“Never give up, though.”
1986, im Alter von fünf Jahren, schläft der junge Saroo in einem Zug ein und tritt unfreiwillig eine 1.600km lange Reise nach Kalkutta an. Komplett auf sich alleine gestellt und nicht die regionale Sprache Bengali sprechend, muss Saroo eine wochenlange Odyssee in der 15 Millionen Einwohner Stadt durchleben, bis ihn schließlich eine Organisation für Adoptionen von der Straße holt und zu einer Familie nach Tasmanien vermittelt. 25 Jahre später holt Saroo in Tasmanien die Vergangenheit ein und er begibt sich auf die Suche nach seinem Heimatort und nach seiner Familie.
So banal wie diese inhaltliche Zusammenfassung klingt, so unerträglich ist letzten Endes Garth Davis Regiedebüt Lion geworden. In drei größeren Abschnitten schickt Davis seinen Hauptcharakter Saroo auf einen von der ersten bis letzten Minute uninspierenden, komplett in Werbeästhetik gedrehten Trip. Enervierender Elendstourismus, Werbevideo für Tasmanien und zu guter Letzt die Suche nach seiner Familie, wobei ihn an dieser Stelle Google Earth tatkräftig unterstützten darf. Da fehlt eigentlich nur noch eine Hilfsperson, wie wir sie beispielsweise aus der RTL-Show Vermisst kennen.
Auch abseits dieser größeren Kritikpunkte hat Lion nichts zu bieten, was wir nicht aus thematisch ähnlich gestrickten Filmen kennen. Ob Slumdog Millionär oder Beasts of the Southern Wild, Davis schmeißt hier alles in einen Topf, was bereits in der Vergangenheit Erfolge und zahlreiche Oscar-Nominierungen oder -Auszeichnungen garantierte. Produzent Harvey Weinstein wird demnächst natürlich nach dem Hype, den er bereits vor der Weltpremiere von Lion auf den diesjährigen Filmfestspielen von Venedig losgetreten hat, freudig mit den Geldscheinen wedeln.
Bei all dem verwundert schließlich auch nicht mehr, dass Sia im Abspann noch einen ekelhaft pathetischen Song vor sich hinträllert und dazu aufruft “niemals aufzugeben”. Noch schlimmer als dieser Song ist jedoch der Score, der mit seinen allzu aufdringlichen Violinen- und Klavierklängen ab der ersten Minute jedweden emotionalen Zugang verhindert.
Schade ist es obendrein auch um die talentierten Darsteller Dev Patel und Rooney Mara, die einfach keine Möglichkeit bekommen ihr schauspielerisches Können zu zeigen, denn dem steht zu jedem Moment das uninteressante, stinkfade Drehbuch im Weg.
Fazit: Garth Davis Debütfilm Lion ist ein in seiner Unerträglichkeit nicht überbietbares Märchen nach einer wahren Begebenheit, welches allenfalls gute Werbung für Kinderadoption, Google, Tasmanien – ich könnte diese Aufzählung ewig weiterführen – ist.
Lion startet am 23. Februar 2017 deutschlandweit im Kino.
Gesehen im Rahmen des 41. Toronto International Film Festivals 2016