"Die Brücken am Fluss" (USA 1995) Kritik – Clint Eastwood beweist viel Gefühl

“Ich glaube, für Besessenheit gibt es keine Gründe. Man ist einfach besessen.”

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Romanverfilmungen sind immer eine Sache für sich. Ist ein Buch erst mal in der Bestsellerliste gelandet, dann ist die Verfilmung und eine wahrscheinliche Enttäuschung vorprogrammiert. Wenn sich aber ein Regisseur wie Clint Eastwood einem schwülstigen und vor Kitsch triefenden Roman wie ‘Die Brücken am Fluss’ annimmt, dann darf man als Zuschauer auf das Ergebnis gespannt sein. Mit dem gleichnamigen Film ‘Die Brücke am Fluss’ inszeniert Eastwood 1995 einen sensiblen und hochdramatischen Liebesfilm und verzichtet dabei zum Glück auf die schrecklich übertriebene Rührseligkeit.

Das friedliche Landleben in Iowa wurde von Eastwoods Stammkameramann Jack N. Green wieder in harmonische und wärmende Bilder gepackt. Ebenso leistet Lennie Niehaus ganze Arbeit und unterstreicht den Film mit emotionaler Musik, die den Zuschauer immer wieder berührt und nie zu aufgesetzt oder unnötig gewollt wirkt.

Wieder mal übernimmt Eastwood nicht nur die Regie, sondern spielt auch die männliche Hauptrolle. Clint Eastwood beweist sich in einer äußerst gefühlvollen Rolle und verkörpert den Fotograf Robert Kincaid mit seiner gewohnten Präsenz. Was man jedoch sagen muss, egal welche Rolle Eastwood spielt, im Kern ist er immer der gleiche Charakter. Mit Meryl Streep hat Eastwood nicht nur eine fantastische weibliche Hauptrolle gefunden, er hat auch eine Schauspielerin gefunden, die ihm nicht nur das Wasser reicht, sondern ihn auch übertrumpft. Streep als Farmersfrau Francesca füllt ihre Rolle wieder mit der gewohnten Leidenschaft aus und glänzt mit ihrer facettenreichen Darstellung.

Die Geschichte von Francesca und Robert wird uns mittels Schriftstücken von Francesca erzählt, die sie nach ihrem Tod hinterlassen hat. Ihre Kinder bekommen sie mit den letzten Hinterlassungen und lesen darin. Wir tauchen ein in die Vergangenheit. Francesca ist eine Hausfrau in Iowa, ihre zwei Kinder und ihr Ehemann wollen für vier Tage auf eine Landwirtschaftsausstellung und sie hat das Haus für sich allein. Als der durchreisende Fotograf Robert bei Francesca anhält und sie nach dem Weg zur Roseman Bridge fragt, erklärt sie sich bereit, ihm den Weg zu zeigen. Die beiden kommen ins Gespräch, verstehen sich perfekt und entwickeln immer mehr Gefühle für einander. In den gemeinsamen vier Tagen rücken sie immer näher zusammen und eine leidenschaftliche Liebe wird entfacht. Doch die Zeit ist begrenzt und der schwere Abschied kommt immer näher…

Eastwoods Erzähltempo ist angenehm ruhig und überschlägt sich zu keiner Zeit. Zwar schleichen sich gelegentlich hier und da kurze Längen ein, sind aber nicht weiter schlimm. Dabei sind es auch immer die Sprünge in die Gegenwart und die Reaktionen der Kinder, die langsam die Wahrheit erfahren, die das Interesse des Zuschauers wecken. Das Hauptaugenmerk liegt aber natürlich voll und ganz auf der Beziehung zwischen Francesca und Robert. Zum Glück verzichtet Eastwood hierbei auf das beliebte ausufern von Klischees und dem baden in Kitsch.

Die Situation zwischen den beiden ist von vorneherein klar. Für eine gemeinsame Zukunft und unnötige Träumereien wird kaum Platz gelassen. Die Zeit läuft unaufhaltsam gegen die sie. Die Gefühle, die entbrannt sind, müssen doch immer verheimlicht werden und werden dennoch nie eingebunden sein.

