Die besten französischen Filme (2000 – 2019)

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Die besten französischen Filme

Schon seit längerer Zeit wollte ich eine Liste meiner liebsten französischen Filme aller Zeiten erstellen, um jedes Mal wieder festzustellen, dass sich die Geschichte des französischen Films nicht in nur 50 Filmen zusammenfassen lässt. Also habe ich die Idee immer wieder verworfen. Nach langer Überlegung habe ich mich dazu entschlossen, meine französischen Lieblingsfilme in zwei Listen vorzustellen, angefangen mit meinen Lieblingen der 2000er Jahre, gefolgt von der Top 50 Liste der besten französischen Filme von den Anfängen des Kinos bis Ende der 90er geben wird. Im Folgenden stelle ich euch also nun meine Top 30 der besten französischen Filme des 21. Jahrhunderts vor. Bitte seid nicht zu enttäuscht, wenn der ein oder andere für euch allzu offensichtliche Kandidat fehlt. Und um von vornherein manch unnötigen Kommentar auszuschließen, abgesehen von den nun zusammengefasst genannten Filmen habe ich alle Filme gesehen, die für diese Best-Of-Liste in Frage gekommen sind. Auch die Reihenfolge der Filme sollte nicht zu ernst genommen werden, da diese eher einen aktuellen Eindruck vermitteln soll und sich jederzeit ändern kann. Welche sind eure liebsten französischen Filme seit 2000?

Noch nicht gesehen: Poliezei (Maiwenn), Dialog mit meinem Gärtner (Jean Becker), Unruhestifter (Philippe Garrel), Persepolis (Vincent Parronaud), Adieu au langage (Jean-Luc Godard), Les Destinées sentimentales (Olivier Assayas), Schmetterling und Taucherglocke (Julian Schnabel), Steak (Quentin Dupieux), Lust auf Anderes (Agnès Jaoui), Villa Amalia (Benoit Jacquot), White Material (Claire Denis), Von Menschen und Göttern (Xavier Beauvois)

Platz 30: Kleine wahre Lügen (von Guillaume Canet, 2010)

Kleine-Wahre-Luegen-Film-Kritik

u.a. mit Marion Cotillard und Francois Cluzet

Guillaume Canet versteht in Kleine wahre Lügen sein Handwerk Schauspieler zu führen, Komik und Dramatik richtig zu portionieren und ganz einfach ein reales Umfeld zu schaffen, in dem sich jeder, der sich gerne mit dem Leben auseinandersetzt, wiedererkennen, wohlfühlen und daraus lernen sollte. Wie sagt der Franzose so schön: „C’est la vie.“ Das trifft in gleichen Maßen auf den Film zu. Für mich einer der Ensemble-Filme schlechthin, ein moderner Klassiker des Feel-Good-Movies.

Platz 29: Liebe (von Michael Haneke, 2012)

Liebe-Michael-Haneke-Film-Kritik

u.a. mit Emanuelle Riva und Jean-Louis Trintignant

Ich  zähle mich ganz und gar nicht zu den großen Fans des Regisseurs Michael Haneke. Liebe jedoch hat mich dank seiner Ehrlichkeit emotional unglaublich mitgerissen. Emmanuel Riva und Jean-Louis Trintignant waren schon immer zwei ganz besondere Schauspieler für mich, und so freut es mich, dass ihnen Michael Haneke diesen Film so gut wie gewidmet hat. Zwei Schauspielgiganten dürfen in Liebe nochmals beweisen, warum sie Legenden sind. Der Umgang mit den Tücken des Todes wurde für mich bisher nicht packender auf Zelluloid gebannt. [Komplette Kritik]

