"Der Biber" (USA 2011) Kritik – Mel Gibson und seine plüschige Handpuppe

“We reach a point where, in order to go on, we have to wipe the slate clean. We start to see ourselves as a box that we’re trapped inside and no matter how we try and escape, self-help, therapy, drugs, we just sink further and further down.”

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Walter Black (Mel Gibson) hat Probleme. Und damit sind nicht diese Larifari Alltagsprobleme gemeint. Walter Black hat schwere Probleme. Sein Beruf als Leiter einer Spielzeugfabrik steht auf der Kippe, die Aktien sinken in den Keller, sein ältester Sohn Porter (Anton Yelchin) hält ihn für einen Vollversager und notiert sich jede charakterliche Gemeinsamkeit, um sie bloß nicht zu wiederholen und seine Frau Meredith (Jodie Foster) hat kein Interesse mehr an einer weiteren Bindung und setzt Walter schließlich vor die Tür. Der unter schweren Depressionen leidende und ständig an der Flasche hängende Walter sieht nur einen Ausweg für sein trauriges Dasein: Suizid. Doch der Versuch geht schief und als Walter am nächsten Morgen neben dem Bett aufwacht, hat der Biber, eine Plüschfigur, die er aus dem Müll gefischt hat, ein „Eigenleben“ entwickelt.

Was nun auf den ersten Blick als äußerst lächerlich und unrealistisch erscheint, erstrahlt bei genauerer Betrachtung in einem mehr als interessanten Licht: Walter, der sich vollständig aufgegeben hat, der sich längst als Toter sieht, gefangen in seiner Niedergeschlagenheit, muss sich in gewisser Weise von sich selbst distanzieren, ohne sich allerdings vollständig zu verdrängen. Der Biber übernimmt die Kontrolle, spricht für Walter, hilft ihm zurück in das Leben zu finden, bis er an dem Punkt angekommen ist, an dem er sich selbst wieder als Mittelpunkt erkennt. Doch aus der Hilfestellung wird Besessenheit und Walter wird schlussendlich zur Marionette des Bibers.

Jodie Foster hat sich mit „Der Biber“ also ein durchaus ansprechendes Thema ausgesucht, was gerade aus psychologischer Sicht einen gesunden Nährboden besitzt – Die kindische Reaktion als Eigentherapie. Das Problem von Fosters Dramödie liegt allerdings im unausgegorenen Drehbuch von Kyle Killen. Wo am Anfang noch ein brauchbares Gleichgewicht besteht, überschlagen sich der Verlauf und die Dramaturgie des Films zunehmend. Die Charaktere, vom rebellierenden Sohn, seiner kleinen Romanze, seinem Talent als Schreiberling, wie auch Walter selbst, benötigen Zeit, die sie in diesem Fall nicht zugesprochen bekommen. In knapp 80 Minuten werden wir durch den Ab- und Aufstieg eines zerfressenden Individuums mit schwere seelischen Problemen gescheucht, nebenbei wird etwas Teenie-Liebe und Coming-Of-Age eingestreut und jeder Baustein passt schlussendlich in seine vorgegebene Öffnung. Kontroll- und Kontrollverlust werden überkandidelt und überzogen dargestellt und vereinen sich in einem sprunghaften Aufruf an die Toleranz. „Der Biber“ ist oberflächlich, aber keinesfalls missraten, er schöpft seine eigentliche Komplexität nicht aus und verhungert aufgrund des löchrigen Drehbuches.

Das letzte Wort widme ich Mel Gibson, der als Walter Black eine durchaus solide Leistung abruft und das “Highlight” im Cast darstellt, auch wenn er immer etwas zu theatralisch zwischen mitleidserregendem Dackelblick und glaubwürdiger Selbstaufgabe umherspringt. Die anderen Schauspieler hingegen können kaum (Anton Yelchin) bis gar nicht (Jodie Foster) packen, was aber an der unzureichenden Zeichnung selbst liegt und nicht an ihren Leistungen.

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