Kritik: Catch Me If You Can (USA 2002)

© United International Pictures GmbH
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Frank, look. Nobody’s chasing you.

Man hatte die Hoffnungen ja schon irgendwie aufgegeben, dass Steven Spielberg mal wieder Interesse daran zeigt, das Herz der Zuschauer in den Sälen der Lichtspielhäuser in den höchsten Tönen schlagen zu lassen. Sein Eskapismus war nicht mehr locker-leicht konzipiert, er war von einer entsättigten Düsternis gezeichnet, die den Kleinen der Familie konsequent den Riegel vorschob: Auf „Schindlers Liste“ folge das Sklaven-Drama „Amistad“, nach „Der Soldat James Ryan“ kam die hervorragende Dystopie „Minority Report“. Zwischendurch durfte zwar „A.I. – Künstliche Intelligenz“ noch einmal etwas Magie versprühen, doch von dem federleichten Gestus eines „E.T. – Der Außerirdische“, „Jurassic Park“ oder der „Indiana Jones“-Trilogie waren seine Werke bis zum Jahre 2002 dann doch immer einen ordentlich Schritt weit entfernt. Mit „Catch Me If You Can“ sollte sich dann allerdings etwas ändern und der immer irgendwo Kind gebliebene Kinoillusionär bewies eindrucksvoll, dass er immer noch ohne Probleme leichtfüßiges Familienkino der Extraklasse auf die Beine stellen kann.

Ohne extraterrestrische Lebewesen oder die Peitsche schwingende Schätzjäger, führt uns „Catch Me If You Can“ zurück in eine Filmwelt, die atmosphärisch an die luftig inszenierten Räuberpistolen der 1950er oder 1960er Jahre gemahnt. Gleich zu Anfang schon werden wir direkt mit einem hervorragend von Kuntzel und Deygas designten Titelsequenz verwöhnt, die in ihrer gesamten Verspieltheit aufzeigt – während sie das Katz- und Mausspiel des Filmes reflektiert -, welch nostalgische Verbundenheit Steven Spielberg zur Kinematographie an und für sich pflegt. Leonardo DiCaprio, der seinen großen Durchbruch als allgemein als ernstzunehmender Schauspieler mit „Gangs of New York“ verzeichnen sollte, hat es dann doch eher „Catch Me If You Can“ zu verdanken, dass ihm heutzutage ein derartiger Ruf und Stand zuteil geworden ist. Aus der Schublade des verweichlichten Schönling, die er mit „Titanic“ noch einmal bestätigte, zeigt DiCaprio als Frank Abagnale, jr., dass er nicht nur ungemein wandelbar in seiner Rollenwahl zu Werke schreiten kann, sondern legte auch den Grundstein für seine Flexibilität historische Figuren zu verkörpern. Als tatsächlich existierender Frank Abgnale, jr. drückt sich DiCaprio mit ausbalancierter Dandy-Performance in den Fokus.

Frank Abagnale, jr. ging als Hochstapler und Scheckbetrüger in die Geschichte ein und hat am Ende der 1960er Jahre das FBI (im Film personifiziert von einem grandios-lakonischen Tom Hanks als Carl Hanratty) so zum Narren gehalten, wie es ihm gefallen hat – Und er war zu diesem Zeitpunkt nicht einmal volljährig. „Catch Me If You Can“ nimmt sich der kriminellen Laufbahn des Frank Abagnale, jr. an, ohne diese natürlich durch den ideologischen Fleischwolf zu drehen. Das pointierte Drehbuch von Jeff Nathanson, der von Frank Abagnale, jr. unterstützt wurde, verschiebt die Verbrecherjagd hingegen in eine komödiantische Tonalität und schlägt als Liebesklärung an das altmodische Kino derart entzückende Haken, dass es dem Film an Kurzweil gewiss nicht fehlen möchte. Allein mitanzusehen, wie der 16-jährige New Yorker nach der Scheidung seiner Eltern von Zuhause ausbricht und sich durch die renommiertesten Berufszweige schummelt, ist ein Fest für die Sinne: Vom von jeder Seite glorifizierten Himmelstürmer, der schließlich als Gott in Weiß in Karriere macht und anschließend noch als angeblicher Advokat seinen Schwiegervater in spe um den Finger zu wickeln versucht. Immer hinter ihm, manchmal auch nur einen Schritt zu später (oder den einen Funken zu naiv): Carl Hanratty.

Wenn Frank Abgnale, jr. dann immerzu in Luxus und Dekadenz schwimmt, schält sich sein familiärer Scherbenhaufen, der fortwährend unter der Oberfläche schmerzt, an das Tageslicht: Ersucht darin, den finanziellen Ruin seines Vaters zu neutralisieren, schwindelt sich Frank quer durch die Staaten, später auch über die Landesgrenzen hinaus, schafft es dadurch aber natürlich nicht, seine sich entfremdeten Elternteile wieder zueinander zu bringen. Jede Finte treibt ihn weiter weg, weil, wie Carl Hanratty gegen Ende richtiggehend feststellt, lebt es sich mit der Lüge manchmal leichter. Frank weiß, dass er den Klebstoff der Liebe nicht durch seine hochstaplerische Delinquenz vorfinden wird. Mit der Verve der farbenfrohen goldenen Ära ist „Catch Me If You Can“ mustergültiges Entertainment, das jede Menge Spaß bereitet, immer stilvoll in Szene gegossen wurde, ohne den Zuschauer aber emotional zu unterstättigen: Gerade der Moment, in dem Frank als Heimatloser durch den Bürokomplex des FBI streunt, beweist das nachhaltig. Man kommt nicht drumherum, egal wie man den Film dreht und wendet, „Catch Me If You Can“ als exzellentes Unterhaltungskino zu bezeichnen, werden doch alle Wünsche bestätigt.

“Two little mice fell in a bucket of cream. The first mouse quickly gave up and drowned. The second mouse, wouldn’t quit. He struggled so hard that eventually he churned that cream into butter and crawled out. Gentlemen, as of this moment, I am that second mouse.”

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