Die besten Filme des Kinojahres 2014: Pascal von CinemaForever stellt seine Top 20 Spitzenreiter vor

Autor: Pascal Reis

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Wie es sich für einen angemessenen Abschluss eines jeden Jahres gehört, muss ein kleiner Rückblick her, der das Gesehene Revue passieren lässt und die Spreu vom Weizen trennt. 2014 war vielleicht nicht das beste, so oder so aber war es ein interessantes, abwechslungsreiches und durchaus mit einigen Überraschungen versehenes Filmjahr. Zu meiner Verteidigung muss ich gestehen, dass ich noch nicht alle Filme abhaken konnte, die ich mir vorgenommen habe zu schauen, trotz dem Verschleiß von ganzen 110 Filmen (+ 60 Direct-to-DVD-Starts) in diesem Jahr. Dennoch bin ich zufrieden mit meiner Auswahl, die vor allem herauskristallisieren wird, wie fintenreich die letzten knapp 365 Tage doch so in die Filmlandschaft gestrichen sind. Viel Spaß beim Lesen, Vormerken und Nase rümpfen!

20. Die zwei Gesichter des Januars

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von Hossein Amini, mit Viggo Mortensen und Oscar Isaac

Im Großen und Ganzen thematisiert „Die zwei Gesichter des Januars“ die Dualität im menschlichen Gebaren, was ihm erlaubt, Ösen in seinen Ambivalenzen zu bilden, in denen er immer ganz geschickt seine Sympathie einfädelt und verrückt. Letztlich ist es auch Alberto Iglesias Score zu verdanken, der sich stark an Bernard Herrmann orientiert und die hitzige Atmosphäre zunehmend intensiviert.

19. Noah

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von Darren Aronofsky, mit Russell Crowe und Emma Watson

Darren Aronofsky biedert nicht der manieristischen Blockbustermaschinerie an, sondern modernisiert den Bibelfilm auf eine zielstrebige, antizipierende und in seinem forciert kinetischen Exzess so beeindruckenden Art und Weise, dass man zuweilen ob der energetischen Wucht, der pumpenden Dynamik, die aus der schieren Bildwucht quillt, pausieren und applaudieren möchte. Mehr Kino war noch keiner von Darren Aronofskys Filmen.

18. Dead Snow 2: Red vs. Dead

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von Tommy Wirkola, mit Veger Hoel und Stig Frode Henriksen

Der schwarze Humor ist unfassbar böse, aber so lustvoll und enthusiastisch, dass Wirkolas blutverkrustetes Schelmenstück in höchstem Maße Pläsier bereitet. Absurdität hat in „Dead Snow 2: Red vs. Dead“ endgültig die Oberhand gewonnen und eine idyllische Gemeinde am Altafjord wird zum Kriegsschauplatz erklärt, in dem Rot gegen Braun zum Massaker ganz nach dem „Höher, Schneller, Weiter“-Prinzip bitten.

17. The Sacrament

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von Ti West, mit Shawn Parsons und Shaun Clay

Wenn die Fassade langsam bröckelt und deutlich wird, dass Parish Eden nicht das glückselige Paradies ist, sondern einem totalitären Machtgefüge unterliegt, an dessen Spitze der charismatische „Father“ thront, offenbart Ti West, wie viel Intensität in seinem, zugegeben, nicht gerade wasserdichten Found-Footage/Mockumentary-Konzept steckt: Die letzten 30 Minuten sind beklemmend in ihrer unausweichlichen Radikalität und lösen ein wahres Ohnmachtsgefühl vor und hinter der Mattscheibe aus.

16. X-Men: Zukunft ist Vergangenheit

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von Bryan Singer, mit Hugh Jackman und James McAvoy

Hinter all dem Krawall nämlich verbirgt sich eine Botschaft, die sukzessiv herausgearbeitet wird, die ihren Tribut fordert, schlussendlich allerdings nicht nur für den „X-Men“-Kosmos, der natürlich wieder in unserer Weltpolitik verankert ist, von höchster Signifikanz formuliert wird, sondern auch in unserer Realität von immenser Wichtigkeit ist: Es ist die Aufforderung an die Akzeptanz vom Fremdartigen, vom Anderen, selbst wenn es dem persönlichen Weltbild nicht entsprechen mag.