Platz 28: Liebhaber für einen Tag (Philippe Garrel, 2017)

u.a. mit Eric Caravaca und Esther Garrel

In dem wundervoll-melancholischen, in Schwarz-Weiß gedrehten Beziehungsdrama L’amant d’un jour tut Regisseur Philippe Garrel mal wieder das, was ich am meisten an seinen Filmen schätze: Gewohnt charmant-leichtfüßig und einfach gehalten erzählt Philippe Garrel von den Komplikationen zwischenmenschlicher Beziehungen. Insbesondere was es bedeutet, in der Liebe Kompromisse einzugehen. Die Kamera ist hierbei wie immer intim nah dran an den Hauptdarstellern, sieht die Schönheit in kleinen Details, wenn sie auf Gesichtern verweilt, und alltägliche Umgebungen – wie Straßen, Gehwege, Cafés – als Spiegel unserer Emotionen versteht. Begleitet wird das alles von Jean-Louis Auberts herrlich-subtilen Melodien. Eine junge Dame, ihr Vater und seine Liebhaberin – Garrel holt mal wieder aus einer auf dem Papier einfach anmutenden Figurenkonstellation in einer Laufzeit von nicht einmal Eineinhalbstunden das Maximum an Komplexität heraus und schenkt uns einen nachdenklich machenden, jedoch hoffnungsvollen Blick auf persönliche Beziehungen.

Platz 27: Die feine Gesellschaft (Bruno Dumont, 2016)

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u.a. mit Juliette Binoche und Fabrice Luchini

Die feine Gesellschaft ist einer von zwei Filmen, mit denen es Bruno Dumont in diese Liste geschafft hat. An dieser Stelle könnte genauso gut auch Jeannette – The Childhood of Joan of Arc stehen. Warum dieser absurde Krimi für mich einer der sehenswertesten Komödien der vergangenen Jahre ist, erfahrt ihr in meiner Kritik.

Platz 26: Holy Motors (Leos Carax, 2012)

u.a. mit Denis Lavant und Eva Mendes

Einige von euch haben diesen Film wahrscheinlich deutlich weiter vorne erwartet. Holy Motors ist auch durchaus einer der ungewöhnlichsten Filme, die das jüngere französische Kino hervorgebracht hat. Einziger Wermutstropfen in diesem Faszinosum an Film: Bei aller Genialität ist mir Holy Motors zuweilen zu lang geraten, um ihn mir öfters anschauen zu können. Wer Leos Carax surrealen Trip durch Paris noch nicht gesehen hat, sollte dies aber auf jeden Fall ganz dringend nachholen.

Platz 25: Saint Laurent (Bertrand Bonello, 2014)

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u.a. mit Gaspard Ulliel und Léa Seydoux

Bertrand Bonellos Saint Laurent ist, im Gegensatz zum im gleichen Jahr erschienen Yves Saint Laurent, cineastisches Gold, ein wahrhaftiges Kunstwerk und einer der besten Autorenfilme der letzten Jahre, welcher dem Mythos des französischen Couturiers mehr als nur gerecht wird. Bertrand Bonnello hat es verstanden, den Geist Yves Saint Laurents einzuatmen, das zeigt sich auf allen filmischen Ebenen. Das Verständnis, welches Bonello für das Ästhetische aufbringt, ist unglaublich, genauso wie die Verkörperung Yves Saint Laurents durch Gaspard Ulliel, welche für mich zu den beeindruckendsten schauspielerischen Leistungen im modernen französischen Kino zählt. Doch das muss man erst gesehen haben, um es zu glauben. Saint Laurent wird dem Hype, den er zu seiner Veröffentlichung erhalten hat, mehr als gerecht.

Platz 24: Die wilde Zeit (Olivier Assayas, 2012)

u.a. mit Clément Métayer und Lola Créton

Stark an die eigene Jugend angelehnt (und somit partiell mit autobiographischem Habitus), entwirft der Regisseur und Autor Olivier Assayas mit Die wilde Zeit das vielschichtige Zeit-Portrait einer Dekade, deren Motto “Widerstand” lautete. Das Resultat ist ein fantastisch gespieltes, geschriebenes und inszeniertes Drama über die Post-68er-Ära. Der erste und nicht letzte Assayas-Film in dieser Liste.

