Leg dich nicht mit denen an, du wirst es bereuen.
Wir schreiben das Jahr 2006. Wir erleben die Auferstehung von Werner Herzog im Spielfilm-Bereich. Nach der gefeierten Dokumentation ‘Grizzly Man’ kehrt Werner Herzog zurück in seine Welt: dem Dschungel. In ‘Rescue Dawn’ sehen wir das Aufeinandertreffen zweier Größen aus dem Filmbereich: der Vietnamkrieg und Werner Herzog. Und wenn Herzog sich einem Film annimmt kann man davon ausgehen, dass es (meistens) ein besonderer Film wird. ‘Rescue Dawn’ erfüllt diese Erwartungen, nach letzteren Enttäuschungen, mit Leichtigkeit, ist aber keines der ganz großen Meisterwerke wie wir sie von Herzog früher Regelmäßig erleben durften.
Und ewig ruft der Dschungel. Diesem Ruf gibt Herzog sich nur zu gern geschlagen und dafür können wir uns wohl alle glücklich schätzen. Mit ‘Rescue Dawn’ verlegt er seinen Drehort direkt in den unberührten und unglaublich schönen Dschungel Thailands. Die Aufnahmen und Bilder der paradiesischen Natur die zur grünen Hölle wird, sind ein reiner Augenschmaus und lassen die Herzen von Naturliebhabern höher schlagen. Die undurchdringliche Wildnis wurde eindrucksvoll von Kameramann Peter Zeitlinger in fantastische Bilder gepackt die dem Film wieder die typische Herzog-Atmosphäre geben auf dem seine Filme einfach bauen können. Untermalt wird das Ganze dazu stark durch klassische und fast bedrängende oder einengende Musik von Klaus Badelt. Herzog greift auch wieder auf seinen, 2001 verstorbenen Stammkomponisten, Popol Vuh und schleift den Film musikalisch grandios zurecht.
Herzog hat seinen Schauspielern schon immer viel abverlangt. Dementsprechend fiel seine Schauspielerwahl aus und ein Schauspieler musste her, der diese Erwartungen auch erfüllt. In Christian Bale fand Herzog schließlich den richtigen Mann. Bale bringt als deutsch-amerikanischer Marine-Pilot Dieter Dengler eine äußerst kraftvolle und starke Leistung. Alle Facetten seines Charakters, vom selbstbewussten Flieger bis zum Häftling auf der Flucht, spielt Bale glaubwürdig aus und zeigt eine seine besten Darstellungen. Wie schon in ‘The Machinist’ hungerte Bale, aber nicht in dem Ausmaß wie in besagtem Film. Geschlagen wird das Hungern von Jeremy Davies der den Mithäftling Gene spielt und aussieht wie ein lebendes Skelett, dermaßen abgemagert ist Davies. Steve Zahn spielt ebenfalls einen Mithäftling. Zahn zeigt auch eine gute Leistung und sorgt durch seine Art für das ein oder andere Grinsen, steht aber natürlich im Schatten von Bale.
Vietnamfilme gibt es inzwischen wie Sterne am Himmel. Nur leider strahlen unzählige von ihnen nicht wirklich. Auch die Themenbereiche mit denen sich die Filme beschäftigen sind immer wieder unterschiedlich. Mal geht es um die Vorkriegszeit, mal um die Kriegsheimkehrer. Mal um die brutalen und kaltblütigen Kämpfe vor Ort und mal um den nie enden wollenden Krieg im Kopf. Mit ‘Rescue Dawn’ verfilmt Werner Herzog seine Dokumentation ‘Little Dieter Needs to Fly’ aus dem Jahre 1997, in dem Dieter Dengler seine Flucht eindringlich schildert. Von den obengenannten Themen bedient sich Herzog fast von jedem, doch der Schwerpunkt wird hier klar auf den psychischen Kampf gesetzt. Der Wille zum Überleben, den Kampf mit sich selbst anzunehmen und durchzuhalten. Die Hoffnung nie zu verlieren, egal wie schrecklich die Zeit auch wird. Immer wieder sein Ziel neuaufarbeiten, egal wie viele Rückschläge man erleben muss. Dengler stürzt auf einer Mission mitten im grünen Nirgendwo ab. Völlig orientierungslos streift er in den Dschungel, immer tiefer in das Herz der Finsternis. Dabei die dauernde Bedrohung durch die Wildnis und die Verfolgung durch die Nordvietnamesen, die es schließlich schaffen Dengler zu schnappen. Völlig überrumpelt von seiner Festnahme wird er in das Lager verschleppt, in dem er von nun wie ein Tier behandelt wird. Jeden Tag werden er und seine Mitgefangenen, zu denen Dengler immer mehr eine Freundschaft aufbaut, schikaniert und gefoltert. Doch niemand schafft es Denglers Charakter zu brechen. Sie schaffen es seinen Körper, Zeitweise, einzubinden, doch seine Gedanken schleifen Tag für Tag einen Fluchtplan und der Plan geht nach langem hin und her endlich auf. Doch da steht das nächste Problem vor der Tür: Wie sollen sie aus dem Dschungel finden? Und so beginnt eine tragische Flucht quer durch die eigene Orientierungslosigkeit und dem undurchsichtigen Dschungel. Die klare stärke von ‘Rescue Dawn liegt, wie bei fast allen Herzog-Filmen, in der Atmosphäre und den tollen Bildern. Der Film ist eben immer dann am stärksten wenn Herzog uns mit seinen Darstellern ohne Verschnaufpause durch den Dschungel hetzt und man Bale und co langsam durchdrehen sieht. Gegenüber diesen hochspannenden und fesselnden Szenen stehen die Szenen im Lager, oder besser gesagt, einige Szenen im Lager. Diese Szenen sind einige Male ebenfalls sehr spannend inszeniert und auch nötig um in den Charakter der Häftlinge einzutauchen, aber auf der anderen Seite leider ab und an viel zu zäh, so das der Blick auf die Uhr unausweichlich erscheint. Und wie man es von Herzog ebenfalls gewohnt ist, braucht man seine Zeit um in den Film zu finden, einige Zuschauer werden sicher gar nicht in den Film finden, deswegen auch hier wieder zu sagen: Sicherlich kein Film für Jedermann, aber auch ‘Rescue Dawn’ wird zum Glück sein Publikum finden und das verdiente Lob einheimsen. Ebenfalls lobend erwähnen kann man noch, das Herzog Dengler nicht zum Über-Helden pusht und zum Glück auf die widerlichen patriotischen Sequenzen verzichtet.
Fazit: ‘Rescue Dawn’ ist ein realistischer und rauer Schrei nach Freiheit, der durch seine dichte Atmosphäre und die fantastischen Bilder überwältigt. Leider muss man dem Film Abstriche in Sachen Dramaturgie und durchgängig fesselnde Inszenierung machen. Am Ende bleibt in jedem Fall ein überdurchschnittlich guter Vietnam-Film über einen Mann, der niemals aufgab. Ein Film, sicherlich nicht für jeden, aber eine klare Empfehlung für Werner-Herzog-Fans und Freunde des stilleren Films.
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Muss ich mir noch anschauen, allein schon wegen Christian Bale. Der Film ist ja irgendwie ziemlich unbemerkt geblieben, den Kritiken nach, die ich gelesen habe, zu Unrecht (einschließlich diese).