Eine Gastkritik von Michael Gasch – erstmals zu lesen am 6. April 2024
Die Kurzumschreibung zu Robot Dreams, welcher in den letzten Monaten diverse Auszeichnungen als bester Animationsfilm für sich verbuchen konnte, ist simpel: Ein animierter Freundschaftsfilm zwischen Maschine und Hund. Klingt eigentlich nach genau dem, was wir im Moment gut gebrauchen könnten, bei all dieser medialen Dramatisierung von Künstlicher Intelligenz. Handelt es sich aber nur um einen Film für Kinder oder hat die niedliche Produktion auch etwas über Künstliche Intelligenz und das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine auszusagen?
WALL-E, Baymax – Riesiges Robowabohu, Her und so weiter und so fort… Das Kino über roboterhafte Wesen bzw. Künstliche Intelligenzen steckt seit geraumer Zeit in einer Phase, die längst nichts mehr mit der von vor über 40 Jahren zu tun hat. Terminatoren und Replikanten sind schon lange niedlicheren Wesen gewichen, sofern diese überhaupt noch eine Form spendiert bekommen, denkt man an das letztere Beispiel zurück. Beim Blick auf das entgegengesetzte Ufer gibt es zuletzt ausreichend viele Filme, die einen befremdlichen Eindruck hinterlassen. Pseudoernst werden Themen verkauft, die schon so uralt sind wie der Roboterfilm an sich. Egal ob es sich um Symboliken aus dem militärisch-industriellen Komplex handelt (The Creator) oder um das altbekannte Thema, dass die Menschen vorsichtig mit Robotern sein sollten (M3GAN), driften derartige Produktionen nicht selten ins Unerhebliche ab.
Robot Dreams bietet in diesem Science-Fiction-Subgenre glücklicherweise einen Anti-Film, auch wenn dies mit ein paar Problemen einhergeht. Die Ausgangslage, dass ein metallischer Kasten hermuss, um die Einsamkeit erträglicher zu machen, birgt viele Themen, um sich ambivalent mit diesem Thema am Puls der Zeit auseinanderzusetzen. Nie war es so leicht, per Knopfdruck sich einen neuen Freund zu besorgen und allein das sagt schon eine Menge aus, womit der Animationsfilm gelungen an Her anknüpft. Dass der Animationsfilm auf der anderen Seite sich am Anthropomorphismus bedient (der Hund bewegt und verhält sich wie ein Mensch) hinterlässt dagegen fast schon einen gegenteiligen Eindruck, als wäre man in einem Disneyfilm. Doch sei’s drum, schließlich lässt sich menschliche Komplexität übertragen und wenn man etwas über die Tierwelt weiß, dann ist es wohl der Umstand, dass vermutlich nur die wenigsten Wesen gern allein sind.
Sobald der Hund und der Roboter gemeinsam durchs Leben streiten, ist alles anders. Als gegeben wird es fortan portraitiert, dass es eigentlich egal ist, wen man an seiner Seite hat, was Robot Dreams anfällig für Kritik macht. Wir werden im Laufe der Geschichte noch erleben, dass jeder austauschbar ist und auch dies birgt Potential für spannende Diskussionen. Der Pegel schlägt dadurch immer wieder aus, einmal in Richtung Niedlichkeit und dann wieder zu durchaus interessanten Themen zwischen den Zeilen. Starre Gesichtsausdrücke der Maschine weichen sukzessiv einer sich scheinbar intensivierenden Gemütslage. Nicht selten erweckt dann die Maschine den Eindruck, dass sie gar nicht weiß, was gerade passiert und wie sie einzelne Situationen verstehen oder durchdringen soll. Da es nicht danach aussieht, als handele es sich um einen Programmierfehler, funktioniert das Ganze sogar ziemlich gut, bis sich Robot Dreams ab einem gewissen Punkt dann doch zu sehr auf diesem interessanten Aspekt ausruht. Längst hat man als Zuschauer verstanden, dass die Maschine ein halbes Bewusstsein hat und ihren Sehnsüchten hinterherrennt, doch dies reicht dem Animationsfilm offenbar nicht aus. Bis zum Ende wird auf dieser scheinbaren Leidensgeschichte weiter herumgetanzt, was nicht nur sentimental übertrieben, sondern auch unnötig wirkt.
Dass Robot Dreams hin und wieder Serien (Simpsons), aber auch Filme (Woody Allens Manhattan ist nur ein Beispiel unter vielen) referenziert, kommt hinzu und sorgt für weitere Unnötigkeiten. Es ist dasselbe Spiel bei den vielen Product-Placements, ohne die es den Film zwar vermutlich nicht geben würde. Anders als in Großproduktionen, wo Werbung subtil eingefädelt wird, bekommt man diese in dem Fall offensiv auf die Nase gebunden. Es ist wohl ein Anzeichen dafür, dass Robot Dreams sich doch eher an die jüngere Zielgruppe richtet, welche derartige Unsauberkeiten vermutlich gar nicht wahrnehmen wird.
Es bleibt somit letztlich ein doch eher simpler Freundschaftsfilm, welcher nicht allzu viel über das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine auszusagen hat. Dass Robot Dreams in visueller Hinsicht weiß, wie der Hase läuft, bewahrt ihn letztlich davor, in der Senke der Unterdurchschnittlichkeit zu landen. Passende bunte Bilder treffen auf den passenden Song “September” von Earth, Wind and Fire und eigentlich ist es schade, dass es keine Harmonie zwischen der Narrative und den Bildern gibt. Ratlos wie die Figuren fühlt man sich in den letzten Minuten auch als Zuschauer und somit bleibt die große Frage: Ist das ein gutes oder schlechtes Ende? Es ist alles andere als einfach, eine Antwort auf jene Frage zu finden, und das ist immerhin etwas.
Robot Dreams startet am 9. Mai 2024 deutschlandweit im Kino.
★★★★☆☆☆☆