Ich verstehe, sie brauchen das Geld. Haben Sie keine anderen Ziele im Leben? – Doch, doch, ein Ziel (Blick zur Sekretärin) guck’ ich grade an und das ist sehr motivierend.
Ziemlich beste Freunde erzählt nach einer wahren Begebenheit das Aufeinandertreffen zweier Menschen, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Weiß trifft auf schwarz, reich auf arm, gebildet auf ungebildet, Chopin auf Rap. Aber sind Menschen aufgrund ihrer verschiedenen Herkunft denn wirklich so anders? Was die beiden Regisseure Oliver Nakache und Eric Toledano aus dieser simplen Frage herauskitzeln ist, kurz gesagt, ein Highlight unter all den Komödien der vergangenen Jahre.
Der Neureiche Philippe (Francois Cluzet) gibt für ein modernes Kunstwerk gerne mal 30.000 Euro aus. Sein Leben ist allerdings durch einen Unfall stark eingeschränkt. Fast komplett gelähmt, braucht er fast 24 Stunden am Tag jemanden, der ihn betreut. Er muss geduscht und angezogen werden. Jemand muss ihn Füttern und von Ort zu Ort fahren. Sobald es dann ans Abwischen des Popos geht, ergreifen die Betreuer jedes Mal die Flucht. So wird schließlich erneut ein Bewerbungstag in Philippes Haus durchgeführt, an dem dieses Mal auch Driss (Omar Sy) erscheint, der eigentlich nur eine weitere Unterschrift für eine Bewerbungsabsage braucht, damit er endlich sein Arbeitlosengeld erhält. Mit mehr Humor als Verstand bekommt er allerdings den Betreuerposten auf Probezeit…
Schon der Anfang lässt erahnen, dass Ziemliche beste Freunde keine Standardware ist, wie wir sie fast täglich aus von modernen Komödien geboten bekommen. Das Publikum lachte Tränen, die Musik und die Aufnahmen von Paris ließen mich dahinschmelzen. Klingt nach Kitsch und Klischees, ist jedoch die Exposition zu einer der unkonventionellsten Tragikomödien der vergangenen Jahr und zu einer der schönsten Männerfreundschaften, die es jemals im Kino zu sehen gab.
Ziemlich beste Freunde ist aufgrund der aktuellen, sozialen Verhältnisse in Metropolen wie Berlin oder Paris nicht nur wichtig, sondern wegweißend. Hier stoßen nicht zwei Rassen aufeinander, sondern zwei Welten, die allerdings viel mehr gemeinsam haben, als die heutigen gesellschaftlichen Konflikte erahnen lassen. Francois Cluzet als Reicher im Rollstuhl kann nicht viel mehr machen, als seine Mimik einzusetzen, und diese ist eindrucksvoll. Der Star des Films ist jedoch der hauptsächlich aus dem Fernsehen bekannte Comedy-Star Omar Sy. Er nimmt perfekt die Rolle des aus den Banlieues stammenden Schwarzen, der keine Zukunft vor sich hat, ein und beschert dem Publikum eine Lachsalve nach der anderen.
In teils träumerischen, teils tristen Bildern fängt Mathieu Vadepied die Kontraste der Stadt Paris und ihrer Menschen ein. Hauptsächlich widmet er seine Kamera aber den Schauspielern. Zu Recht, denn einige der lustigsten, klügsten und nachdenklichsten Dialoge der letzten Jahre, die Chemie zwischen den Darstellern und die vielen wunderbaren Einfälle (Stichwort: Ohrenstreicheln) schaffen eine enorme Gagdichte und viele gefühlvolle Momente, die mit Sicherheit kein Auge trocken lassen.
Die Endszene mag zwar ein wenig gewöhnlich erscheinen, allerdings ist sie Teil der wahren Geschichte, auf welcher der Film basiert. Außerdem setzt das Regie-Duo mit der finalen Kameraeinstellung auf das graue Meer unter grauem Himmel ein bedeutsames Zeichen. Würden doch mehr Menschen so denken und handeln wie die beiden Protagonisten, wir hätten sofort eine bessere Welt, ohne Vorurteile, ohne Ablehnung, ohne Ignoranz, denn ob Sch’ti, Rapper, Behinderter oder Wohlhabender, uns alle beschäftigen ähnliche Lebensfragen. Allein Ärzte oder Hochstudierte können uns in einer schlechten Lage nicht helfen. Wir müssen verstanden werden, und alles, was in solchen Momenten zählt, ist Freundschaft, Offenheit und Humor. Es ist eine Seltenheit, dass Schauspiel, Drehbuch, Musik und Kamera eine geschlossene Einheit bilden, die kaum Wünsche offen lässt. Ziemlich beste Freunde ist eine dieser seltenen Erscheinungen im Komödien-Genre, die das mit Bravour meistern.
Falls unsere Kritik dein Interesse geweckt hat, dann unterstütze CinemaForever gerne, indem du den Film via einer der folgenden Links bestellst!
oh, das klingt schön. Mensch, ich hab mich echt geärgert, hab viel zu spät mitbekommen, dass die französische filmwoche in berlin ist. jetzt hab ich “ziemlich beste Freunde” und “The Artist” schon verpasst, grmpf. Die möchte ich beide unbedingt noch sehen und nach deiner Review diesen hier jetzt noch viel mehr.