Platz 23: Martyrs (Pascal Laugier, 2008)

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u.a. mit Morjana Alaoui und Mylène Jampanoi

Pascals Laugiers Martyrs ist einer der viel diskutierten, nach wie vor umstrittenen Filme der letzten Dekade. Auch für mich ist der Horrorfilm einer der unfassbarsten Kinoerlebnisse, die ich kein zweites Mal sehen muss. Dem Fazit von vielen, dass dies einer der prätentiösten, unsinnigsten Filme sei, kann ich keinesfalls zustimmen, obwohl Pascal Laugier fraglos gewisse Grenzen überschritten hat, was folglich, wie kaum ein anderer Film, Diskussionen darüber entfacht hat, was im Kino gezeigt werden darf (bzw. sollte) und was besser nicht. Meiner Meinung nach ist Martyrs am Ende ein Horrorfilm, der bei weitem nicht das offen zeigt, was er könnte, sondern vielmehr auf psychischer Ebene den Zuschauer auf subtile Art und Weise fordert und herausfordert. Für mich ist Martyrs einer der intelligentesten Horrorfilme überhaupt. Doch ich weiß – und verstehe – natürlich, dass das einige etwas anders sehen.

Platz 22: Love (Gaspar Noe, 2015)

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u.a. mit Aomi Muyock und Karl Glusman

Wo wir schon dabei sind: Hier der nächste umstrittene Film. Das Pornodrama Love vom umstrittenen französischen Regisseur Gaspar Noé ist für mich einer der am meisten missverstandenen Filme der vergangenen Jahre. Das Missverständnis liegt dabei vor allem darin begründet, dass von einem Skandalregisseur ein weiterer Skandalfilm erwartet wurde. Wie soll es auch anders sein nach Filmen wie Irreversibel und Menschenfeind. Doch am Skandal ist Gaspar Noé in Love nun mal überhaupt nicht interessiert. Noé erzählt schlicht eine Liebesgeschichte mitten aus dem Leben, teils, so bekommt der Zuschauer das Gefühl, aus seiner eigenen Vergangenheit, was er auch immer wieder verdeutlicht. Das Gefühl der bedingungslosen Liebe und des bedingungslosen Geliebtwerdens, der uneingeschränkten Intimität und grenzenlosen „sentimentalen Sexualität“, all das gab es im Kino auf dermaßen ehrliche und offene Art und Weise nur selten zu bestaunen. So sieht für mich mutiges, großes Geschichtenerzählen aus. Und wo andere nur eine Aneinanderreihung scheinbar banaler Sex- bzw. Pornoszenen sehen, konnte ich für mich ganz viele wichtige zwischenmenschliche Wertvorstellungen entdecken, die meiner Meinung nach einiges an Diskussionspotential bieten, denn auf psychologischer Ebene gibt es hier enorm viel zu sehen.

Platz 21: Elle (Paul Verhoven, 2016)

u.a. mit Isabelle Huppert und Laurent Lafitte

Nach einer kreativen Durststrecke von fast zwei Jahrzehnten meldete sich der niederländische Altmeister Paul Verhoeven (u.a. Starship TroopersBasic Instinct) 2016 mit einem Psychothriller im Kino zurück, der es wirklich in sich hat. Schwarzhumorig, zynisch, eiskalt und doch emotional packend (vor allem aufgrund der einnehmenden, subtilen Performance von Schauspielgöttin Isabelle Huppert). Paul Verhoeven meistert wie nur selten zuvor die Kunst, sein Publikum anspruchsvoll zu schockieren und zum Nachdenken zu bringen. Elle ist eine großartige, sehr bedachte Reflexion über Lug und Trug, über Machtverhältnisse der Geschlechter und über die Bewältigung von Traumata.

