Kritik: A History Of Violence (USA 2005)

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What am I supposed to call you now? –
You’re supposed to call me Dad. That’s what I am, your Dad.

Mitten in der Nacht erwacht Sarah aufgrund eines Albtraums. Ihr Vater Tom (Viggo Mortensen) beruhigt sie sanft mit den Worten “There is no such things as monsters.” Wenige Tage später wird Tom in seinem Café von seltsamen Fremden aufgesucht, die ihn als Joey wiedererkennen. Tom weiss damit nichts anzufangen und versucht die Männer abzuwimmeln. Diese jedoch bleiben solange hartnäckig, bis alles in einer blutigen Auseinandersetzung gipfelt.

David Cronenberg nahm sich hier recht spät, aber nicht weniger effektiv wie beispielsweise Sam Mendes in “American Beauty”, der Destruktion der amerikanischen Idylle an. Basierend auf der Comic-Vorlage “A History of Violence” von John Wagner und Vince Locke schuf er ein extrem detailversessenes und pessimistisches Abbild einer Kleinstadt. All die schönen Dinge wie Baseball, Cheerleader und Sex werden hier zu einem bitteren Gewaltcocktail verrührt, der dem Zuschauer den Traum vom perfekten Leben sehr schnell austreibt. Die geradlinige Erzählform mag zwar im ersten Augenblick als zu simpel verurteilt werden, ist aber trotzdem anspruchsvoll. Die Kamera bleibt teilweise sehr lange an ein- und derselben Stelle, so dass sich die Figuren voll entfalten können. Dadurch nimmt der Zuschauer ab der ersten Sekunde, wenn anfangs nur eine Mauer und Stühle fotografiert werden, die Rolle des Voyeurs ein, der nur sehnlichst darauf wartet, dass etwas passiert. Der Mensch sehnt sich eben auch nur nach mehr. Die Ansichten sind hier allerdings verschieden, denn für den einen mag das ein geordnetes Familienleben sein und für den anderen die Beförderung zum Oberhaupt einer Mafia. Das wirkt einerseits befremdlich, andererseits spürt man, dass sich in dieser heilen Welt etwas zusammenbraut. Tatsächlich jedoch braut sich gar nichts zusammen, denn die Gewalt, von welcher Cronenberg erzählt, ist bereits da, wohin das Auge reicht, ob in der Schule oder innerhalb der Familie.

Cronenberg spielt dabei auch immer wieder mit religiösen Motiven, so beispielsweise dem Brudermord von Kain und Abel oder bricht gängige Klischees, wenn beispielsweise Toms eher feiger Sohn den coolen Macker vermöbelt, der alle Mitschüler drangsaliert. Allein dadurch erhält die eigentlich vorhersehbare Geschichte eine ganz neue Sichtweise. Meisterlich ist dabei auch, dass der Film einen vollkommen unbeabsichtigt zu Tränen rühren kann, durch kleine Gesten, minimale Mimik, gefühlvolle Melodien und präzise Kameraarbeit. Können wir unsere Zukunft jemals hinter uns lassen oder wird sie uns doch irgendwann hier oder dort einholen? Eine interessante Frage, auf die der Film zwar keine Lösung gibt, sondern uns stattdessen, und das ist noch viel besser, mehrere Zukunftsaussichten vorlegt.

In “A History Of Violence” geht es Schlag auf Schlag. Das mag viele schockieren und die Gewalt als unnötig erachten lassen. Schaut man jedoch genau hin, so eröffnet sich einem eine der ehrlichsten Auseinandersetzungen mit dem allgegenwärtigen Thema Gewalt. Viggo Mortensen füllt den zwiespältigen Protagonisten mit einer Intensität, die einen immer wieder erschauern lässt. Dabei erinnern seine Gewalthandlungen nicht ohne Grund an Klassiker wie “Wer Gewalt sät”. Sie spiegeln lediglich das Zerbrechliche in jedem von uns wieder, und ebenso zeigen sie, dass in jedem von uns Gefühle lauern, die, wenn man sie nicht im Griff hat, zerbersten, gleichsam eines Kopfes, der von einer Schrotflinte in alle Himmelsrichtungen verteilt wird. Den Zuschauer entlarvt Cronenberg dabei bis auf das Äußerste, was zum Beispiel mit einer zerschmetterten Nase verdeutlicht wird. Der Mann weiß eben, wie man künstlerisch und erzählerisch wertvolle Filme macht.

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