Cannes 2022 – Alle Gewinner & Kurzkritik zum Geheimtipp Aftersun

Triangle-of-Sadness

Der Gewinner der diesjährigen Goldenen Palme steht fest und es durfte nach The Square (2017) bereits zum zweiten Mal der schwedische Regisseur Ruben Östlund den Hauptpreis entgegennehmen. Die weiteren Auszeichnungen im Folgenden im Überblick:

– Großer Preis der Jury: “Close” von Lukas Dhont and “Stars at Noon” von Claire Denis

– Special Prize for Cannes’ 75th Anniversary: “Tori and Lokita” von Jean-Pierre and Luc Dardenne

– Preis der Jury: “EO” von Jerzy Skolimowski and “Le Otto Montagne” von Felix von Groeningen

– Beste Schauspielerin: Zar Amir Ebrahimi in “Holy Spider” (absolut verdient!)

– Best Schauspieler: Song Kang Ho in “Broker”

– Beste Regie: Park Chan-wook für “Decision to Leave” (meine Kritik)

– Beste Drehbuch: “Boy from Heaven” von Tarik Saleh

– Goldene Kamera für den besten Debütfilm: “War Pony” von Gina Gammell und Riley Keough

– Goldene Palme für den besten Kurzfilm: “The Water Murmurs” von Story Chen

Aftersun-2022-Paul-Mescal

I think it’s nice that we share the same sky.

Eine der wirklich ganz großen cineastischen Überraschungen des Festivals außerhalb des Wettbewerbs ist Charlotte Wells’ Coming-of-Age-Perle Aftersun, die an der Croisette im Rahmen der Semaine de la Critique Weltpremiere feierte. Ich hatte das Glück, auch diesen Film bereits dort zu sehen – ohne Erwartungen, wie die meisten anderen, bin ich bereits in die Vorstellung um 8:30 Uhr gegangen und wurde jede einzelne Minute von diesem auf den ersten Blick unscheinbaren kleinen Vater-Tochter-Drama begeistert. Aftersun hat sich einen Platz in meinem Herzen erobert und wird definitiv in meiner Top 10 des Jahres erscheinen.

Der Film dreht sich um die letzten Urlaubstage der elfjährigen Sophie (Frankie Corio) und ihres Vaters Calum (Paul Mescal) in einem Ferienclub irgendwo an der türkischen Küste. Sie baden, spielen Billard und genießen die Gesellschaft des anderen. Das alles noch ohne die Ablenkung von Smartphones, es sind die 90er Jahre. Doch das alles sind Sophies Erinnerungen an diesen Urlaub vor 20 Jahren, von ihrem Vater hat sie sich mittlerweile komplett entfremdet. Es ist einfach nur begeisternd, wie es Charlotte Wells bereits mit ihrem allerersten Langfilm gelingt, zwei Zeitabschnitte in Form eines tiefgründigen Dramas in Einklang zu bringen. Aftersun ist am Ende nämlich nicht nur ein unaufgeregt erzähltes, klischeefreies und äußerst bewegendes Coming-of-Age-Drama.

Sondern hier stimmt ganz einfach von vorne bis hinten alles – das sommerliche, an Filme von Éric Rohmer (u.a. Sommer, 1996) erinnernde Setting; die unbeschreibliche Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern; das richtige Händchen für subtile, fast mythische Zwischentöne; all das mit minimalsten Aufwand gedreht. Und dabei geht Charlotte Wells komplexen Fragen auf den Grund. Vor allem zwei Fragen beschäftigen mich noch heute:  Welche Bedeutung hatten bestimmte Kindheitsmomente im Nachhinein wirklich? Und inwiefern bestimmen diese Erlebnisse auch noch unser heutiges Leben sowie unsere Zukunft?

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