Schlagwort: 2011

Filmkritiken

"We Need to Talk About Kevin" (US/GB 2011) Kritik – Tilda Swinton gefangen im familiären Chaos

"Du siehst nicht glücklich aus." – "Hab ich das je?" Es gab wohl nie eine Zeit, in der der Begriff „Problemkind“ derart oft verwendet wurde, als heutzutage. Wenn wir uns nachmittags vor den heimischen Flimmerkasten setzen und querbeet durch das TV-Programm zappen, dann werden wir mit qualitativen Bodensatz à la „Die Super-Nanny“, „Mitten im Leben“, „Die strengsten Eltern der Welt“ und sonstigen Scripted Reality-Formaten konfrontiert, die die anspruchslosen Soapisten des Landes jeden Tag vor den Fernseher locken und immer wieder mit der gleichen Niveaulosigkeit berieseln. Antworten darauf, was es nun eigentlich mit einem solchen Problemkind auf sich hat, bekommt man nur selten. Genauso wenig, wie man verstehen darf, warum sich ein solches Kind derartig daneben benimmt. Aber bei dem inni...
Kritik: Der Aufsteiger (FR 2011) – In den Fängen der Politik
Amazon Prime, Drama, Filme, Filmkritiken, Französischer Film

Kritik: Der Aufsteiger (FR 2011) – In den Fängen der Politik

Das Volk hat das Recht misstrauisch zu sein, solange es nicht selbst politische Macht besitzt. Wenn ein Regisseur fast sieben Jahre an einem Film arbeitet, dann ist das entweder ein schlechtes Zeichen oder eben das genaue Gegenteil. Im Falle von Der Aufsteiger dürfen wir uns darüber freuen, dass es sich um Letzteres handelt, denn Pierre Schoeller hat mit seiner dritten Regiearbeit den vielleicht besten Politfilm seit Jahrzehnten abgeliefert, der uns einen kompromisslosen Einblick in den Arbeitsalltag eines Ministers liefert - surreal, schockierend, lehrreich, aber zum Glück niemals belehrend. Ein Busunfall zwingt den französischen Verkehrsminister Bertrand Saint-Jean (Olivier Gourmet) mitten in der Nacht aufzustehen und zum Unfallort zu fahren. Er soll sich dort vor den Medien und somi...
Filmkritiken

"Livid" (FR 2011) Kritik – Das Blut der Ballerinas

"Mach den Fehler bloß nicht nachts." Das elendige Thema um den heutigen Stand des Horror-Genres nimmt einfach kein Ende. Die Sterne stehen natürlich schon seit einigen Jahren in aller Deutlichkeit gegen die neue Horror-Welle, die sich aus stumpfen Torture Porns und schnöden Found Footage-Langweilern zusammensetzt und in Sachen Innovation und Kreativität zumeist grässliche Totalausfälle sind. Ausnahmen bestätigen die Regeln, das wird auch immer so sein, und Filme wie „All the Boys Love Mandy Lane“ oder „The Cabin in the Woods“ wissen dank genreaffiner Inszenierung und Liebe zum Medium überaus zu gefallen. Dennoch macht es heutzutage den Anschein, als würde man sich nur noch im Kreis bewegen und bestenfalls alle Schaltjahre mal wieder einen überzeugenden Knaller vorgesetzt bekommen. Das p...
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"Contagion" (USA 2011) Kritik – Wer sich die Hände wäscht, der überlebt

"Wenn Sie morgens um 3 aufwachen und sich fragen, warum mache ich diesen Job eigentlich? – Rufen Sie mich an." Nachdem eine Frau (Gwyneth Paltrow) nach einer Auslandsreise an einem mysteriösen Virus stirbt und ähnliche Fälle auf dem ganzen Planeten auftreten, ist schnell klar: eine Epidemie breitet sich aus, die schnell weltweit immer größere Teile der Bevölkerung hinwegrafft. Während die Wissenschaftler des amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention Dr. Ellis Cheever (Laurence Fishburne), Dr. Erin Mears (Kate Winslet) und Dr. Ally Hextall (Jennifer Ehle) versuchen mehr über das Virus herauszufinden und ein Heilmittel zu entwickeln, reist Dr. Leonora Orantes (Marion Cotillard) von der Weltgesundheitsbehörde in Genf nach Hongkong, wo man den Ursprung der Krankheit vermutet...
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Das "Männerherzen" Doppel (DE 2009-2011) Kritik – Beziehungen, Liebeleien und Probleme

"Männerherzen" (DE 2009) Im angesehenen Sportstudio „Fitnessworld“ laufen sich fünf verschiedene Männer immer wieder über den Weg. Zum einen wäre da Niklas, der keinen Schritt wagt, ohne ihn vorher bis ins kleinste Detail zu planen. Philip, ein Freund von Niklas, ist da das genaue Gegenteil, denn Philip lebt in den Tag und nimmt alles so wie es kommt. Aber das lockere Dasein hat schnell ein Ende gefunden, als seine Freundin ihm mitteilt, dass er bald Vater wird. Jerome ist ein flotter Musikproduzent, der sich vor Frauen gar nicht retten kann, bis er den ziemlich eigenwilligen Schlagersänger Bruce Berger am Hals hat und ihn produzieren soll. Der etwas verklemmte Beamte Günther lernt nach Ewigkeiten mal wieder eine Frau kennen, aber Susanne steckt mitten in einer Scheidung mit dem choleri...
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"Der letzte schöne Tag" (DE 2011) Kritik – Abschied und Neubeginn