Platz 20: 2 Tage Paris (Julie Delpy, 2007)

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u.a. mit Julie Delpy und Adam Goldberg

Very clever und très charmant – kaum einen Film habe ich in den letzten 10 Jahre öfters gesehen. 2 Tage Paris ist einfach eine der smartesten, lustigsten Komödien der letzten 20 Jahre. Erzählt wird die Geschichte eines Amerikaners (brillant: Adam Goldberg), der mit seiner französischen Freundin (unfassbar charmant: Julie Delpy) für 2 Tage ihre Heimatstadt reist. Und dort erst einmal mit den Eigenheiten der Franzosen zurechtkommen muss. Da Julie Delpy selbst Regie geführt hat und selbst in Paris groß geworden ist, ist es ihr gelungen eine Komödie zu inszenieren, die durch maximale Authentizität zu begeistern weiß. Fans von (Beziehungs-)Komödien sollten sich diese zweitägige Paris-Odyssee keinesfalls entgehen lassen, denn sie ist eine der besten ihrer Art und funktioniert obendrein auch auf anderen Ebenen, wie dem Thema kulturelle Integration, ganz wunderbar.

Platz 19: Augenblicke: Gesichter einer Reise (Agnès Varda und JR, 2017)

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u.a. mit Agnès Varda und JR

Wie aus nur einer guten Idee ein brillanter Film entstehen kann? Agnès Varda, mittlerweile die Großmutter der Nouvelle Vague, nimmt uns in der Dokumentation Visages, Villages auf einen humorvollen Roadtrip in abgelegene Winkel Frankreichs, mit zu von der Gesellschaft vergessenen Menschen – darunter Minenarbeiter, Farmer, Hafenarbeiter und Rentner – denen sonst wohl niemals jemand Beachtung geschenkt hätte, und führt uns damit auf eine minimalistische Art und Weise, mit dem französischen Streetart-Künstler JR an ihrer Seite, die unbändige Kraft der Kreativität vor Augen. „Das Leben ist, wie man die Dinge sieht.“ Visages, Villages ist wahrlich eine herausragende, zutiefst menschliche, aus der Spontaneität zweier Künstler heraus entstandene Dokumentation und eine unvergessliche Liebeserklärung, ja sogar ein Denkmal, an die Fotografie.

Platz 18: Divines (Houda Benyamina, 2016)

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u.a. mit Oulaya Amamra und Déborah Lukumuena

Divines war 2016 eine der filmischen Überraschungen schlechthin. Der damalige Gewinner der Caméra d’Or in Cannes erzählt die aufrüttelnde Geschichte zweier Mädchen, die einfach nur davon träumen, aus ihrem Elendsleben in den Pariser Vorstädten auszubrechen – aber auch vom großen finanziellen Wurf: „Money. Money. Money.“ Regisseurin Uda Benyamina ist mit ihrem Debütfilm ein einerseits lebensnahes Gesellschaftsporträt gelungen, welches gekonnt das komplexe Lebensgefüge – geprägt durch traditionelle Werte, Armut, Chancenlosigkeit – der Pariser Vorstädte schildert. Auf der anderen Seite ist Divines ein Feuerwerk an Emotionen, welches nicht an großen erzählerischen Gesten spart, die wir sonst zumeist nur aus großen Hollywood-Produktionen kennen. Sentimental, aber lebensnah. Poetisch und originell. So humorvoll wie tragisch. Divines ist großes, relevantes, humanistisches Kino und in seiner Eleganz einer der absolut bewundernswertesten Filme der vergangenen Jahre.

Platz 17: Nocturama (Bertrand Bonello, 2016)

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Nocturama ist thematisch einer der wichtigsten Filme der vergangenen Jahre. Nach seinem begeisternden Biopic Saint Laurent thematisiert Bertrand Bonello in Nocturama u.a. die Ursachen der Terroranschläge von Paris und deren Auswirkungen auf die französische Gesellschaft. Herausgekommen ist ein hypnotisierender Trip mehrerer Jugendlicher durch die Straßen von Paris, der schließlich in einem Kaufhaus ein unerwartet schockierendes Ende nimmt. Bertrand Bonello selbst sagte, dass er mit diesem Film seinen Unmut über die aktuellen Missstände in Frankreich zum Ausdruck bringen wollte. Und das ist ihm beispiellos gelungen, denn Nocturama ist ein wichtiger Film, der für nichts und niemanden Partei ergreift und in schonungsloser Effektivität mit sämtlichen Misständen in der modernen (französischen) Gesellschaft, Politik und Wirtschaft abrechnet. Bertrand Bonellos zynische Gesellschaftsabrechnung funktioniert dank des hervorragenden Drehbuchs und der meisterhaften Inszenierung zudem auf vielen Ebenen und bietet damit zahlreiche Deutungsmöglichkeiten und reichlich Diskussionspotential.

