Kritik: Uncharted (USA 2022)

Eine Gastkritik von Jan Benz

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© Sony Pictures Releasing

Get shot in the head or come down for a little cuddle, it’s up to you.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die Videospielreihe Uncharted, die von Abenteuerfilmen wie Indiana Jones und Tomb Raider inspiriert wurde, nun eine Verfilmung spendiert bekommt, die sich vom Videospiel inspirieren lässt. So schließt sich der Kreis. Dass nun ausgerechnet Uncharted der erste Film der brandneuen Produktionsfirma Playstation Productions ist, ist dennoch nachvollziehbar. Immerhin erfreut sich die Videospielreihe, von der zwischen 2007 und 2017 vier Teile und ein Spin-off erschienen sind, die ich selbst alle durchgespielt habe, großer Beliebtheit. Umso verwunderter durfte man daher gewesen sein, welchen Weg die Verfilmung einschlug: Mit Tom Holland und Mark Wahlberg wurden zwei Darsteller verpflichtet, die ihren digitalen Vorlagen eine deutliche Verjüngungskur verpassten, und der Trailer ließ mit seinem künstlichen Look Schlimmstes befürchten. Dass die Uncharted-Verfilmung nach ihrer holprigen Produktionsgeschichte doch keine Katastrophe geworden ist, liegt zum einen daran, dass der Look deutlich besser aussieht, als erwartet, und zum anderen, dass der Film als Origin-Story der bekannten Charaktere doch überraschend unterhaltsam ausgefallen ist.

Als der erfahrene Schatzsucher Victor “Sully” Sullivan (Mark Wahlberg) eines Tages bei Barkeeper Nathan Drake (Tom Holland) auftaucht, beginnt eine ungleiche Freundschaft und die Suche nach einem 500 Jahre alten Schatz von Ferdinand Magellan. Während die beiden in Chloe Fraser (Sophia Ali) eine unerwartete Partnerin finden, jagt auch der rücksichtslose Santiago Moncada (Antonio Banderas) dem sagenumwobenen Schatz hinterher.

Die Inhaltsangabe klingt auf dem Papier erst einmal wie eine ganz gewöhnliche Uncharted-Geschichte, immerhin waren auch die Videospiele keine Story-Granaten, sondern kamen als typische Abenteuergeschichten daher, in denen der Bösewicht immer zur rechten Zeit am rechten Ort war. Entsprechend gewinnt auch das Drehbuch des Films keine Innovationspreise, bildet aber ein solides Fundament für eine Schatzsuche quer um den Globus. Woran hingegen viel verändert wurde, sind die Titelhelden. Uncharted erzählt eben nicht die Geschichte eines gereiften und erfahrenen Nathan Drakes, wie in den Videospielen, sondern setzt zum Anfang seiner Karriere ein. Diesen Start gab es lediglich in einer Rückblende in Uncharted 3 zu sehen, während Nates Bruder Sam erst in Uncharted 4 in die Geschichte geholte wurde. Die Einführung von Nates Bruder und die Anfänge seiner Schatzsucherkarriere werden hier in den nur 116 Minuten erzählt, weswegen sich der Film von den Videospielen deutlich abhebt. Natürlich muss man sich fragen, wieso sich die Macher für diese Ausrichtung entschieden haben, weil man dadurch natürlich den Fans der Vorlage zwangsläufig auf den Schlips tritt. Nimmt man den Film als Originstory des bekannten Helden, kann man dennoch Spaß haben.

So fallen nämlich auch einige gravierende Unterschiede gegenüber dem Spiel weniger ins Gewicht, weil sich Nathans Geschichte im Verlauf der bereits angedeuteten Filmfortsetzungen natürlich noch entwickeln kann. Die Abspannszene deutet an, dass in der Fortsetzung der erste Teil der Videospielreihe adaptiert werden wird. Und obwohl ich an einer solchen Ausrichtung für das Kino im Vorfeld wenig Interesse hatte, hat mir das Gesehene doch erstaunlich gut gefallen. So läuft das Kennenlernen zwischen Nate und Sully zwar etwas anders ab, als in den Spielen, das Trio, welches die beiden zusammen mit Chloe Fraser bilden funktioniert jedoch ganz gut, immerhin wollen sich die drei ständig gegenseitig übers Ohr hauen. Auch der Humor ist mit den aus den Games gewohnten One-Linern vor diesem Hintergrund gelungen und macht Uncharted zu einer unterhaltsamen, kurzweiligen, aber durch die austauschbare Story und Charaktere (dazu gleich mehr) auch ziemlich belanglosen Abenteuerfilm.