Robert strahlt diesen Reiz des fremden, unbekannten und mysteriösen aus. Er ist nirgendwo und doch überall zu Hause. Er hat einen Beruf, in dem er die Freiheit des Lebens spüren kann. Das ist für Francesca, die im staubigen Iowo festhängt, unheimlich verführerisch. Sie sieht jeden Tag die gleichen Menschen, macht jeden Tag die gleiche Arbeit und erlebt keine Überraschungen. Anders als Robert, der jeden Tag etwas neues Erzählen kann und mit seinen Geschichten schnell beeindruckt. In Robert sieht Francesca das Tor zur Welt, eine Flucht in ein neues Leben und ihre heimliche Freiheit. Dabei wird auch klar, wer der heimatlose Robert in Wirklichkeit ist, denn er gibt nur den harten Mann vor, damit er sich an niemanden binden muss. Er will niemanden brauchen, doch gegen seine Gefühle kann er nichts tun.

“Es ist nicht menschlich, sich nicht einsam zu fühlen und es ist nicht menschlich, sich nicht zu fürchten.”

Wenn sich schöne Zeit langsam dem Ende nähert und das auch bewusst wird, dann setzt der Herzschmerz ein. Robert muss gehen, er muss die geordnete Welt verlassen und Francesca muss sich wieder um ihre Familie kümmern. Doch der schlimmste Moment steht den beiden noch bevor. Beim Einkaufen laufen sie sich ein letztes Mal über den Weg. Ein letzter Blick im Regen. Die Regentropfen in seinem Gesicht, die Tränen in ihrem und der gleiche Schmerz in beiden. Vier wunderschöne und unvergessliche Tage gehen vorüber, doch sie werden für immer im Herzen verbunden sein.

“Weißt du was? Nachdem du fort bist, werde ich für den Rest meines Lebens hier sitzen und mich fragen müssen, was mit mir geschehen ist. Wenn überhaupt was geschehen ist…”

Das ‘Die Brücken am Fluss’ so gut funktioniert und berührt liegt natürlich an erster Stelle an der Inszenierung und den exzellenten Schauspieler, aber ganz besonders ist es auch die Lage der beiden. Francesca wäre nie mit ihm mitgegangen, das ist klar. Das Pflichtgefühl gegenüber ihrer Familie. Die Angst sie zu verletzten und die Blicke der Menschen, die sie auf sich ziehen würden. Die Angst vor den Veränderungen. Sie gibt ihr Leben ihrer Familie, doch der letzte Wunsch ist an Robert gerichtet, ohne dabei unnötig auf die Tränendrüse zu drücken.

“Du bist hier die verheiratete Frau und hast nicht vor deinen Mann zu verlassen, stimmt’s?”

Fazit: Clint Eastwood stellt seine verletzliche und liebende Seite unter Beweis und inszeniert ein berührendes und dramatisches Liebesdrama, mit tollen schauspielerischen Leistungen, schönen Bildern und zartem Soundtrack. Eastwood beweist, dass er sich längst nicht in einem Genre festgefahren hat und inszeniert einfach einen schönen und gleichermaßen traurigen Film.

“Ich will dich nicht brauchen, weil ich dich nicht haben kann.”

Bewertung: 8/10 Sternen

1 Comment

  • Mit Franzeska Johnson und Robert Kinkaid treffen zwei “verwandte Seelen” (“Kindred souls”), oder sind es verwandte Herzen aufeinander – für den, der selber – mit ähnlichem Ausgang – mal Vergleichbares Erlebt hat, kann dieser Film nur 12 von 10 Punkte bekommen, ansonsten stimme ich fast allem zu. Clint war für mich – seit ich ihm bei “Rawhide” gesehen habe, immer schon mit einer Aura des Besonderen behaftet, aber mit diesem Film hat er für mich persönlich sein “Masterpiece” abgeliefert!!
    “Diese Gewissheit, jemanden so zu lieben, hat man nur ein Mal im Leben!” MEHR kann man nicht sagen!!

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