Kritik: Priscilla (USA 2023)

Eine Gastkritik von Marlies Teichmann

Priscilla Film 2023 Cailee Spaeny

Keep the home fires burning.

Umjubelter Rockstar verliebt sich in schüchternes Mädchen von nebenan. Was wie der Plot eines Hallmark Films oder eines kitschigen Märchens klingt, ist die Geschichte von Elvis Presley und Priscilla Beaulieu. Zumindest könnte man das meinen, wenn man nur den Teaser Trailer gesehen hat. In Wahrheit ist dies aber die Geschichte eines erwachsenen Mannes – Elvis ist zehn Jahre älter, als er die 14-jährige Priscilla kennenlernt – der ein junges Mädchen wie eine Puppe behandelt um sie nach seinen eigenen Vorstellungen zu formen.

Priscilla demonstriert beinahe lehrbuchhaft, wie es passieren kann, dass man in einer toxischen Beziehung landet und auch darin verbleibt. Auf der einen Seite sie, das schüchterne junge Mädchen, dem es schmeichelt, dass ihr ein Weltstar Aufmerksamkeit schenkt. Vor lauter Sehnsucht und Verliebtheit kritzelt sie, statt dem Lehrer zuzuhören, ihr Notizbuch mit Elvis’ Namen voll. Auf der anderen Seite der weltbekannte Star, der Drogen nimmt (und diese auch Priscilla gibt) und der zahlreiche Affären sowie unkontrollierte Wutausbrüche hat. Gleichzeitig zeigt er sich aber auch als Charmeur, beschenkt und umwirbt Priscilla und betont dabei immer wieder aufs Neue, wie wichtig sie ihm sei. Sofia Coppola zeigt uns meisterhaft beide Seiten dieser Beziehung und findet dabei eine gute Balance.

Coppola beweist wieder einmal, dass sie ein gutes Gespür für Ästhetik hat, um Gefühlswelten von Frauen zu erforschen. Die Kostüme sind atemberaubend und der Film mit seinen pastellartigen Tönen visuell ansprechend. Ebenso angetan war ich vom Soundtrack, der so gut wie keine Lieder von Presley enthält, da Coppola nicht die Rechte dafür erhalten hat. Zum Glück stört das aber überhaupt nicht, wenngleich man am Anfang vielleicht etwas verdutzt ist. Ich muss sagen, ich habe schon lange keinen Film mehr erlebt, bei dem ich mir gedacht habe, dieser Song passt einfach perfekt für diese Szene. Dieses Mal war es so. Der Song, den Coppola für die finale Szene gewählt hat, drückt meiner Meinung nach perfekt aus, was Priscilla in diesem Moment gedacht hat (immerhin hat sie Elvis immer als „die Liebe ihres Lebens“ bezeichnet). Dies betonte Priscilla Presley übrigens auch nochmals bei der Pressekonferenz in Venedig, bei der die mittlerweile 78-Jährige ebenfalls anwesend war. Darüber hinaus hat der Song aber auch noch eine andere Bedeutung: Und zwar ist es genau der Titel, den Elvis Priscilla auf den Stufen des Gerichtsgebäudes nach der Scheidung vorgesungen hat. Um welchen Klassiker es sich handelt, wird an dieser Stelle natürlich nicht verraten. Ein bisschen Spannung muss schließlich erhalten bleiben.

Aber all das wäre nichts ohne gute Schauspieler, und auch in diesem Aspekt enttäuscht der Film nicht. Jacob Elordi als Elvis wechselt problemlos innerhalb von Sekunden zwischen charmant, manipulativ und bisweilen aggressiv, und umgekehrt. Dennoch ist es Cailee Spaeny als Priscilla, die die Show stiehlt und damit nicht unverdient den Preis als beste Hauptdarstellerin bei der Weltpremiere in Venedig gewonnen hat. Sie verkörpert grandios die über lange Strecken des Films naive, unschuldige und hoffnungslos verliebte Priscilla. Man kann förmlich sehen, wie ihr das Herz bricht, jedes Mal, wenn Elvis sie zurückweist oder schlecht behandelt. Gleichzeitig gelingt es Spaeny aber auch, Priscillas allmähliche Verwandlung in eine aus eigener Kraft handelnde Frau, die weiß, was sie will, überzeugend darzustellen. Kaum zu glauben, dass es sich am Ende des Films um dieselbe Schauspielerin wie zu Beginn handelt.

Leider gibt es einen Aspekt, der mich vehement gestört hat: Der Großteil der 113-minütigen Laufzeit des Films konzentriert sich auf die Zeit vom ersten Zusammentreffen der beiden bis zu den Jahren vor der Hochzeit (einschließlich eines Zeitsprungs). Den eigentlichen Ehejahren und dem darauffolgenden Zerbrechen der Beziehung schenkt der Film jedoch überraschend wenig Zeit. So kommt Lisa Marie Presley kaum vor. Dies wirkt unausgegoren und hat bei mir das Gefühl hinterlassen, als würde der Film wichtige Aspekte auslassen, was mich frustriert hat. Durch die regelrechte Hast durch die Ehejahre – anders kann man es leider nicht nennen – bleiben bedauerlicherweise auch einige Fragen ungeklärt. Was veranlasst Elvis dazu, die schwangere Priscilla quasi aus dem Haus zu werfen? Wie haben sie sich wieder versöhnt? Wie schafft es Priscilla, den kontrollsüchtigen Elvis dazu zu bewegen, dass sie einige Zeit lang in Kalifornien wohnen darf? Das ist tatsächlich einer der Filme, bei denen ich mir einen Extended Cut wünschen würde, denn eines hat Priscilla mit Leichtigkeit geschafft: mein Interesse zu wecken. Ich überlege sogar ernsthaft, mir das Buch “Elvis and Me”, auf dem der Film basiert, zu kaufen.

Alles in allem ist Priscilla ein sowohl filmisch als auch erzählerisch gelungenes Biopic, das jede Sekunde unterhält und zuweilen sogar tiefere Einblicke in die Beziehung sowie die Gedanken von Elvis und Priscilla gewährt, als zuletzt Baz Luhrmanns Elvis (der aber natürlich auch ganz andere Schwerpunkte gesetzt hat). Beide Filme sind auf ihre ganz eigene Art absolut sehenswert und bilden ein beachtenswertes Double Feature.

Priscilla startet am 4. Januar 2024 deutschlandweit in den Kinos.

★★★★★★☆☆

1 Comment

  • Birgit

    Ja, die unschuldige naive Priscilla, wie sie sich gerne darstellt. Dieser Film ist leider nur einseitig, da Elvis sich nicht mehr äußern kann. Von Priscilla weiß man, dass sie die Dinge gern zu ihren Gunsten erzählt, Geschehnisse auch mal wieder anders erzählt aber immer darauf achtet, dass sie gut dasteht. Ja, Elvis hatte Affären, aber die angeblich so unschuldige Priscilla hatte auch welche während der Ehe. Eine sogar ca. 2 Mobate nach der Geburt von Lisa Marie. Und übrigens, Elvis hat Priscilla nicht während der Schwangerschaft rausgeworfen. Er hat eine vorübergehende Trennung vorgeschlagen, dies aber im selben Atemzug wieder verworfen. Fazit: Nettes Märchen von Miss Beaullieu mit wenig Wahrheit

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