Kritik: Fargo (USA 1996) – Eine eiskalte Abrechnung mit der Dummheit

Kennst du schon den Witz über den Kerl, der sich kein Nummernschild mit seinen Initialen leisten konnte und seinen Namen in J3L-2404 ändern ließ?

“Fargo” ist in sämtlichen Aspekten eine Meisterleistung. Er ist lustig ohne lustig sein zu wollen, traurig ohne traurig sein zu wollen und kritisch ohne mit der Moralkeule auf den Zuschauer einzuprügeln. Und vor allen Dingen ist er absolut untypisch für Hollywood. Auch ist es schwer “Fargo” einem Genre zuzuordnen. Er ist die verdammt beste Thriller-Romance-Drama-Crime-Story, die das Kino jemals gesehen hat.

Wie fast jeder Coen Film startet auch “Fargo” mit einer scheinbar harmlosen Ausgangssituation. Mr. Lunegaard lässt seine Frau von zwei Hinterwäldlern für Lösegeld entführen, um sich für eine Investition ein wenig Geld zu verschaffen. Der wohlhabende Vater seiner Frau soll dann für das Lösegeld aufkommen. Dass die ursprünglich simpel angedachte Geschichte vollkommen aus dem Ruder läuft, kann er natürlich noch nicht ahnen.

“Fargo” beleuchtet einen Kriminalfall nach einer wahren Begebenheit. Aus der vorgegeben Geschichte zaubern Joel & Ethan Coen ihr komplett eigenes Ding, ein ebenso trauriges wie schwarzhumoriges Gesellschaftsportrait. Kühl und distanziert inszeniert und dennoch so warmherzig und emotional wie wenige andere Filme. Die Figuren sind bis in die kleinste Rolle perfekt besetzt. Dabei ragt vor allem Frances McDormand als schwangere Polizistin heraus. “Noch zwei Monate…” meint sie bezüglich ihrer anstehenden Geburt. Das jedoch in einem dermaßen trockenen, traurigen Ton, dass mir jedes Mal ein Schauer den Rücken hinterläuft.

Die Brutalität und der schwarze Humor sind typisch für die Coens. Nicht aber diese gleichermaßen kühlen, wie romantischen Aufnahmen von Roger Deakins. Jede Einstellung, jede gefilmte Mimik hat ihre Bedeutung. Die Gewalt wird zur Poesie, die Charaktere sind einzigartig. Jeder einzelne hat große Aussagekraft. Auf der einen Seite die Loser, die für wenig Geld über Leichen gehen. Auf der anderen Seite der Vater, der seinem Schwiegersohn nichts zutraut. Was bleibt ist der Glaube an uns selbst. Nur reicht das? Können wir in einer Gesellschaft leben, in der uns nicht einmal der Nächststehende vertraut?

Carter Burwells ebenso magische wie traurige Melodien untermalen dieses pessimistische Weltbild wunderbar. Und dennoch bleibt keine zwanghaft Kritik, sondern man bekommt viel Realismus, liebevolle Charaktere, eine einmalige Katz- und Mausjagd und viele Lacher geboten. Die zwei Oscar-Auszeichnungen für die beste Hauptdarstellerin und das beste Drehbuch sind im Falle “Fargo” mehr als verdient.

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