Während die Story in sehr linearen Fahrwassern vor sich hin schippert, hat der Film zumindest eine Überraschung parat, die ich so nicht habe kommen sehen. Diese betrifft den Bösewicht Santiago Moncada und wird an dieser Stelle natürlich nicht verraten, immerhin gelingt es dem Film seinen eigentlich uninteressanten Bösewicht damit zumindest etwas Unerwartetes abzugewinnen. Davon abgesehen, bleibt die Seite der Antagonisten um den wohlhabenden und rücksichtslosen Antonio Banderas aber sehr blass und auch Tati Gabrielle kann als Jo Braddock nie wirklich über ihren Schatten springen. Beide sind übrigens keine Charaktere aus den Videospielen, Santiago Moncada ist schon sehr vom klassischen Abenteuerfilm-Bösewicht inspiriert, Jo Braddock hingegen erinnert ein wenig an Nadine Ross aus Uncharted 4 und The Lost Legacy. Wer hingegen gänzlich mit ihrer Abwesenheit glänzt, ist Nates Freundin Elena, die in den Spielen eine wichtige Rolle einnimmt und wohl erst in der fraglichen Fortsetzung auftauchen wird. Das Gleiche gilt für die im Spiel omnipräsenten Schießereien, die hier quasi nicht vorhanden sind. Aber auch daran scheint der zweite Teil etwas zu ändern, immerhin schnallt sich Nate erst gegen Ende des Films erstmals sein markantes Pistolenholster um.

Uncharted_2022_Tom_Holland
© Sony Pictures Releasing

Aber nun lasst uns noch einmal zum Elefanten im Raum zurückkommen: Tom Holland macht mit seinem Charisma zwar wieder einiges her, an Nathan Drake erinnern jedoch nur wenige Charakterzüge. Das Gleiche gilt für den fehlbesetzten Mark Wahlberg als Sully. Selbst wenn er am Ende mit seinem ikonischen Schnauzer und einem sommerlichen Hemd vor Tom Holland steht (übrigens tragen die beiden dabei die exakt gleichen Outfits wie in der Rückblende von Uncharted 3), sieht das eher unfreiwillig komisch aus, als auch nur im entferntesten an den saucoolen Sully aus den Spielen zu erinnern. Da gibt Chloe-Darstellerin Sophia Ali schon eine bessere Figur ab, zumal ihre Chemie mit Tom Holland überzeugt. Eine Katastrophe ist die Besetzung zumindest in der Hinsicht nicht, dass Tom Holland und Mark Wahlberg sich beide selbst spielen und damit wenigstens im Zusammenspiel erstaunlich gut funktionieren – und sei es nur über die flotten Sprüche, welche sich die beiden an den Kopf werfen. Die amüsante Dynamik der beiden verhindert dann auch das befürchtete Desaster.

Die größte Überraschung stellt aber sicherlich die Inszenierung von Zombieland-Regisseur Ruben Fleischer dar. Trotz eines Budgets von 120 Millionen Dollar, sah der Film im Trailer wie ein reines Greenscreen-Massaker aus. Ganz so schlimm ist es allerdings nicht geworden. Im Gegenteil: Eigentlich sieht nur die aus Uncharted 3 nachgestellte Flugzeugszene (bereits im Trailer zu sehen) billig aus, der Rest des Films ist hauptsächlich an realen Orten wie Barcelona gedreht worden oder spielt vor gebauten Sets. Und selbst wenn es im von Uncharted 4 inspirierten Finale dann so richtig zur Sache geht und der Zuschauer in einem totalen Over-the-Top-Finale auf “Fast & Furious” trifft, sieht das wiederum richtig gut aus und dieses finale Spektakel macht sogar richtig gute Laune.

Dazu gibt es zahlreiche Easter Eggs für Fans der Spiele, einen großen Überraschungsauftritt sowie einen gelungenen Soundtrack von Game of Thrones-Komponist Ramin Djawadi. Spätestens wenn dieser die bekannte Uncharted-Melodie einbaut, gibt es auch mal einen Gänsehautmoment und das hätte ich im Vorfeld des Films nicht im Ansatz vermutet. Natürlich ist die Uncharted-Verfilmung bei all den genannten Punkte am Ende lange nicht so gut wie ihr Videospiel-Pendant, wer mit niedrigen Erwartungen reingeht, hat aber auch hiermit eine gute Zeit. Die Videospielverfilmungen aus dem letzten Jahr, wie Monster Hunter, Mortal Kombat und Resident Evil: Welcome to Raccoon City, schlägt der Film von Ruben Fleischer jedenfalls problemlos. Da hat man schon weitaus Schlechteres gesehen.

Fazit: Wir haben es bei der Uncharted-Verfilmung also mit dem seltenen Fall zu tun, dass der Film besser ist als sein Trailer. An dem hatte ich kein gutes Haar gelassen, weil der Look viel zu künstlich daherkam und die Darsteller überhaupt nicht zu ihren digitalen Vorbildern passten. An Letzterem hat sich natürlich nichts geändert und weder Tom Holland noch Mark Wahlberg erinnern im Entferntesten an Nate und Sully, immerhin legen die beiden aber eine überraschend gute Chemie vor der Kamera an den Tag und der verschmitzte Humor ist dabei ganz amüsant. Visuell gesehen kann am Ende nur die Flugzeugszene mit ihrem künstlichen Greenscreen-Look nicht überzeugen, davon abgesehen sieht der Film mit seinen realen Locations unerwartet gut aus und selbst das übertriebene Actionfinale macht, trotz des Effektgewitters, einiges her. Deswegen reicht die Verfilmung noch lange nicht an die herausragende Videospielreihe heran, die filmische Originstory von Nate ist aber viel besser geworden als erwartet und macht am Ende sogar Lust auf eine Fortsetzung.

Hier geht es zum Trailer auf Youtube.

Uncharted startet am 17. Februar 2022 deutschlandweit im Kino. Ab dem 4. August 2022 ist der Film fürs Heimkino erhältlich.*

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