Platz 16: Venus im Pelz (Roman Polanski, 2013)

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u.a. mit Emmanuelle Seigner und Mathieu Amalric

Venus im Pelz ist ein Meta-Film durch und durch, weswegen eine Sichtung bei weitem nicht ausreicht, um dieses Stück komplett zu erfassen. Roman Polanski hat damit seinen außergewöhnlichsten, aber auch persönlichsten Film seit Der Pianist gedreht – grenzgeniale Liebeserklärung an John Fords Western Ringo inklusive. Dabei wird er tatkräftig von Emmanuelle Seigner und Mathieu Amalric unterstützt, die hier ein Dialoginferno entfachen, wie man es nur ganz selten im Kino erlebt. Ein emotionales Spektakel zwischen amüsanten und nachdenklichen Momenten. Besser werden Alterswerke nur selten. Hier geht es zu meiner ausführlichen Kritik.

Platz 15: Der wilde Schlag meines Herzens (Jacques Audiard, 2005)

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u.a. mit Romain Duris und Niels Arestrup

Bevor Jacques Audiard sich mit zwei Meisterwerken dauerhaft einen Platz in der Filmgeschichte sichern sollte, drehte er bereits mit Der wilde Schlag meines Herzens eine unvergessliche Charakterstudie zwischen Musik- und Gangsterfilm. Jacques Audiard schildert die Geschichte eines kriminellen jungen Mannes, der mit Hilfe der Musik seinem zwielichtigen Milieu entfliehen möchte. Was auf dem Papier zunächst klischeehaft klingt, ist einer der spannendsten Filme seine Art. Einerseits aufgrund Jacques Audiard meisterhafter Inszenierung, andererseits vor allem aufgrund von Romain Duris, der hier mit seinem intensiven Schauspiel die Leinwand zum Brennen bringt.

Platz 14: Die Zeit, die bleibt (Francois Ozon, 2005)

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u.a. mit Melvil Poupaud und Jeanne Moreau

Ich zähle mich nicht gerade zu den größten Fans von Francois Ozon, der immer wieder für Filme gefeiert wird, die bei mir nur selten Anklang finden (eine weitere Ausnahme bildet hier In ihrem Haus) oder sogar für verständnisloses Kopfschütteln sorgen. Ausgerechnet der kaum beachtete Die Zeit, die bleibt ist für mich eines der schönsten und zugleich traurigsten Dramen der letzten Dekade und einer der Filme, von denen ich behaupten kann, dass sie mir die Angst vor dem Tod genommen haben. Für mich Francois Ozons einziges Meisterwerk, welches viel mehr Aufmerksamkeit verdient hat.

Platz 13: Der Aufsteiger (Pierre Schoeller, 2011)

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u.a. mit Olivier Gourmet und Michel Blanc

Der beste Politthriller innerhalb eines Jahrzehnts ist mal wieder (I wie Ikarus!) den Franzosen zu verdanken. Einen so distanzierten, urteilsfreien und zugleich ehrlichen und ungemein packenden Politikfilm wie Der Aufsteiger bekommt man schließlich nicht alle Tage zu sehen. Warum ich den Film im Detail so grandios finde, erfahrt ihr in meiner ausführlichen Kritik.

