Kritik: Into the Wild (USA 2007) – Ein Schrei nach Freiheit

Into-the-Wild-2007-Film-Kritik-Trailer

Wenn du vergibst, dann liebst du.

Immer wieder gibt es diese Schauspieler, die auch auf dem Regiestuhl gute Arbeit leisten können. Da hätten wir zum Beispiel Clint Eastwood oder auch Roman Polanski. Inzwischen wissen wir auch, dass der Charakterdarsteller Sean Penn nicht nur einer der besten Schauspieler seiner Zeit ist, sondern gelegentlich auch ein sehr begabter Regisseur. Vor allem seine dritte Arbeit Das Versprechen, die sich mit dem gleichnamigen Dürrenmatt-Roman beschäftigte, zeigte, dass er auch hinter der Kamera sehr talentiert ist. Seine letzten beiden Regiearbeiten (The Last Face, Flag Day) zeugten bedauerlicherweise vom Gegenteil. Seine große Zeit als Regisseur hatte Sean Penn 2007 mit Into the Wild, der auf dem Reportage ähnlichen Roman von Jon Krakauer basiert.

Sein Zeugnis ist voller Bestnoten und das College ist geschafft. Doch der 22 Jährige Chris möchte seinem geordneten Leben nun den Rücken kehren. Anstatt sein Jurastudium an der Harvard Universität zu beginnen, spendet er seine kompletten Ersparnisse, verbrennt sein restliches Bargeld und zerstört jegliche Kreditkarten und Ausweise. Ohne einen einzigen Cent in der Hosentasche zieht Chris nun quer durch die Staaten mit dem klaren Ziel vor Augen: Alaska. Er will in die Wildnis. Auf seiner einzigartigen Reise trifft er weitere Aussteiger und ganz besondere Menschen. Doch niemand kann ihn aufhalten oder von seinem Ziel abbringen.

An erster Stelle begeistert Into the Wild durch die fantastischen Aufnahmen der amerikanischen Weiten. Eric Gautiert fängt traumhafte Bilder der Natur ein. Bilder, die man sich stundenlang anschauen könnte und hier schon fast zu kurz erscheinen. Die Bilderflur ist enorm, die Macht der Einstellungen fesselt den Zuschauer durchgehend und verführt zum eigenen Abenteuer. Dazu die ruhige Musik, vor allem Eddie Vedders “Long Nights”, die dem Film einen melancholischen Klang verleiht, der nachdenklich stimmt und einfach mitfühlen lässt.

Ein derart kraftvoller Film benötigt natürlich auch starke Schauspieler, die in der Lage sind ihn voll und ganz zu stemmen. Chris McCandless wird von Emile Hirsch verkörpert und dieser bewies hier, dass er einer der ganz Großen hätte werden können. Er schafft es, seinen zielbewussten und doch so rücksichtslosen Charakter mit Bravour auszufüllen und ihn für den Zuschauer schnell sympathisch zu machen. Man lacht und weint gemeinsam. Auch die Nebenrollen sind durchweg grandios besetzt. Von William Hurt, Marcia Gay Harden und Vince Vaughn bis Kristen Stewart. Doch vor allem Hal Holbrook als ehemaliger Soldat Ron Franz, der Chris am liebsten bei sich aufnehmen würde, bleibt mit seiner gefühlvollen und sensiblen Darstellung in den Köpfen.

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Jeden von uns lockt doch irgendwie die Natur. Wir bewundern sie immer wieder aufs Neue, verlieren uns in Bildern von ihr und wünschen uns an einen Ort, an dem wir eins mit der Natur werden und jeglichen Alltagsstress hinter uns lassen können, keinen Verpflichtungen nachgehen brauchen und einfach mit der unbändigen Schönheit in Einklang leben dürfen. Das wünschen sich sicher viele, doch nur wenigen wird die Chance gegeben, diesen Traum umzusetzen. Chris McCandless war 1990 einer der wenigen, der seinen Traum auslebte. Er zog los, um sich der Natur hinzugeben. Er gab seinem tiefsten Drang nach und folgte den Rufen der Wildnis und der Freiheit. Er wollte ungebunden sein. Wie das aber immer so ist, werden diese Träumer irgendwann auf den harten Boden der Tatsachen zurückgeholt. In Alaska wollte er in sich kehren, sich und seine Bestimmung finden und nur davon leben, was Mutter Natur ihm gibt. Doch durch eine Unachtsamkeit und den unbeschreiblichen Hunger fand Chris 1992 sein unnötiges Ende und ging als Supertramp in die Geschichte der Abenteurer ein.

Sean Penn versteht es ab dem ersten Augenblick, die nötige Nähe zum Zuschauer aufzubauen. Wir schließen uns Chris an, gehen dorthin, wo er hingeht, egal wie weit und beschwerlich der Weg auch sein mag. Wir sind an seiner Seite, durchgehend, und helfen uns gegenseitig durchzukommen. Dabei sind es nicht nur die vielen Kilometer, die sich bemerkbar machen, sondern auch die Gefühle und Freundschaften, die wir auf dieser Reise entwickeln. Sean Penn lässt seinem Protagonisten alle Ecken und Kanten und ohne jegliche Rücksicht von einem zum anderen Ort reisen. Das einzige, was hier zählt, ist Alaska. Menschen, die ihn ins Herz schlossen, lässt er zurück und das einsame Erwachen konnte erst am langersehnten Ziel. Chris ist allein und hat niemanden mehr.

Into the Wild ist ein Film über einen jungen Mann, der durch seine unbewusste Selbstsucht vielen vor den Kopf stieß, durch seinen einmaligen Mut seine Eltern ohne ein Wort verließ und durch seine Unwissenheit schließlich alles verlor. Das wird uns von Sean Penn mit so viel Emotionalität, Wärme und Dramatik erzählt, so dass Into the Wild jeden packt und mitreißt. Einfach, weil man sich so oft selbst in Chris wiedererkennt. Ein Film, der nur so von einzigartigen, einfühlsamen, intimen, sensiblen und träumerischen Momenten bebt. Ein Film über die Höhen und Tiefen, über den Sinn des Lebens, den Chris längst auf seinem Weg gefunden hat, ohne es zu bemerken und über das Scheitern von großen Träumen. Das Scheitern an sich selbst. Man muss Chris einfach in sein Herz schließen und man wird sich selbst in dieser philosophischen wie eindringlichen Reise wiederfinden. Gerade, weil sie so ehrlich ist. Die bittere Ironie erwischt den Zuschauer schlussendlich genau dort, wo es am schmerzhaftesten ist: Die unberührte Natur, die im Film doch nie bedrohlich oder gefährlich erscheint, wird ihm zum Verhängnis.

Fazit: Into the Wild ist ein unbändiger Schrei nach Freiheit und einer der Ausnahmefilme, wie man sie innerhalb eines Jahrzehnts nur selten zu sehen bekommt. Die wunderschönen Landschaftsaufnahmen, der berührende Score, die fantastischen Schauspieler und Sean Penns grandiose Inszenierung machen diesen Abenteuerfilm zu einem herzlichen, tragischen, melancholischen und bitteren Meisterwerk, in dem man sich selbst wiedererkennen wird.

>> Einer der besten Abenteuerfilme <<

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