15. Snowpiercer

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von Joon-ho Bong, mit Chris Evans und Tilda Swinton

„Snowpiercer“ verfügt in seiner Umsetzung über eine tonale Wandlungsfähigkeit, wie sie nur aus dem asiatischen Raum importiert werden kann und funktioniert als Allegorie auf soziale Segregationen, wie auch als satirisch-groteske Parabel auf gesellschaftliche Machtstrukturen und tief verwurzeltes Triebverhalten. Es ist aber auch auf visueller Ebene ein packendes Wechselspiel aus monochromer Verzweiflung und überstrahlter Angriffslust, mal poetisch entschleunigt, mal energetisch-physisch getrieben.

14. Nightcrawler – Jede Nacht hat ihren Preis

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von Dan Gilroy, mit Jake Gyllenhaal und Rene Russo

Dwe von Jake Gyllenhaal fiebrig-getrieben und mit diabolischen Grinsen auf den Lippen verkörperte Lou Bloom ist die Personifizierung jener zeitgeistigen Entfremdung von Gewissen und Ethik; ein Illusionist, Manipulator, Karrierist, Autodidakt, Imitator und auch ein Quell der Inspiration, der nicht kommuniziert, sondern mit einstudierten Worthülsen auf sein Gegenüber einredet. Im Westen nichts Neues, und doch ein nachdrückliches, (leider) durch und durch realitätsnahes Erlebnis.

13. Im August in Osage County

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von John Wells, mit Meryl Streep und Julia Roberts

Klimax ist hier, wie es sich für ein auf familiäre Strukturen konzentriertes Kammerspiel gebührt, die Zusammenkunft am Mittagstisch, an dem die krebskranke und pillensüchtige Violet ihren Angehörigen einen Schuss nach dem anderen vor den Bug erteilt und gerade von Tochter Barbara reichlich Kontra kassiert. Ein unangenehmer Augenblick, der von einer so feindseligen Stimmung kontrolliert wird und sich stetig steigert, von Aggressionslevel zu Aggressionslevel, dass man sich als Zuschauer am liebsten mit einem lauten Lachen aus der Affäre ziehen möchte. Ein ähnliches Gefühl hat zuletzt nur Nicolas Winding Refn in „Only God Forgives“ auf die Beine gestellt, als er Kristin Scott Thomas in Beisammensein mit Ryan Gosling und Yayaying Rhatha Phongam verbal Amok laufen ließ.

12. Under the Skin

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von Jonathan Galzer, mit Scarlett Johnasson und Paul Brannigan

„Under the Skin“ ist kein „schöner“ Film im eigentlichen Sinne, sondern ein düsteres Experiment, dessen zentralisierter Kampf der eigenen Seelenlosigkeit in der Absenz jedweder Hoffnung mündet und mitsamt einer unermesslichen Poetik in sich zusammenbricht. Nacktheit folgt in „Under the Skin“ keiner Intimität, sondern einer erdrückenden Leere; genau wie der Alien in seiner lockenden weiblichen Hülle an der merkwürdigen Befremdlichkeit, der inhärenten Unerklärbarkeit und der Absonderlichkeit unseres irdischen Seins zerschellt. Uns würde es andersherum genauso ergehen.

11. Stromberg: Der Film

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von Arne Feldhusen, mit Christoph Maria Herbst und Bjarne Mädel

Hach, da verschafft sich am Ende doch eine gewisse Wehmut Raum. Hatte man zu Anfang noch leichte Befürchtungen, „Stromberg“ würde lediglich als Serienformat funktionieren, nicht aber als abendfüllender Spielfilm, überzeugen uns Arne Feldhusen und Ralf Husmann ohne erkennbare Startprobleme vom direkten Gegenteil: Die liebgewonnenen Gesichter dürfen sich ein letztes Mal versammeln und vollbringen es mühelos, der Serie wie ihren treuen Fans (die diesen ja erst ermöglicht haben) einen mehr als respektvollen und runden Abschied zu verleihen.

