"Rock of Ages" (USA 2012) Kritik – Sex, Drugs and Rock ‘n’ Roll

“This place is about to become a sea of sweat, ear-shattering music and puke.”

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Über Modegeschmack lässt sich ja bekanntlich streiten, dementsprechend auch über die Outfits von Anhängern der Glam-Metal-Szene, die in den achtziger Jahren ihren schrillen Höhepunkt erreichte. Lange toupierte Haare, hautenge Tops und Glitzerhosen, hier war einfach alles erlaubt, was frech, anders und provokant war. Natürlich grenzte man sich damit auch ganz bewusst von der raubeinigen Heavy-Metal-Fraktion ab, die nur wenig schöne Worte für die Paradiesvogel-Rocker übrig hatten. Aber ganz egal, wie man nun zu den schrillen Outfits stehen mag, eins lässt sich wohl kaum verleugnen: In dieser Zeit haben Bands wie „Poison“, „Guns N’ Roses“ und die „Twisted Sisters“ die Konzerthäuser dieser Welt zum kochen gebracht und kreierten weit mehr als nur ein paar billige Ohrwürmer. Höchste Zeit also, dieser Rocker-Generation endlich ein filmisches Denkmal zu setzen. Mit „Rock of Ages“ versucht nun Regisseur Adam Shankman („Bedtime Stories“) den Geist dieser Zeit auf die Leinwand zu bannen und lässt dabei natürlich, wie es sich für ein anständiges Musical gehört, alle seine Stars die großen Hits dieser Zeit aus voller Kehle schmettern, darunter zeitlose Hits wie „Hit Me With Your Best Shot“ von Pat Benatar, „We Built This City“ von Starship oder „Nothin’ But A Good Time“ von Poison. Zeitweilig fackelt „Rock of Ages“ ein wahres Rock-Feuerwerk ab, doch das hohe Anfangstempo kann nicht lange gehalten werden und so gleicht der Film in der zweiten Hälfte eher einer mauen Rock-Wunderkerze.

Sherrie (Julianne Hough) hat einen Traum: Sie möchte in Los Angeles die ganz große Karriere als Sängerin machen. Den Koffer vollgestopft mit den Platten ihrer Lieblingsbands begibt sich das naive Landei auf die Reise, doch kaum in Los Angeles angekommen, wird sie auch schon Opfer eines Straßenräubers. Glücklicherweise beobachtet Rockschuppen-Kellner Drew (Diego González Boneta) den Überfall und eilt Sherrie zur Hilfe. Leider vergeblich, aber immerhin kann er der unbeholfenen Dorfschönheit zu einem Job in der legendären Rock-Bar „The Bourbon Room“ verhelfen. Hier soll in ein paar Tagen Skandalrocker Stacee Jaxx (Tom Cruise) mit seiner Band „Arsenal“ ein Konzert geben. Doch Bürgermeister Mike Whitmore (Bryan Cranston) und dessen Frau Patricia (Catherine Zeta-Jones) ist dieser Club schon lange ein Dorn im Auge…

Spätestens nach „Hairspray“ wusste man: Adam Shankman kann auch als Regisseur überzeugen. Bis dato war man sich dessen nicht sicher gewesen, denn sowohl seine Arbeiten in romantischen Gefilden wie „Wedding Planner – Verliebt, verlobt, verplant“ als auch seine bemühten Komödien à la „Der Babynator“ und „Im Dutzend billiger 2 – Zwei Väter drehen durch“ waren eher von unterdurchschnittlicher Natur. Shankman hatte sich jedoch schon mehrfach als guter Choreograf ausgezeichnet, also warum sich nicht mal in einem Genre probieren, in dem Tanz, Gesang und eine gute Inszenierung einen größeren Stellenwert haben, als eine komplexe Story und vielschichtige Charaktere? Mit „Hairspray“ versuchte sich der Regisseur 2007 erstmalig an einem Musical und konnte mit einem John Travolta („The Punisher“) in Frauenkleidern das erste Mal vollends überzeugen. Mit „Rock of Ages“ versucht sich Shankman nun ein zweites Mal als Musical-Regisseur und das Konzept ist gleich geblieben: Perfekt inszenierte Gesangs- und Tanzpassagen werden notdürftig durch ein wackliges Handlungsgerüst zusammengehalten.

Solange die Musik läuft, funktioniert der Film vollends: Zu rockigen Klängen spielt plötzlich die ganze Stadt verrückt, konservative Hausfrauen tanzen auf den Kirchenbänken, der Plattenladen verwandelt sich in ein Tollhaus, man singt im Duett mit dem Busfahrer und nimmt nebenbei noch eine Hardrock-Bar auseinander. Zudem beweisen Hollywood-Stars wie Russell Brand („Nie wieder Sex mit der Ex“), Alec Baldwin („Dick und Jane“), Catherine Zeta-Jones („Die Legende des Zorro“) und Tom Cruise („Magnolia“) allesamt in zeitgemäß schrägen Outfits, dass sie, sollte es irgendwann mal nicht so gut mit der Schauspielerei laufen, immer noch ihr Glück als Sänger versuchen könnten. Besonders hervorzuheben ist an dieser Stelle noch einmal Tom Cruise als exzentrischer Rockstar und Frauenschwarm Stacee Jaxx. Cruise geht in der Rolle des leicht bekleideten Rüpel-Rockers vollkommen auf und nimmt damit sein braves Biedermann-Image damit gehörig auf die Schippe. Zudem verfügt Cruise über echte Rocker-Qualitäten, denn nicht nur stimmlich, sondern auch in puncto Bühnenperformance macht er manchem Profi Konkurrenz. Doch ist die Musik aus, schafft es Shankman keine fünf Minuten, die Power der Musical-Einlagen auch auf die restliche Handlung zu übertragen, daran können auch ein äußerst schmieriger Paul Giamatti („Sideways“) und ein unterforderter Bryan Cranston („Breaking Bad“) wenig ändern.

Im Mittelpunkt von „Rock of Ages“ steht die Liebesgeschichte zwischen Sherrie und Drew, verkörpert von den Jungschauspielern Julianne Hough („Footloose“) und Diego González Boneta („90210“). Doch leider sind deren Charaktere bei weitem die uninteressantesten Figuren im ganzen Film, denn beide Darsteller wirken trotz ihrer rockigen Klamotten, als wären sie gerade aus einer Teenie-Soap entlaufen, wodurch ihren Szenen immer ein leichter Hauch von „Highschool Musical“ anhaftet. Und auch ihre „tragische“ Liebesgeschichte, die fast die gesamte zweite Hälfte des Films einnimmt, kommt eher spießig als rockig daher, denn statt Sex, Drugs und Rock ‘n’ Roll gibt es hier höchstens angedeuteten Blümchen-Sex, Eifersucht und Langeweile – Hell Yeah! Zwar sind die Beiden ganz passable Sänger und Tänzer, doch ihre Charaktere sind einfach so brav und bieder gezeichnet, dass man ziemlich schnell das Interesse an ihnen verliert und letztendlich nur noch dem nächsten Cruise-Auftritt entgegen fiebert.

Fazit: Hier sind sämtliche Nebencharaktere interessanter als die beiden jugendlichen Protagonisten, die wohl in erster Linie die inzwischen pubertierende „High School Musical“-Generation ansprechen dürften. Punkten kann Shankmans „Rock of Ages“ jedoch durch die hervorragenden Choreografien und den fantastischen Soundtrack. Trotz einiger Schwächen dennoch ein Pflichtbesuch für jeden echten Rocker! Hell Yeah!

Bewertung: 6/10 Punkte

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