"Drachenzähmen leicht gemacht 2" (USA 2014) Kritik – Die Drachenreiter fliegen tief

Autor: Stefan Geisler

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“Good dragons under the control of bad people do bad things.”

Der Animationsfilm steckt wieder in der Krise. Nachdem der ehemalige Heilsbringer Pixar seine originären Filme zugunsten gewinnbringender Se- und Prequel-Ware auf ein Minimum reduziert hat, wurde bereits vor Jahren der Untergang des Animationsfilms heraufbeschworen. Glücklicherweise kam es bisher nicht zu dem befürchteten qualitativen Verfall, denn auch wenn die großen Studios inzwischen fast ausschließlich auf bewährtes Material setzen, das den finanziellen Erfolg an der Kinokasse quasi schon durch seinen Namen allein garantiert, hatte man zumindest bisher immer das Gefühl, dass zumindest der Genre-Primus Pixar seinen Erfolgs-Filmen Fortsetzungen mit Herz spendiert. Dennoch ist man als Zuschauer bereits seit einigen Jahren für jeden frischen Wind im Genre dankbar. Dementsprechend hoch waren 2010 die Begeisterungsstürme von Kritikern und Genreliebhabern, als das Animationsstudio Dreamworks seinen Film „Drachenzähmen leicht gemacht“ veröffentlichte. Der rasante und meisterlich inszenierte Animationsfilm forderte sein jüngeres Publikum merklich und zudem schreckten die Regisseure und Drehbuchautoren Chris Sanders und Dean DeBlois auch vor radikalen Entscheidungen nicht zurück. Dieses Jahr kommt nun die Fortsetzung des Animationsspektakels in die deutschen Kinos und auch wenn sich „Drachenzähmen leicht gemacht 2“ technisch weiterhin auf einem sehr hohen Niveau bewegt, kann die Geschichte um den jungen Wikinger Hicks und seine ungewöhnliche Freundschaft zu dem Drachen Ohnezahn im zweiten Anlauf nur noch bedingt überzeugen.

Berk ist wieder in Gefahr! Fünf Jahre nachdem die Wikinger ihren Frieden mit den schuppigen Bewohnern der Lüfte geschlossen haben, müssen Hicks und seine Freunde wieder um ihr beschauliches Heimatdorf fürchten. Auf einem Ausflug entdecken Hicks und sein Drachen-Freund Ohnezahn eine Vorhut der Armee des furchteinflößenden Wikingerkriegers Drago Blutwurst. Dieser versklavt die friedliebenden Drachen und lässt diese für sich in die Schlacht ziehen. Natürlich können Hicks und Ohnezahn ein solch skrupelloses Verhalten nicht dulden und beschließen sich Drago Blutwurst zu stellen.

Gemeinsam mit den Zuschauern sind auch die Charaktere aus dem Animationsfilm „Drachenzähmen leicht gemacht“ gealtert. Das Sequel des Wikinger-Spektakels setzt ganze fünf Jahre nach den Geschehnissen des ersten Teils ein. Eigentlich sollte eine solche Ausgangssituation doch eine Steilvorlage für ambitionierte Drehbuchschreiber sein, denn aus den postpubertären Auswüchsen der jugendlichen Wikingerhelden hätten sicherlich einige unterhaltsame Momente entstehen können. Leider bleiben diese Chancen zumeist ungenutzt, denn wirklich bemerkbar in der Charakterzeichnung macht sich der Zeitsprung nicht. Leichte Bartstoppeln bei den jüngeren und die ersten grauen Haare bei einigen älteren Wikingern sind alles, was dem Dreamworks-Animationsteam eingefallen ist. Auch das hormonelle Chaos der Wikinger-Sprösslinge wird lediglich angedeutet, denn außer der ersten großen Liebe, die hier natürlich durch den Einsatz betörender und x-mal gesehener Super-Zeitlupen-Aufnahmen Einzug hält, bleiben die jungen Drachenreiter erstaunlich blass.

„Drachenzähmen leicht gemacht 2“ hat sich mit großen Schritten dem Mainstream-Publikum angenähert. „Größer! Weiter! Schneller!“ lautet die Parole dieser Fortsetzung. Die detaillierte Ausarbeitung der Charaktere wurde zugunsten actiongeladener Kampfsequenzen in den Hintergrund gerückt. Vielleicht auch besser so, denn die einzelnen Charaktere wirken inzwischen sehr auf den Massenmarkt angepasst, haben Ecken und Kanten eingebüßt oder kommen im wilden Treiben gar nicht erst zu Wort. Darunter haben besonders die Frauenfiguren im Film zu leiden. Eine der schönsten Szenen im ersten Teil war jene, in der Wikingerhäuptling Haudrauf seinem Sohn Hicks feierlich einen Helm aus einer Hälfte des Kampf-Brustpanzer seiner Mutterüberreicht. Hier wurden bestehende Schönheitsideale bewusst außen vor gelassen und so in wenigen Sekunden das Bild einer selbstbestimmten, kämpferischen Frauenfigur erschaffen, die sich bewusst abhebt von anderen Vertreterinnen ihres Geschlechts in Animationsfilmen. In „Drachenzähmen leicht gemacht 2“ wird nun eben jene Figur eingeführt und leider entspricht diese gerade in ihrer Erscheinung nicht dem Bild, das durch die kurze Charakterisierung im ersten Teil generiert wurde. Warum nun ausgerechnet Hicks Mutter aussehen muss wie eine nordische Schönheitskönigin, die schlank, faltenfrei und mit einer ungesund jugendlichen Ausstrahlung durch den Film schreitet, werden wir wohl nie erfahren.

Fazit: Spektakuläre Flugszenen und fulminante Schlachtspektakel: In Dean DeBlois „Drachenzähmen leicht gemacht 2“ stehen eindeutig die Schauwerte im Vordergrund. Leider wird darüber zu oft vergessen, dass gerade die wundervoll gezeichneten Charaktere den Charme der Serie ausgemacht haben. Freunde rasanter Animationsunterhaltung werden dennoch voll auf ihre Kosten kommen.

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