Hey. Ist ja ärgerlich, da hast du echt zwei grandiose Filme verpasst. 🙁 Ich war gestern auch in “The Artist”, super Film. Ich hoffe, dass ich heute noch dazu komme, zu dem ne Kritik zu schreiben…
Hättest du denn Lust, dir am Mittwoch den französischen Anwärter für Oscar fremdsprachiger Film “La guerre est declarée” anzuschauen? Hab dafür zwei Tickets reserviert, aber bisher niemanden der Zeit hat mitzukommen?!
nein leider nicht, dankeschön. ich bin die ganze woche abends verplant, montag gestiefelter kater-preview, dienstag freundin, mittwoch bin ich bei ner produktionsfeier (abschlussfest), donnerstag bryan ferry und freitag weihnachtsfeier. meine kaninchen werden mich diese woche hassen, weil ich sie abends kaum rauslassen kann *lach*, und die französische filmwoche geht komplett an mir vorbei.
hab mich gestern echt geärgert, dass ich das so gar nicht auf dem zettel hatte. aber wenigstens die beiden kommen ja noch offiziell ins kino.
Schade, bist ja auch richtig verplant. 😀 Aber “The Artist” startet ja zum Glück Ende Januar, also wirst du ihn auf alle Fälle vor der Oscarverleihung noch sehen. 😉
ja allerdings, ist zwar auch schön, wenn man die abende nicht immer zuhause auf der couch verbringt, aber so ne ganze woche abends nicht zuhause sein, ist auch stress *lach*.
Ich bin schon etwas peinlich berührt von der Lobhudelei für diesen selten dämlichen Film, der. Es scheint, nebenbei, kaum jemandem aufzufallen, wie vor allem das Stereotyp eines Schwarzen vermittelt wird, der wie selbstverständlich aus einem asozialen Milieu kommt, das Hirn in der Hose trägt und ansonsten bestenfalls und gerne am Steuer eines Boliden den Clown vom Dienst macht. Es gibt so schöne Filme zu solchen Themen, und es gibt so schöne Filme aus Frankreich. Das hier ist wirklich das Niveau von Manta, Manta
Dieses Statement kann ich nur unterstützen! Schön, dass es noch jemanden gibt, der den Film genauso sieht wie ich.
Du hast recht, die Welt ist voll von schönen Dingen, Filmen, Orten, schönen Menschen, die die schönen Dinge sehen, die schönen Dinge schätzen, die schönen Dinge als das Höchste ansehen. Du sagst, es gäbe so schöne Filme zu solchen Themen: Was ist an diesem Thema schön? Es geht um einen Querschnittsgelähmten, dessen einzige Privatsphäre in seinen Gedanken besteht, da jeder seiner Schritte überwacht wird. Es geht um einen jungen, schwarzen Mann, der in einem Milieu aufwächst, in dem die Menschen sich nicht die Frage nach ihrer Abendbeschäftigung stellen, sondern wie sie ihre Familie durchbringen. Es geht um die menschlichste und schönste aller Beziehungen.
Ich finde diesen Film wunderschön: Diese zwei Menschen verband das die größte aller zwischenmenschlichen Kräfte: die Freundschaft.
P.S. : ‘…der das Hirn in der Hose trägt…’
Seine Menschenkenntnis ist gewaltig – weil er sie ist. Keine Regeln und Vorschriften können ihm etwas vormachen. Menschen sind keine Vorschriften, und Menschen sind keine perfekten Romanfiguren. Das war ein Film von Menschen für Menschen, um denselben, die sich nach etwas Irrealem sehnen, zu zeigen, was den Menschen und die Gemeinschaft ausmacht.
Das ist nicht das Glück, das du da suchst.
Also Ich kann nur sagen: Ein selten dämlicher Kommentar zu einem wirklich guten Film
ich finde den film echt super. genau so wollen leute die im rolli sitzen behandelt werden. mein mann sitzt auch im rolli und er will einfach normal behandelt werden und nicht wie ein rohes ei. er will trotz rolli spaß haben im leben.
nicht böse sein, aber den mal als rollifahrer!
Hallo,
also ein selten dämlicher Film ist es keinesfalls.
Ich bin normalerweise eher der Typ der Aktion und S/F Filme guckt. Ziemlich beste Freunde ist meiner Meinung nach ein sehr guter Film. Am Ende kamen mir tatsächlich Tränen, hm.
Der Film wird an keiner Stelle langweilig und hat die ganze Zeit nicht übertriebenen Witz. Ob es nun ein Dunkelhäutiger spielt oder ein anderer ist doch letztlich garnicht von interresse. Die Umsetzung der Rolle ist ausschlaggebend. Und die ist hier wirklich gut gelungen.
Mit ihrer Meinung stehen Swantje und Besucher zum Glück ziemlich allein.Der Film war eine angenehme, gute und schöne Abwechslung zum 08/15-Holywood-Allerlei. Unbedingt ansehen, es lohnt sich