Autor: Pascal Reis
There is no life without love. None worth having, anyway.
Das Ende der ersten Staffel von Californication wirkte etwas befremdlich im Kontext der gesamte Serie und Hank (David Duchovny) hat es zwar nicht geschafft, die Hochzeit zwischen seiner geliebten Karen (Natascha McElhone) und Bill (Damian Young) zu verhindern, schlussendlich aber sprang Karen auf den Rücksitz seines Sportwagens und Beide fuhren mit Tochter Becca (Madeleine Martin) davon, während Bill bedröppelt den Rücklichtern hinterher sehen musste. In seinem Pathos irgendwie verklärend, dieses Hau-Ruck-Happy-End, doch für Californication wohl nur eine heitere Bestandsaufnahme, die Hoffnungen schüren sollte und die emotionale Fallhöhe von Familie Moody geflissentlich potenzieren wird. Deswegen empfängt uns Staffel 2 auch mit einem Bild, in dem der Haussegen offensichtlich wieder gerade hängt: Hank scheint jedenfalls domestiziert, trägt ein Nikotinpflaster am Oberarm, lässt eine Vasektomie durchführen und kanalisiert seine promiskuitive Ader komplett auf Karen, die wohl auch ziemlich vom zahmen Verhalten ihres Mannes überrascht ist. Aber Hank ist eben ein erwachsenes Kind und die Ruhe bei ihm nie von Dauer.
In Staffel 2, bei der es sich David Duchovny auch selbst mal auf den Regiestuhl gemütlich gemacht hat, kristallisiert noch deutlicher heraus, dass der Sex, der hier in jeder Folge praktiziert ist, auf seine Weise nur ein Ausdrucksmittel der individuellen Einsamkeit ist. Wenn sich Hanks Zunge versehentlich (ja, wirklich!) zwischen den Beinen einer jungen Frau verirrt, nimmt das Chaos vom Neuem seinen Lauf, und als es ihn auch noch hinter schwedischen Gardinen verschlägt, lernt er den vermögenden Musikproduzenten Lew Ashby (Callum Keith Rennie) kennenlernen, der ihm den Job anbietet, seine Biografie zu verfassen, was die Sache nicht gerade besser macht. Eingezogen in der Villa des drogensüchtigen Lew, der die Nacht nie mit derselben Frau verbringt, rutscht Hank wieder genau in den Trott, von dem er sich eigentlich distanzieren wollte. Frauen kommen, Frauen gehen, dass allerdings auch noch Mia (Madeline Zima), die minderjährige Tochter von Bill, mit der Hank in der ersten Staffel noch verkehrt hat und die ihm seinen Roman geklaut hat, um ihn unter ihrem Namen zu veröffentlichen, ein Auge auf Lew wirft, verschärft die Situation umso mehr. Es geht wahrhaftig drunter und drüber im sonnendurchfluteten Los Angeles!
Und dann wäre da natürlich auch noch Hanks Agent Charlie Runkle (Evan Handler) und seine Frau Marcy (Pamela Adlon), die so manche Diskrepanz in ihrer Ehe entdecken. Nicht zuletzt dadurch heraufbeschworen, dass Charlie etwas zu viel Interesse an der Pornodarstellerin Dani (Rachel Miner) zeigt und Marcy dem exzessiven Drogenkonsum nicht abgeneigt ist. Was man sagen muss, ist, dass Californication wirklich vorzüglich gespielt ist. David Duchovny, der sich längst zu seiner Hypersexualität bekannt hat, brilliert als Hank Moody und verschmelzt zunehmend mit seiner ambivalenten Figur, während sich der Cast um ihn herum versammelt, aber nie Gefahr läuft, von seiner Person überstrahlt zu werden. Man muss sich Californication als ein im Kern doch unheimlich romantisches Format vorstellen, sind die Kämpfe, die Hank so gut wie jeden Tag austrägt, doch keine Auseinandersetzungen, die aus dem puren Egoismus sprießen, sondern Versuche, seine Familie wieder zusammenzuführen und illusorischen Idealen Auftrieb zu verleihen. Dumm nur, dass Hank dazu verdammt scheint, immer die falsche Wahl zu treffen und anstatt Hand in Hand mit Karen die Strandpromenade herunterzuschlendern, steckt sein Ding in der nächstbesten Tussi, die vor ihm mit dem Arsch gewackelt hat.
Es ist seine Unentschlossenheit, seine Ratlosigkeit, die ihn lähmt und sein Umfeld zunehmend verletzt. Hank muss endlich einen Weg finden, um sich selbst in diesem urbanen Wirrwarr zu finden. Die Stadt selbst verfällt wiederholt in Unschärfen, um sich dann, Schritt für Schritt, wieder zusammenzuraufen. Ähnliche wie die Beziehung zwischen Hank und Karen: Sie stagniert und fließt, Tränen fließen, Wut entflammt und die gegenseitige Zuneigung gewinnt erneut Oberhand. Jeder von den Protagonisten in Californication trägt einen Riss auf der Seele, der bei jeder weiteren Erschütterung ein Stück mehr aufreißt und irgendwann wie ein unersättlicher Strudel alles in sich saugen könnte. Dass auch Staffel 2 wieder mit einem Lächeln enden darf, ist wahrscheinlich dem exakten Kalkül nachempfunden, wie wir es in Staffel 1 kennengelernt haben. Staffel 2 jedoch legt eine Schippe drauf, ist nicht nur dominanter in seiner Sexualität, auch der wunderbar nonchalante Humor ist bissiger, die treffsicheren Seitenhiebe auf die Hollywoodmaschinerie samt leibeigener Meta-Ebene markanter. Es ist eine Freude, dieser aufrichtig unverblümten Serie zu folgen, auch wenn deutlich zu merken ist, dass da noch reichlich Lust noch oben vorhanden ist.