Autor: Pascal Reis
Happiness is sometimes loving two women at the same time.
Was bedeutet es eigentlich, ‘glücklich’ zu sein? Nach beziehungsweise mit welchen Maßstäben lässt sich Glück überhaupt dimensionieren? Und ganz grundlegend: Was, zum Teufel, ist Glück?! All das sind Fragen, die man sich im Laufe seines Lebens in einer ruhigen Minute vielleicht mal stellen könnte, wohl primär in derlei Perioden, in denen man vom Glauben eingeholt wird, das es für einen selbst momentan so gar nicht rund läuft. Das wirklich Schöne dabei ist: Es gibt keine allgemeingültige Antwort, keine eingeschriebene Auskunft, die dich zufriedengestellt in den gerechten Schlaf entlässt, sondern nur ein konjunktivisches Prinzip. Genauso wenig ist es möglich, die erschlagenden Kräfte der Liebe zu rationalisieren und anschließend in ein förmliches Raster zu bahnen. Peter Chelsom, der zuletzt Darf ich bitten? oder Hannah Montana Der Film inszeniert hat, nimmt sich mit Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück Francois Lelords literarischen Feel-Good-Parabel an und versucht dennoch Aufschluss zu geben.
Wie engstirnig und vermessen muss man also sein, wenn man es quasi darauf anlegt, eine Antwort auf eine Sache zu erzwingen, auf die es von gesunder Ratio ausgehend einfach keine Antwort gibt, sondern nur philosophische Möglichkeitsformen, die individuell abgewägt werden müssen: Hinsichtlich dieses Aspekts wird niemals ein Konsens herrschen. Jeder findet den Schlüssel zum temporären Glück oder andauernden Glückseligkeit auf anderen Wegen. Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück wäre diese erhellende Erkenntnis aber wohl zu schwammig, denn schließlich würde man in diesem Fall ja in kauf nehmen, dass der Zuschauer nach der Sichtung des Films womöglich noch einige Gedanken an das Gesehene auf dem Heimweg verschwendet, weil er überraschenderweise darüber zu reflektieren versucht. Mit Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück verhält es sich ähnlich wie mit Ben Stillers verklemmter Altherrenfarce Das erstaunliche Leben des Walter Mitty, der ebenfalls von einer verspäteten Sturm-und-Drang-Phase hausierte.
Inmitten von müßigen Tim-und-Struppi-Analogien und nicht gerade sinnigen Kindheitsfragmenten, die immer mal wieder in der Ellipse eines Filmschnitts in das Szenario gestreut werden, um es in einem Bruchteil einer Sekunde abstrahieren zu dürfen, begibt sich Psychologe Hector (Simon Pegg) auf die Suche, um die eingangs gestellten Fragen zu beantworten. Dabei werden immer wieder unglaublich törichte Thesen (wie auch das Zitat) eingeschoben, die sich in animierten Schriftzügen über den unteren Teil des Bildschirmes erstrecken. Das Problem ist nicht das Sammelsurium an Eventualitäten, das wäre nachvollziehbar gewesen, jeder empfindet schließlich anders. Viel erschreckender ist, wie Hector als unbescholten-kindliche Grinsebacke dazu instrumentalisiert wird, reinsten Elendstourismus zu betreiben und seine assige Wohlfühlzone prinzipiell in Kummer und Leid anderer Menschen zu errichten: Am nächsten Tag geht die Reise doch eh weiter, wen juckt schon Not und Armut? Diese simplistisch-didaktische Auffassung geopolitischer und ethnografischer Verhältnisse ist nur noch widerlich.
Am Ende kommt Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück zu folgendem Entschluss: Jeder ist zum Glück verpflichtet. Punkt. Diese Erleuchtung verortet der Film auf konservativen Werten und fühlt sich dann auch ganz schön irre, weil er die Ordnung gegen das “Chaos” (also Tomatensoßenspritzer auf der Brille, uiuiui) auszutauschen glaubt. Das Glück kommt also einem Zwang gleich. Welch Zynismus, gerade im Kontext der Szenen in China und Afrika, in denen Hector Zeuge heftigster Ungerechtigkeit wurde. In diesem Sinne: Nun seid doch endlich mal glücklich, ihr Zwangsprostituierten und Kindersoldaten, ihr HIV-Infizierten, die ihr in Entwicklungsländern mit Fliegen in den Augen elendig dahinsiecht. Hector ist es doch auch.