Kritik: Elvis (USA / AUS 2022) | Neu auf Blu-ray

– gesehen im Rahmen des 75. Festival de Cannes (außerhalb des Wettbewerbs) –

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© Warner Bros. Pictures

Some people wanted to put me in jail because of the way I was moving.

Der australische Regie-Exzentriker Baz Luhrmann meldet sich fast ein Jahrzehnt nach Der große Gatsby (2013) endlich mit einem neuen Film zurück. Endlich deswegen, weil ich ein Riesenfan von Baz Luhrmanns chaotischen, lauten, bunten sowie episch ausgerichteten Filmwelten bin. Selbst dem fast dreistündigen Kriegsdrama Australia (2008) konnte ich, im Gegensatz zu den meisten, etwas abgewinnen. Und wie zu erwarten, hat Baz Luhrmann erneut einen durch und durch stylischen Film gedreht, der die Gemüter ebenso wie sein bisheriges Schaffen, darunter ebenfalls der von mir verehrte Moulin Rouge! (für mich eines der besten Musicals aller Zeiten), spalten wird. Elvis ist das erste Biopic, welchem sich Baz Luhrmann angenommen hat. Und niemand sonst hätte den King of Rock ’n’ Roll in solch einer spektakulären Form in Szene setzen können. Dass dies nicht nur eine Auftragsarbeit ist, sondern dass Baz Luhrmann Elvis Presley verehrt, ist in jeder Szene spürbar. Aber auch ein Nachteil.

Woran sich nämlich viele stören werden ist, dass Elvis kein feinfühliges Charakterdrama ist, wie zuletzt beispielsweise der unvergessliche A Star Is Born (2018) mit Lady Gaga und Bradley Cooper. Sondern stattdessen ein einziger fulminanter, 159-minütiger Trailer über “The King” (wie er ebenfalls genannt wird wegen seiner Erfolge, seiner Ausstrahlung und seines Einflusses auf verschiedene weitere Musikgenres), der bis heute den Rekord für die meisten verkauften Single Records weltweit hält, obwohl er nie außerhalb der Vereinigten Staaten aufgetreten ist. Eine Tournee-Karriere in Übersee blieb Elvis Presley wegen seines Managers Colonel Tom Parker (gespielt von Tom Hanks), der selbst hochverschuldet war und Elvis somit vertraglich an Auftritte in Las Vegas band, nämlich sein Leben lang verwehrt. Elvis gab 1957 drei Konzerte in Kanada, bevor er zum Superstar wurde. Anstatt später die Bühnen der Welt zu erobern, blieb er von 1969 bis 1976, also bis zu seinem Tod, hingegen ein fester Bestandteil des International Hotel in Las Vegas. Elvis Presley an die Stadt der Sünde zu binden, war nur einer von Parkers Coups. Wie sehr Elvis unter dessen Einfluss gelitten haben muss, dafür gibt uns Baz Luhrmann immer wieder ein Gefühl, ohne es damit jedoch zu übertreiben.

Elvis ist daher zum Glück auch kein langeweiliges Drama über das Geschäft hinter der Bühne geworden. Für dieses Verständnis reicht es aus, was uns Baz Luhrmann über die Elvis-Parker-Beziehung zu sagen hat. Mehr jedoch erfahren wir nicht über die harte Showwelt von Las Vegas. Der Fokus des Films bleibt während der kompletten Laufzeit auf der Ekundung der Musik des Ausnahmekünstlers in Hinsicht auf die komplizierte Dynamik zwischen ihm und seinem Manager liegen, welche sich über mehr als zwanzig Jahre erstreckte – von Elvis’ Aufstieg bis hin zu seinem Weltruhm. All das vor dem Hintergrund der sich in den USA entwickelnden Musik- und Kulturlandschaft und des gesellschaftlichen Verlusts der Unschuld. Im Mittelpunkt dieser Reise hätte sicherlich auch eine der bedeutendsten und einflussreichsten Personen in Elvis’ Leben stehen sollen: Priscilla Presley (Olivia DeJonge). Leider allerdigs kommt die Beziehung zwischen Elvis und seiner Ehefrau, genauso wie die zu seiner Tcchter, zu kurz und wird arg klischeehaft und fast schon lieblos behandelt.

Elvis-Film-2022-Tom-Hanks
© Warner Bros. Pictures

Über den Alltag hinter der Bühne hat Baz Luhrmann also nicht sonderlich viel zu sagen. Er konzentriert einzig auf Elvis’ schwierige Beziehung zu Parker, der Elvis während seiner kompletten Karriere, bis er schliesslich im viel zu jungen Alter von 42 Jahren verstarb, ausnutzte. Und neben dieser Beziehung steht fast durchgehend der Mythos Elvis und damit seine bis heute einflussreiche Kunst des Performens im Vordergrund. Dies ist die große stärke des Biopics, welches gar nicht erst versucht in den Künstler zu schauen. Stattdessen bekommt der Zuschauer wirklich einige absolut beeindruckende Bühnensequenzen zu bieten, von seinen ersten Konzerten, welche ihn zum Star machten, bis hin zu seinen sagenumwobenen Auftritten im Hotel International in Las Vegas, wo er für den Großteil seiner Karriere auf der Bühne stand. Stellt euch vor, das Konzert am Ende von Bohemian Rhapsody (2018) wäre in Filmlänge gedreht worden. Dann erhaltet ihr einen ziemlich guten Eindruck davon, welche Leidenschaft für Elvis’ Konzerte einen bei Baz Luhrmanns überbordernder Regie erwarten. Austin Butler, bisher nur bekannt aus einer kleineren Nebenrolle in Quentin Tarantinos Once Upon A Time… In Hollywood (2019), macht hierbei mit seinem extremen körperlichen Einsatz ganz besonders auf sich aufmerksam und positioniert sich als erster Hauptdarsteller des Jahres für die nächste Oscar-Verleihung.

Baz Luhrmanns erster Film seit fast zehn Jahren kommt wirklich in jeder Hinsicht brachial daher. Neben Dune vergangenes Jahr hat Elvis einen der bombastischsten Soundteppiche zu bieten, welche ich bis heute im Kino erlebt habe. Man wähnt sich bei jedem von Elvis’ Konzerten mittendrin und allein das macht Baz Luhrmanns extravagantes Biopic sehenswert. Wen das Musische in filmischer Form allgemein schon nicht tangiert, der wird auch mit Elvis nicht sonderlich viel anfangen können. Für alle anderen: Das Biopic wurde für das Kino gedreht und, ob Elvis-Fan oder nicht, wenn ihr euch den Film anschaut, dann solltet ihr euch dafür unbedingt die größte Leinwand mit dem besten Soundsystem in eurer Nähe aussuchen.

Hier geht es zum Trailer auf Youtube.

Elvis startet am 23. Juni 2022 deutschlandweit in den Kinos. Ab dem 22. September 2022 ist der Film fürs Heimkino erhältlich.*

 

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