"Wolves" (CA/FR 2014) Kritik – Teen Wolf ist im 21. Jahrhundert angekommen

Autor: Pascal Reis

null

„Du musst ihn aufhalten!“

Wo sind sie nur abgeblieben, die echten Werwölfe, die zähnefletschenden Ungetüme der Nacht, die bei gedämpften Mondlicht in bester Body-Horror-Manier aus dem menschlichen Körper hervorbrechen und sich sodann heulend auf die Jagd begeben? Man ist geneigt zu konstatieren, die elendigen Stephenie-Meyer-Adaptionen um ihre unerhört erfolgreiche „Twilight – Bis(s) zum Morgengrauen“-Saga habe nicht nur dem Vampir zum asexuellen Waschlappen herabgesetzt, sondern auch die Mythologie um den Lykaner durch die des handzahmen Schoßhündchen ausgewechselt. Vermutlich würde sich das aber mal wieder zu einfach gestalten, würde man skandieren, alle Schuld (der Welt?) ließe sich schlicht und ergreifend auf diese Roman- respektive Filmreihe zurückführen lassen. Immerhin bahnt sich momentan ein erfreulicher Paradigmenwechsel in Bezug auf den Werwolf an, der dem sanften Bello endlich den verloren geglaubten Gestus des Animalischen wiederverleiht: „Wer – Das Biest in Dir“ oder „Wolfcop“ amüsierten da durch ihren konkret dimensionierten Härtegrad.

Mit David Hayters „Wolves“ gestaltet sich die Rezeption nun wieder etwas kniffliger, schwirrt sein Teenie-Werwolf-Liebes-Horror-Irgendwas doch überwiegend im luftleeren Raum herum. Das mag andeuten, dass der Film ob seiner tonalen Inkonsequenzen und narrativen Inkohärenzen mühelos jedweden Groll des Zuschauers auf sich ziehen wird, doch wirklich schlecht ist „Wolves“ letzten Endes eben doch nicht. Mit David Hayters hat man davon mal abgesehen auch einen Mann auf dem Regiestuhl positioniert, der die Mitarbeit an den Drehbüchern zu den Comic-Verfilmungen „X-Men“ sowie dessen Fortsetzung „X-Men 2“ in seinem Arbeitszeugnis vorzuweisen hat. „Wolves“ stellt nun das Spielfimdebüt Hayters dar und orientiert sich schon überdeutlich an einer Young-Adult-Zielgruppe, die sich durch das maßlose Desinteresse an filmhistorischer Bedeutsamkeit brüstet und von Filmen wie Joe Dantes „Das Tier“ sowie den Subgenre-Klassikern „Der Wolfsmensch“ oder „American Werewolf in London“ nie ein Wort vernommen hat. Freie Bahn zum kommerzialisierten Paraphrasieren also.

Der beliebte und freilich muskelbepackte High-School-Football-Kapitän Cayden Richards (Lucas Till) ist Dreh- und Angelpunkt in der Geschichte. Als ihm immer bewusster wird, dass irgendetwas nicht mit seiner Person stimmt, nimmt sein Schicksal eine durchaus überraschende Wendung: Im gutaussehenden Player lauern animalische Impulse, die darauf warten, endlich freien Lauf gewährt zu bekommen, was dann auch auf dem Feld geschieht, als er zu die Wolkendecke spaltenden Blitzen einen 5-Meter-Satz aus dem Stand macht und einen ihn drangsalierenden Gegenspieler den Schädel einhaut. Dass sich „Wolves“ zu Anfang daran versucht, altbekannte adoleszente Ängste durchzuspielen, manövriert ihn kurzzeitig und beinahe schon sympathisch zum inoffiziellen Nachfolger von Rod Daniels „Teen Wolf“ aus dem Jahre 1985, nach seinem Auszug aufs Land aber obsiegt die Schmonzette und Caydan begattet Angelina (Merritt Patterson), ebenfalls damit bestraft/befähigt, sich zum Wolf zu verwandeln. Problematisch ist da nur, dass Connor (Jason Momoa), ein besonders grimmiger Gewaltwandler, schon ein Auge auf Angelina geworfen hatte.

Und so spitzt sich „Wolves“ dramaturgisch darauf zu, die lokalen wie innerfamiliären Konflikte mit aufgefahrenen Krallen zu klären, stehen sich Caydan und Connor doch näher, als sie es sich jemals erträumt hätten – Wow! Dass der obligatorische Twist, der die Weichen dann noch einmal entscheidend in eine neue Richtung rückt, während des großen Finales nicht fehlen darf, riecht man der Geschichte schon frühzeitig an, dass man sich hier aber mal wieder auf schön altmodisches Handwerk in Sachen Maskenarbeit berufen hat, erfreut jedoch um so mehr. Mögen die Metamorphosen zwar aus dem Rechner entstammen, sprießt das Fell des Mannswolf im Anschluss herrlich analog. Darüber hinaus darf „Wolves“ auch mit einem durchaus erkennbaren Blutzoll auffahren, die Kameralinse sogleich mit diesem beschmieren oder Zähne in Zeitlupe aus der Schnute hämmern. Sinnstiftend ist an „Wolves“ letztendlich nichts, es ist nur ein weiterer, prinzipiell äußerst redundanter Young-Adult-Werwolf-Flic, aber, und das muss man ihm lassen, wirklich ärgerlich oder gar langweilig ist dieses ganze Rein- und Mischblüter-Geplänkel nicht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.