Platz 12: Der Pianist (Roman Polanski, 2002)

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u.a. mit Adrien Brody und Thomas Kretschmann

Die NS-Zeit ist das schwärzeste Kapitel unserer deutschen Geschichte. Mit dieser Zeit müssen wir uns jedoch beschäftigen und auseinandersetzen, ob wir wollen oder nicht. Mit Filmen, Dokumentationen und dem verhassten Geschichtsunterricht wird uns geholfen, dieser Zeit näher zu kommen und die Grausamkeit zu erkennen. Roman Polanski, der selbst Teil dieser Zeit wurde, inszenierte mit Der Pianist einen Film, der sich auf schonungslose und unglaublich emotionale Weise der Judenverfolgung widmet. Herausgekommen ist dabei einer der grausamsten, realistischsten, wichtigsten und berührendsten Kriegsfilme überhaupt. Mit einem fantastischen Adrien Brody, der intensiven und eindringlichen Bildersprache, der wunderbaren Musik und Roman Polanskis brillanter Inszenierung wird Der Pianist zu einem unvergesslich schmerzhaften und zugleich gefühlvollen Film. [Komplette Kritik]

Platz 11: Kindkind (Bruno Dumont, 2014)

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u.a. mit Bernard Pruvost und Alan Delhaye

Diese eigentlich als Mini-Serie angelegte dreieinhalbstündige Provinz-Krimi-Komödie ist für mich eine der unglaublichsten und unkonventionellsten filmischen Erfahrungen. Wie es Bruno Dumont hier in seiner besten Regiearbeit seit Humanität gelingt, den Zuschauer über die volle Laufzeit ein Dauergrinsen ins Gesicht zu zaubern und gleichzeitig eine todernste Geschichten zu erzählen, ist einfach nur großartig.

Platz 10: Die Wolken von Sils Maria (Olivier Assayas, 2014)

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u.a. mit Juliette Binoche und Kristen Stewart

Mit Die Wolken von Sils Maria hat Olivier Assayas einen seiner beiden bisher herausragendsten Film gedreht. Juliette Binoche und Kristen Stewart brillieren in dieser Reflexion über das Älterwerden im Filmgeschäft. Doch dieses Thema ist nur Oberfläche für einen der komplexesten Filme der vergangenen Jahre. Gerade die zahlreichen, ausdauernden Dialoge zwischen Juliette Binoche und Kristen Stewart verleihen dem Film unzählige Betrachtungsweisen, so dass es unumgänglich ist den Film mehrmals anzuschauen. Die Wolken von Sils Maria bietet für mich dabei all das, was gutes Kino ausmacht: Großartige Schauspieler; eine zeitlose Thematik, welche, auf teils auch sehr amüsante Weise, in die Moderne übertragen wird; und eine Kameraarbeit, die mich vom Anfang bis zum Ende staunen ließ. Irgendwo zwischen Ingmar Bergman und Billy Wilders Sunset Boulevard ist Olivier Assayas ein ebenso sensibler wie auch inspirierender und intelligenter Film gelungen.

Platz 9: Begegnungen nach Mitternacht (Yann Gonzalez, 2013)

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u.a. mit Kate Moran und Niels Schneider

Stellt euch vor: Alain Resnais, Francois Ozon, Pier Paolo Pasolini und Pedro Almodóvar gehen in eine Bar und brauen diesen cineastischen Cocktail zusammen – so hat ein Leser auf letterboxd.com mal Begegnungen nach Mitternacht zusammengefasst. Ich könnte hier noch einige andere Regisseur nennen, die Einfluss auf auf dieses Abstrusität an Film hatten. Doch das wiederum wird Begegnungen nach Mitternacht niemals gerechnet, denn was ich hier gesehen habe ist viel mehr, als nur eine wilde Mixtur. So radikal, verspielt, fantasievoll, aber auch nachdenklich und provokativ hat sich das französische Kino tatsächlich schon lange nicht mehr gezeigt. Auch nach mehrmaliger Sichtung kann ich, wenn ich über Begegnungen nach Mitternacht nachdenke, immer noch nicht ganz glauben, dass Yann Gonzalez wirklich einen derart mutigen Film gedreht hat. Das muss nicht jedem gefallen. Ich hingegen ziehe meinen Hut.

