The Last Days of American Crime
von Olivier Megatan, mit Michael Pitt und Édgar Ramírez
Auch noch eine Woche später ärgere ich mich über den neuen Film von Olivier Megaton. Der neue Actionfilm des französischen Regisseurs, und das hätte ich vorher echt nicht für möglich gehalten, ist noch weitaus übler, als seine bisherigen Actionflops wie Transporter 3 (2008) und Taken 2 (2012). Der durchschnittliche Colombiana (2011), ebenfalls von Olivier Megaton, wirkt dagegen fast schon wie ein zeitloses Genremeisterwerk. Olivier Megatan macht in The Last Days of American Crime im Prinzip alles falsch, was daneben gehen könnte. Eine durchaus interessante Grundprämisse wird auf einen unsinnigen zweieinhalbstündigen Plot ausgedeht, der durchzogen ist von ekligem Sexismus, schwachsinnigen Dialogen (“This jacket is from Armani, pleaaaaase…”), mies inszenierten Actionsequenzen (das sind wir von Megaton ja bereits gewohnt) und Schauspielern am Tiefpunkt ihrer Karriere, wobei Michael Pitts Overacting zumindest noch gelegentlich für unfreiwillig komische Momente sorgt. Der von ihm gespielte Kevin Cash ist der einzige Charakter in diesem filmischen Debakel, welcher überhaupt noch daran erinnert, dass The Last Days of American Crime ursprünglich auf einem Graphic Novel* basiert.
Darüber hinaus hält sich der Film von Anfang bis Ende selbst für viel zu cool, um aus der an sich interessanten (dystopischen?) Idee eines Staates, welcher mit Hilfe des sogenannten API Signals Kontrolle über die Kriminalität im Land gewinnen möchte, etwas Sehenswertes zu machen. Olivier Megaton war noch nie ein Talent für Storytelling und Inszenierung und so gibt es wirklich keine einzige brauchbare Szene, welche auch nur ansatzweise an die Brillanz eines Steven Spielberg (Minority Report) oder Paul Verhoeven (Robocop) herankommt. Ganz im Gegenteil: Anstatt neuer Impulse gibt es hier zumeist vollkommen inhaltsleere Bilder und ausgelutschte Gedanken. In den besten Momentan kommt Olivier Megatons Liebe für Science-Fiction-Klassiker wie Blade Runner zum Vorschein, was jedoch nie mehr als selbstzweckhaftes Zitatekino darstellt, welches die Einfallsarmut des gesamten Filmteams nur umso deutlicher hervorhebt. Dies wäre bei einer kürzeren Laufzeit alles noch irgendwie zu verkraften gewesen, doch wurde dieses ärmliche Geschehen auf eine nicht enden wollende Laufzeit ausgedehnt, was The Last Days of American Crime zur größten verfilmten Guduldsprobe seit langem macht. Ein vielversprechendes Konzept allein garantiert eben noch keinen guten Film.
The Last Days of American Crime läuft seit dem 5. Juni exklusiv auf Netflix. Hier geht es zum Trailer auf Youtube.
Da 5 Bloods
von Spike Lee, mit Delroy Lindo und Jean Reno
Der um Meilen bessere und interessantere Netflix-Film ist diesen Monat Spike Lees diskussionswürdige Kriegssatire über Vergangenheitsbewältigung, welche nebenbei aufgrund der aktuell wieder aufgeflammten Black Lives Matter Bewegung vollkommen den Nerv unserer Zeit trifft. Da verzeiht man dem Regisseur gerne, dass er sich nicht so richtig entscheiden konnte, ob Da 5 Bloods anklagendes Drama oder bissige Satire werden sollte. Ein klareres Statement gelang dem Regisseur zuletzt mit dem komödiantischen Krimi BlackKklansman (2018). Spike Lees neueste Arbeit Da 5 Bloods ist ein ebenso ambivalentes wie angreifbares Abenteuer über vier schwarze Vietnamkriegsveteranen, die sich ihres Platzes in den heutigen Vereinigten Staaten ebenso ungewiss sind wie zu Zeiten des Vietnamskriegs, geworden. Die größte Stärke des Films ist hierbei die innere Zerrissenheit der Veteranen, die noch Jahrzehnte nach ihren Kriegseinsätzen von Albträumen und der Frage, wofür sie das Kriegsdrama überhaupt durchleben mussten, gequält werden. Dieses bis heute nicht verarbeitete Trauma spielt insbesondere Delroy Lindo emotional packend aus.
Nun meinen die vier ehemaligen Kameraden, dass sie die Geister der Vergangenheit loswerden könnten, indem sie nochmals nach Vietnam reisen und die Überreste ihres gefallenen Truppenleiters, den sie damals tot im Dschungel zurücklassen mussten, bergen würden. Spike Lee allerdings möchte dem Film noch mehr als diesen Inhalt verleihen, indem es nicht nur um die Bergung ebenjenes Leichnams geht. Die Veteranen sind damals im Dschungel auch auf einen Haufen Goldbarren gestossen, welche sie nun aus ihrem Versteck holen und in Bares umtauschen möchten. Es ist offensichtlich, dass Da 5 Bloods für Spike Lee selbst ein ganz persönliches Projekt darstellt, in diesem Fall fast schon zu persönlich. Denn nicht nur, dass der Film bereits mit der Sicherung des Leichnams und des Goldes schon genug zu erzählen gehabt hätte, Spike Lee versucht all dem einerseits mit Metaanspielungen (beispielsweise auf Apocalypse Now und Platoon), aber auch zu Anfang und am Ende mit historischen und aktuellen dokumentarischen Aufnahmen mehr Bedeutung zu verleihen, was dem Film hingegen seiner subtilen Wirkung beraubt.
Trotz der unentschlossenen Erzählweise ist Da 5 Bloods jedoch ein sehenswerter Film, auch dank Terence Blanchards bewegendem Score*, welcher das Geschehen passend begleitet. Da 5 Bloods wirft wichtige Fragen auf und regt zur Diskussion an, manche Zwischenfälle wirken aber auch, insbesondere im Umgang mit Vietnamesen, selbst etwas rückständig und nicht genug durchdacht. Wo fängt Rassismus an? Wie kann persönlich motiviertes und gleichzeitig neutrales Geschichtenerzählen aussehen? Das sind nur zwei Fragen, die anhand von Da 5 Bloods nicht einfach zu beantworten oder eben nicht genügend reflektiert sind. Wie der hiesige Umgang mit solchen Themen, die uns damals wie heute beschäftigen, einzuordnen ist, muss anhand dieses Films jeder Zuschauer für sich selbst entscheiden.
Da 5 Bloods läuft seit dem 12. Juni exklusiv auf Netflix. Hier geht es zum Trailer.
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