10. Magic, Magic

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von Sebastian Silva, mit Juno Temple und Michael Cera

Wenn Silva es sich zum Ziel gesetzt haben sollte, den Frühwerken eines Roman Polanskis Tribut zu zollen, dann kann man ihm für „Magic, Magic“ nur gehörige Anerkennung schenken. Sicher ist das noch nicht auf dem komplexen Niveau des polnischen Meisters, aber er rückt ihm so nah auf den Pelz, wie schon lange kein Film mehr.

09. The Rover

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von David Michod, mit Guy Pearce und Robert Pattinson

„The Rover“ hat auch nichts mit diesem dystopischen Eskapismus zu tun, der momentan immer nach dem selben Muster, nur unter einem anderen Namen, die Lichtspielhäuser überschwemmt. Hier ist Australien mal so richtig am Arsch und der ultimative Kollaps hat ein emotionales wie moralisches Brachland hinterlassen, deren allegorisches Landschaftspanorama Bände zu sprechen scheint.

08. Maps to the Stars

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von David Cronenberg, mit Julianne Moore und Mia Wasikowska

Emotional ist der metaphorisch geschwängerte „Maps to the Stars“ gewiss nicht, er ist distanziert und klinisch, nur selten dürfen sich zwei Schauspieler ein Bild teilen, jeder steht isoliert für sich, jeder kämpft für sich, jeder stirbt allein. Er agiert in seiner Sezierung der klaffenden Abgründe aber niemals vermessen, reibt wie schichtet jede Ebene fein auf und ist als Satire nicht im Ansatz in sein Sujet verliebt, weil es Aspekte in diesem Film gibt, denen er einfach auf Augenhöhe begegnen möchte, egal wie oft er auch auf sie einhauen und sie verhöhnen mag.

07. Sag nicht, wer Du bist!

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von Xavier Dolan, mit Xavier Dolan und Pierre-Yves Cardinal

Die Zeiten, in denen sich er sich im Close-Up selbstinszenierte, sind endgültig vorbei. „Sag nicht, wer Du bist!“ ist minimalistisch, der Theater-Charakter ist allgegenwärtig vernehmbar, all der Pomp, die grellen Farbspiele und extravaganten inszenatorischen Sperenzchen aus seinen früheren Werken sind fort. Stattdessen herrscht in „Sag nicht, wer Du bist!“ in eigentlich jeder Einstellung eine unterschwellige, latente Gefahr, die nur darauf wartet, endlich auszubrechen und alles in sich zu reißen.

06. Her

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von Spike Jonze, mit Joaquin Phoenix und Scarlett Johansson

„Her“, dieses unfassbar sensitive Erlebnis, dieser visionäre, optisch bezirzend entrückte und doch ganz und gar im Hier und Jetzt angekommene Geniestreich, verdeutlicht das auf eine so wunderschöne und gleichermaßen reflektiert-inspirierende Weise, wie man sie in dieser durch und durch menschlich-intimen Einfühlsamkeit lange nicht mehr erlebt hat. Müsste man „Her“ mit einem Wort beschreiben, dann würde man „Echt“ wählen, denn nichts anderes ist „Her“. Jede Träne schmeckt salzig, jedes Lachen steckt an, jeder Schmerz erinnert an die eigenen Erfahrungen. Poesie.