Platz 8: Die Eifersucht (Philippe Garrel, 2013)

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u.a. mit Louis Garrel und Anna Mouglalis

In knapp 80 Minuten bringt es Philippe Garrel hier fertig, eines der tiefgründigsten Beziehungsdramen der letzten Jahre zu erzählen. Auf die simpelsten filmischen Mittel reduziert, entfaltet La Jalousie nach und nach einen immer größeren emotionalen Sog und gipfelt schließlich in einer Szene, welche mir nicht mehr aus dem Kopf ging. La Jalousie ist ebenso minimalistisches wie großartiges Gefühlskino. Der Film ist in Deutschland bisher leider nicht erschienen, jedoch als UK-Import erhältlich.

Platz 7: Irreversibel (Gaspar Noe, 2002)

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u.a. mit Monica Bellucci und Vincent Cassel

Gaspar Noé zeigt uns in Irreversibel glasklar, dass sich Rachegefühle, die zwar vollkommen verständlich, natürlich und menschlich sind, am Ende als vollkommen sinnlos erweisen. Genauso wie die Tat selbst, die in Sinnlosigkeit gipfelt und uns zu keiner Zeit eine Begründung gibt. Weil es einfach keine gibt. Das Herz der Finsternis, das dunkelste im Menschen hat sich geöffnet und uns Stück für Stück eingenommen. Die Zeit zerstört alles. Die Zeit verändert nichts. Die Zeit heilt keine Wunden und zerfrisst uns alle. Hier geht es zu unserer ausführlichen Kritik.

Platz 6: Die Träumer (Bernardo Bertolucci, 2003)

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u.a. mit Eva Green und Louis Garrel

Der italienische Regisseur Bernardo Bertolucci (Der letzte Tango in Paris) schildert in Die Träumer eine Dreiecksbeziehung vor dem Hintergrund der Pariser 1968er-Unruhen. Dabei herausgekommen ist ein mehr als nur diskussionswürdiges Drama über den Umgang von drei jungen Erwachsenen mit dem politischen Umschwung im Frankreich Ende der 60er Jahre. Politischer Aktivismus trifft auf sexuelle Freiheiten im Gewand eines Nouvelle Vague Films. Die im Film gestellten Fragen werden zwar kaum beantwortet, aber genau darin liegt für mich die Stärke von Die Träumer. Bernardo Bertolucci wirft uns mitten in die Beziehungsgeflechte zwischen Eva Green, Michael Pitt und Louis Garrel, ohne deren Verhalten groß in Frage zu stellen. Damit stößt der Film bis heute nicht gerade auf wenig Gegenkritik. Für mich hat der italienische Regisseur damit, dass er nicht selbst urteilt, jedoch einen mutigen Film geschaffen, der zwar ebenso schockiert wie er berühert, jedoch brillant den gesellschaftlichen wie politischen Zeitgeist der 68er schildert. Ein moderner Klassiker! [Komplette Kritik]

Platz 5: Ende eines Sommers (Olivier Assayas, 2008)

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u.a. mit Juliette Binoche und Charles Berling

Das Leben geht weiter, egal was passiert. Was aber, wenn einer der am uns nahestehendsten Menschen plötzlich nicht mehr unter uns weilt und ein Haus, das eine Geschichte erzählt und eine ganze Familie vereint, dadurch in ein neues Licht rückt? Olivier Assayas Generationenfilm über den Tod einer Mutter und die Auseinandersetzung ihrer Kinder mit ihrem Ableben und den damit verbundenen Gedanken, Hürden und Nachlässen, ist herzzerreißendes, zutiefst weises Gefühlskino, ohne dabei jemals zu sentimental zu werden. Simpel, aber meisterlich inszeniert und mit einem brillanten Cast vor der Kamera, Olivier Assayas hat hier ein in allen Belangen unvergessliches Drama über den Verlauf und die Vergänglichkeit der Zeit gedreht. Der Film ist in Deutschland bisher leider nicht erschienen, jedoch als UK-Import erhältlich.

