Kritik von Michael Gasch – erstmals zu lesen am 01. September 2025, gesehen im Rahmen der 82. Filmfestspiele von Venedig 2025.

Dwayne Johnson als MMA-Legende Mark Kerr: The Smashing Machine von Benny Safdie
Das Werk von Benny und Josh Safdie ist einzigartig, da stets das Motiv der Dringlichkeit durchscheint. Ist es beim Familiendrama Go Get Some Rosemary oder den Thrillern Good Time und Uncut Gems, immer wieder stehen Männer im Mittelpunkt, die an der Schwelle des symbolischen Untergangs stehen und mal dezenter, mal intensiver alles daran setzen, eben dies zu verhindern. Jene Schnittmenge aus Zeitdruck und berechnenden Maßnahmen, um die eigenen Ziele zu erreichen (in Good Time könnte man fast schon den Begriff Machiavellismus verwenden) macht ihr Werk so interessant. Auf den diesjährigen Filmfestspielen von Venedig präsentiert Benny Safie allein das neueste Werk. In The Smashing Machine geht es um einen Sportler und dessen Traum von einem großen Championship-Titel. Die Geschichte, welche auf realen Ereignissen rund um den Profikämpfer Mark Kerr basiert scheint auf jenes programmatische Thema bestens zu passen. Doch Benny Safdie erfindet sich neu und inszeniert ruhig, bedächtig und – man glaubt kaum, dass das im Sportfilm schon jemals vorgekommen wäre – unintensiv.
Dwayne ‘The Rock’ Johnson schlüpft dabei in die Rolle des muskelbepackten Kämpfers, der endlich eine ausfüllende Rolle spendiert bekommt. Denn Hand aufs Herz, entweder sieht man den Ex-Wrestler heutzutage in Abenteuerfilme mit Dschungelsetting, oder in Superheldenfilmen, oder Mainstream-Actionkino. Mit The Smashing Machine schlägt Johnson ein völlig neues Kapitel in seinem Leben auf – und dies ist nach seinen eigenen Worten in der Pressekonferenz auch höchste Zeit. Weg mit Bespaßungskino, her mit Herzensprojekten.
Er vereint dabei Sportler und Pionier gleichermaßen. Mark Kerr war in den späten 1990ern einer der dominanten Kämpfer im Pride Fighting Championship und prägte die sich entwickelnde Popularität stark mit – lange bevor der Boom einsetzte und Mixed Martial Arts (MMA) Mainstream wurde. The Smashing Machine fokussiert sich dabei auf das Ende der Neunziger und ist gleichermaßen Zeitdokument wie Charakterstudie. Und das muss man Benny Safdie echt lassen: Statt eine weitere Variation der Underdog-Geschichte zu präsentieren, erfindet er den Sportfilm fast neu, indem er viel mehr am Menschen interessiert ist, als am “Big Price”.
„Have you ever heard of the Ultimate Fighting Championship?“
Sei es Wie ein wilder Stier (1980), The Wrestler (2008) oder The Fighter (2010), all diese Filme hatten auf einem Filmfestival Premiere, was bis heute den Status des Kampfsports greifbar macht. Trotz klarer und einfacher Dramaturgie steckt jedoch mehr drin – Archetypen, Urinstinkte, Narrativen vom Fall, Aufstieg, Läuterung, Rache. Sehr viel mehr Filme könnte man nun auflisten, die eines oder mehrere dieser Motive sich einverleiben – doch bei The Smashing Machine ist es deutlich komplexer. Safdie erzählt zwar indirekt über den Fall, jedoch nicht etwa mit der Perspektive im Fitnesstudio oder Trainingsring, sondern in den eigenen vier Wänden, in denen männlicher Selbstkonflikt mit weiblicher Toxizität (Emily Blunt spielt Kerrs bessere Hälfte Dawn) kollidiert.
Trotz all dieser Qualitäten inszenatorischer und schauspielerischer Natur fällt es aber schwer, mit diesem Werk etwas anzufangen, steckt man nicht in dieser Welt. Und selbst jene, die auf einen extrem kraftvollen Film hoffen, der das Adrenalin in die Höhe schießen lässt, dürften von The Smashing Machine wohl eher enttäuscht sein. Was bleibt ist eine Lesung als Profilierungsfilm für Dwayne Johnson, die ihm vielleicht sogar eine Oscar-Nominierung bescheren könnte, die aber eben auch zu keinem Augenblick wirklich im Gedächtnis bleibt.
Kinostart: 2. Oktober 2025
Regie: Benny Safdie
Darsteller: u.a. mit Dwayne Johnson und Emily Blunt
FSK-Freigabe: ab 12
Verleih: A24 / Leonine
Laufzeit: 2 St. 03 Min.
★★★★☆☆☆☆