05. Nymph()maniac Vol. 1 & 2

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von Lars von Trier, mit Charlotte Gainsbourgh und Stellan Skarsgard

Wo Joe landen wird, macht uns Lars von Trier schon zu Anfang deutlich, wie sie das Leben aber in diese Situation manövrieren wird, das schmerzt und setzt einen Stich in das Herz, wie ihn nur Lars von Trier setzen kann, um dann, wenn sich die Wogen angeblich geglättet haben, wenn alle Entscheidungen getroffen sind, noch einmal zum letzten Schlag auszuholen. Mensch heißt Mensch heißt Widersprüche, das hat Lars von Trier erkannt, genau wie er richtig erkannt hat, dass manche Menschen sich nun mal mehr vom Sonnenuntergang, als von ihrem Aufgang erhoffen.

04. Le Passé – Das Vergangene

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von Asghar Farhadi, mit Berenice Bejo und Tahar Rahim

„Le passé – Das Vergangene“ aber wirkt weder (über-)konstruiert, noch scheint er seine Charaktere, die hier wirklich als Charaktere bezeichnet werden können, so aufmerksam wie sich Farhadi doch ihren Innenleben auseinandersetzt, dem bloßen dramaturgischen Effekt unterzuordnen: Von Augenwischerei jedenfalls ist dieser Film Lichtjahre entfernt, stattdessen legt Farhadi großen Wert auf Realitätsnähe, pfeift auf Formalismus und fühlt den schwerwiegenden Problemen im komplexen innerfamiliären Geflecht in aller Ruhe auf den schmerzhaft pochenden Zahn.

03. Enemy

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von Denis Villeneuve, mit Jake Gyllenhaal und Melanie Laurent

„Enemy“ macht deutlich, dass Sexualität, der körperliche Akt per se, nicht mehr länger mit der seelischer Intimität in Relation steht. Und genau vor dieser aufrichtigen, gewiss auch mit Kompromissen verbundenen Intimität schrecken die Menschen in diesem, in unserem, sexualisierten Gesellschaftsentwurf zwanghaft zurück. Man muss sich seiner Angst stellen, selbst wenn sie den Blick mit zehn tiefschwarzen Augen erwidert. „Prisoners“? War da was?

02. The Raid 2

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von Gareth Evans, mit Iko Uwais und Teger Satrya

Glückwunsch an alle Beteiligten: Hier wurde Filmgeschichte geschrieben. „The Raid 2“ hat das dynamische Action-Kino (Sorry, Untertreibung des Jahrhunderts) auf ein neues Level gehievt. Wenn die Fäuste, die Hämmer, die Baseballschläger und die Messer ausgepackt werden, wenn Knochen gebrochen, Unterkiefer ausgerissen, Körper über Scherben gezogen und Schädel zertrümmert werden, dann muss man sich als Zuschauer immer wieder daran erinnern, weiterzuatmen. Da ist pure, paralysierende und perfekt choreografierte Überwältigung garantiert.

01. Gone Girl – Das perfekte Opfer

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von David Fincher, mit Rosamund Pike und Ben Affleck

Die große Stärke von „Gone Girl – Das perfekte Opfer“ ist eben nicht das, WAS er erzählt, sondern WIE er seine Geschichte dem Zuschauer unterbreitet, nach und nach entschlüsselt und nicht nur den Zuschauer in seinen Vermutungen Lügen straft, obwohl sich dieser – ganz nach den Regeln des Suspense-Kinos – in einer höheren Position zu befinden glaubt. Auch die involvierten Charaktere samt den dazugehörigen Tätigkeitsbereiche werden stetig auf Links gezogen. . „Gone Girl – Das perfekte Opfer“ offenbart eine helle Freude daran, den Zuschauer auf das Glatteis zu führen, in dem er ihn wie seine Charaktere ins abgefeimte Fadenkreuz nimmt und nach Strich und Faden manipuliert. Das führt dann folgerichtig dazu, dass sich die Sympathie-Achse stetig verschiebt und ein klares Misstrauen an jedes gesprochene Wort und an jede ausgeübte Geste geheftet wird, bevor wir uns vom fintenreichen Narrativ wieder in die Falle locken lassen.

Ihr habt noch nicht genug von Bestenlisten und Jahresrückblicken? Dann schaut doch mal bei der Top-20 meines Co-Autors Philippe (HIER) vorbei.

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