Platz 4: Der Geschmack von Rost und Knochen (Jacques Audiard, 2012)

Der-Geschmack-von-Rost-und-Knochen-2012-Film-Kritik

u.a. mit Marion Cotillard und Matthias Schoenaerts

Mittlerweile habe ich aufgehört zu zählen, wie oft ich Jacques Audiards Streich Der Geschmack von Rost und Knochen gesehen habe.. Die Geschichte ist simpel: Zwei gestrandete, auf sich allein gestellte Menschen finden zusammen wieder zurück ins Leben. Doch die raren zwischenmenschlichen Töne, das Gefühl für Emotionen und die gleichzeitig nötig und kritische Distanz zum Geschehen machen Der Geschmack von Rost und Knochen zu einem weiteren Ausnahmewerk des talentierten französischen Regisseurs, der schon mit den beiden Dramen Ein Prophet und Der wilde Schlag meines Herzens Kritiker und Publikum gleichermaßen verstummen und nicht schlecht staunen ließ. [Komplette Kritik]

Platz 3: Blau ist eine warme Farbe (Abdellatif Kechiche, 2013)

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mit Adèle Exarchopoulos und Léa Seydoux

Blau ist eine warme Farbe hat mich 2013 daran erinnert, wie einmalig, leidenschaftlich und exemplarisch ein Kinobesuch sein kann. Fast drei Stunden folgte ich der jungen Adèle und durchlebte zusammen mit ihr die zahlreichen Facetten und Hürden des Erwachsenwerdens. Absolut verdient wurde Regisseur Abdellatif Kechiche für diesen Film die Goldene Palme in Cannes verliehen, denn er macht das Unmögliche möglich. Dieses Liebesdrama fühlte sich selbst für mich als passionierten Kinogänger absolut originär und unverbraucht an. Bei Abdellatif Kechiche scheint alles das Natürlichste der Welt zu sein. Wie er beispielsweise Alltagssituationen – wie die Liebe auf den ersten Blick, das erste Mal, den Schulalltag oder den Streit eines Paares – schildert, ohne dabei typischen Genremustern zu verfallen, ist schlichtweg atemberaubend. Der Höhepunkt (wenn man davon überhaupt sprechen kann, denn sie reißt ja förmlich jede Szene mit einer unglaublichen Präsenz an sich) ist jedoch Adèle Exarchopoulus.

Platz 2: Ein Prophet (Jacques Audiard, 2009)

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mit Tahar Rahim und Niels Arestrup

Fragt man nach den großen Mafia-Mimen der Filmgeschichte, so fallen zumeist drei Namen: Al Pacino, Marlon Brando und Robert DeNiro. Vergessen sollte man jedoch nicht Tahar Rahim und Niels Arestrup, die sich in Jacques Audiards Ein Prophet im wahrsten Sinne des Wortes die Seele aus dem Leib spielen. Und Jacques Audiard revolutioniert dabei, als ob es seine Lebensbestimmung gewesen wäre, den Mafiafilm. Hier geht es zu meiner ausführlichen Kritik.

Platz 1: Chanson der Liebe (Christophe Honoré, 2007)

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u.a. mit Louis Garrel und Ludivine Sagnier

Liebe, Leben und Tod in Paris. Ein wahrhaft magisches Musical. Egal ob wir traurig sind oder fröhlich, die Musik ist unser ewiger Begleiter. Chanson der Liebe zeigt das auf wunderbar einnehmende Art und Weise, denn schöner werden Filme einfach nicht mehr. Ein Meisterwerk der Emotionen, eine Hommage auf menschliche Beziehungen, das mit jeder Sichtung an Kraft gewinnt. Dazu wurde Paris nur selten besser photographiert. All das macht Christophe Honorés Liebeserklärung an die Nouvelle Vague zu einem modernen Klassiker.

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