung. Machen Sie z.B. einen Film über die sprechende Vagina von Kim Jong-un, die unter Depressionen leidet und von George Clooney gespielt wird (“Cloud Atlas” lässt grüßen). Seien sie kreativ. Seien Sie produktiv. Sie werden sehen, bald wird es vollkommen egal sein, was Sie drehen. Sie könnten auch eine Episode von „Alarm für Cobra 11“ inszenieren und das Feuilleton würde durchdrehen. Klar, es wird auch negative Stimmen geben – die gibt es immer -, aber die können Ihnen egal sein. Sie haben immerhin den Arthouse-Thron bestiegen. Herzlichen Glückwunsch. Als Belohnung erhalten Sie Dauerkarten für die großen Filmfestivals, eine Psychose und den Ruf eines Genies/Künstlers/Visionärs/Bekloppten.

Nächste Woche gibt es dann die 5 Schritte, wie Sie zum neuen Michael Bay werden.

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