"Wo ist die Mama jetzt?" Die Sonne scheint, der Himmel ist leicht bewölkt und eine milde Brise weht umher. Ein Tag, so austauschbar und normal wie unzählige andere. Doch nicht heute. Lars, der eigenständig auf dem Bau arbeitet, ist Vater von zwei Kindern: Einmal ist da die pubertierende Maike und dann gibt es noch den kleinen Piet, der die Vorschule besucht. Lars Frau kämpft allerdings schon seit geraumer Zeit still mit ihren schweren seelischen Probleme. Ein letztes Mal greift sie zum Telefon und versucht die Familie anzurufen – ohne durchschlagenden Erfolg. Als Lars nach Hause kommt und seine Frau nicht auffinden kann, macht er sich langsam Sorgen und die schreckliche Gewissheit schlägt gnadenlos auf ihn ein: Sybille ist tot. Selbstmord, irgendwo im Wald. Für jeden der Angehörigen bri...
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"Halt auf freier Strecke" (DE 2011) Kritik – Der Schmerz der Veränderung

"Ich muss zum Training." In den vergangenen Monaten waren drei ganz bestimmte deutsche Filme im großen Blickfeld der breiten Aufmerksamkeit: David Wnendts Neonazi-Drama „Kriegerin“, Christian Petzolds DDR-Drama „Barbara“ und Andreas Dresens Krebs-Drama „Halt auf freier Strecke“. Allesamt wurden die mit Lob überschüttet, konnten Preise entgegennehmen und erfüllten die deutsche Nation, wie auch alle Beteiligten an den drei genannten Werken mit jeder Menge Stolz. Wer nun der beste Film des Trios ist, lässt sich schlussendlich nur aus der subjektiven Sicht beantworten, wobei „Kriegerin“ sicher, gerade auf Grund der thematischen Brisanz und der damit verbundenen Umsetzung, letztlich den Kürzeren zieht. Wichtig sind hingegen alle drei, denn sowohl die heutige Neonazi-Szene, als auch die Mecha...
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"Kriegerin" (DE 2011) Kritik – Neonazismus aus der weiblichen Sichtweise

"Du bist verstrahlt wie all die anderen und der Grund warum unser Land zugrunde geht." Es ist immer wieder erstaunlich, wie verschreckt viele Menschen in der heutigen Zeit reagieren, wenn ein Regisseur ankündigt, in seinem neusten Werk die heutigen Formen des Rassismus zu thematisieren und den Ursprung mit den Folgen zu verknüpfen. Da wird dann unüberhörbar gleich von dem beliebten Begriff „Tabuthemen“ Gebrauch gemacht und im schlimmsten Fall die Ohren auf Durchzug gestellt, weil man entweder nicht zugeben will, dass dieses Thema viel zu brisant und ehrlich ist, oder weil man selber den Blick für die Realität verloren hat und sich einredet, dass diese Form von Rassendiskriminierung, in Verbindung mit der Wiederbelebung der nationalsozialistischen Vorstellungen, einfach unmöglich wäre. ...
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"Red Riding Hood" (USA 2011) Kritik – "Twilight" Reloaded

"Ich hab nicht das Gefühl, dass ich heirate. Ich hab das Gefühl, dass ich verkauft werden." Valerie ist leidenschaftliche Trägerin eines roten Umhangs, der ihr zu dem Spitznamen „Red Riding Hood“ verhilft. Doch das hübsche Mädchen steht kurz vor ihrer Hochzeit, die von ihren Eltern arrangiert wurde und die Wahl des Bräutigams fiel auf den gutbetuchten Henry, damit ein sorgloses Leben endlich in Aussicht steht. Valerie ist jedoch nicht ganz so begeistert von der bevorstehenden Ehe, denn ihr Herz schlägt in Wahrheit für den einsamen Außenseiter Peter, der Valerie schon lang den Kopf verdreht hat. Es gibt also nur einen Ausweg: Die Flucht vor der aufgezwungenen Ehe. Als es jedoch zu einem schrecklichen Zwischenfall kommt und Valeries Schwester Lucie von einem mysteriösen Werwolf umgebracht...
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"Hobo with a Shotgun" (CA 2011) Kritik – Rutger Hauer räumt die Straßen auf

"Könige, mein Freund, kann man stürzen!" Was haben die fiktiven Filmfiguren Harry Brown („Harry Brown“), Paul Kersey („Ein Mann sieht rot“) und Travis Bickle („Taxi Driver“) gemeinsam? Richtig. Sie haben alle die Nase gestrichen voll von der endlosen Kriminalität auf den Straßen. Vom „Dreck“, der die Zeit verpestet und die Städte in den Abgrund zieht. Letzte Rettung: Gnadenlose Selbstjustiz, denn Gewalt, und das wissen wir alle, führt zu Gegenwalt, auch wenn das politisch natürlich vollkommen Inkorrekt ist. Aber was bleibt einem Menschen schon übrig, der mit einem schweren Schicksalsschlag zu kämpfen hat und Seitens des Gesetzes keinerlei Unterstützung bekommt? Er nimmt das Gesetz selber in die Hand, das ist schon seit Jahrhunderten so, doch die Folgen von einem solchen Manöver, lassen ...