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Das Kinojahr versprach große Filme von großen Namen, darunter Denis Villeneuve, Francis Ford Coppola, Alex Garland, George Miller, Todd Phillips und mehr. Bereits vor einem Jahr fiel mir eine Auffälligkeit auf: Und zwar, dass es 2024 überdurchschnittlich oft ins Weltall gehen wird. Während sich I.S.S. und The Challenge (der erste im Weltall gedrehte Spielfilm) im Erdorbit abspielen und Slingshot, Atlas und Spaceman in tiefere Gefilde vordringen, ging es auch auf alienverseuchte Raumschiffe (Alien: Romulus) und zu den entferntesten Orten nach Arrakis (Dune: Part Two). Einige große Werke waren dabei, aber auch einige derbe Enttäuschungen.
Darüber hinaus bot das Filmfestival in Cannes erneut unvergessliche Erlebnisse, besonders in den Abendstunden (siehe mein Platz 1). Bereits nach meinem zweiten Cannes-Besuch fühlte sich das Festival fast nach Zuhause an. Wenn man die Promenade zum Festivalgelände entlang schlendert, oder Teil davon ist, wenn der nächste große Hit in den gigantischen Kinosälen geboren wird. Venedig musste dieses Jahr auf mich verzichten, stattdessen bot sich das K3-Filmfestival in Villach als kleine aber feine Alternative an. Erneut will auch ich meine Top Ten dieses Jahr festhalten, denn was wäre schon ein Kinojahr, ohne ein Resümee zu ziehen? Wieder der Hinweis: Bei CinemaForever.net werden generell Filme mit aktuellem Produktionsjahr beim Jahresrückblick berücksichtigt. A Killer Romance (Hit Man) oder Poor Things beispielsweise, die vermutlich in vielen anderen Bestenlisten auftauchen werden, sind hier also nicht vertreten, da ich diese schon 2023 gesehen habe. Samsara aus dem letzten Jahr, den ich erst vor wenigen Wochen gesehen habe und gern in einer Top Ten gehabt hätte, ebenso wenig.
Jetzt aber viel Spaß beim Entdecken meiner Top 10! Welcher ist euer Lieblingsfilm des Jahres?
Lobenswerte Erwähnungen:
– Civil War (Alex Garland, Kinostart 18.04.24)
– Dune: Part Two (Denis Villeneuve, Kinostart 28.02.24)
– Emilia Pérez (Jacques Audiard, Kinostart 28.11.24)
– Joker 2 – Folie à deux (Todd Phillips, Kinostart 02.10.24)
– Spaceman (Johan Renck, 01.03.24 Netflix)
– The Challenge – Die Herausforderung (Klim Schipenko, Kinostart unbekannt)
– The Dead Don’t Hurt (Viggo Mortensen, Kinostart 08.08.24)
Die größten Enttäuschungen:
– Alles steht Kopf 2 (Kelsey Mann, Kinostart 12.06.24)
– Der Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim (Kenji Kamiyama, Kinostart 12.02.24)
– Der Schacht 2 (Galder Gaztelu-Urrutia, 04.10.24 Netflix)
– Longlegs (Osgood Perkins, Kinostart 08.08.24)
Die schlimmsten Filme des Jahres:
A Quiet Place: Day One (Michael Sarnoski), Alien: Romulus (Fede Alvarez), The Fall Guy (David Leitch), I.S.S. (Gabriela Cowperthwaite), It Ends with Us (Justin Baldoni) sowie Motel Destino (Karim Aïnouz)
2025 – meine meisterwarteten Filme:
Flowervale Street (David Robert Mitchell), La Cocina – Der Geschmack des Lebens (Alonso Ruizpalacios), Lucy Grizzli Sophie (Anne Émond), Mickey 17 (Bong Joon Ho), Nosferatu (Robert Eggers), The Brutalist (Brady Corbet) und Tron: Ares (Joachim Rønning)
Hier geht es zu meinen Lieblingsfilmen der letzten Jahre: 2023
Und hier nun meine Top 10 Lieblingsfilme des Jahres 2024:
10 | My Old Ass
von Megan Park, mit Maisy Stella und Aubrey Plaza (exklusiv bei Amazon Prime)
Nach Aftersun, How to Have Sex und weiteren Beispielen aus den letzten Jahren bin ich dem Coming of Age-Genre näher gekommen wie noch nie zuvor. Auch My Old Ass lässt sich in diese Kategorie einordnen. Zugegeben ist das im Vergleich zu den beiden anderen Filmen deutlich gewöhnlicher und weniger ernst, doch nicht minder charmant. Auch wenn es um das Altern und die eigenen Ziele im Leben geht, wird alles so verpackt, dass man sich nicht mit zu vielen Selbstfragen herumschlagen muss. Von allen Filmen dieser Liste ist er der entspannteste – und das kann bei so vielen Dramen und ernsten Themen schon einmal eine echte Wohltat sein. [Trailer]
9 | A Different Man
von Aaron Schimberg, mit Sebastian Stan, Renate Reinsve, Adam Pearson (Kinostart 05.12.24)
Wenn Menschen zur Schönheitschirurgie greifen, ist der Weg endlich zum Erfolg geebnet – so will es uns Hollywood zumindest immer wieder verkaufen. Hin und wieder kommen auch Filme heraus, die sich diesem Thema kritisch annähern. In den besten Fällen kann das sehr tangierend sein. A Different Man lässt sich in die Liste jener Werke einordnen, die begeistern. Zu keiner Zeit ist seine Geschichte billig und kratzt an der Oberfläche, ganz im Gegenteil. Tief werden geistige Welten erkundet, ohne die Schönheitschirurgie Minute für Minute plakativ durch den Dreck zu ziehen. Stattdessen liegt der Fokus ganz auf dem Individuum und auf der Suche nach dem rechten Fleck auf der Bühne des Lebens. Ein wahrlich gelungenes Portrait über das Begehren und das Verabscheuen. [Trailer]
8 | Monkey Man
von Dev Patel, mit Dev Patel und Sharlto Copley (Kinostart 04.04.24, bereits fürs Heimkino erhältlich)
Filme mit Liam Neeson oder Keanu Reeves, die wie Irre durch Städte und Kontinente ziehen und auf Rache sinnen, funktionieren vermutlich deswegen nicht mehr, da sie nach dem Zusatzcontent-Prinzip funktionieren. Eine neue Figur hier, ein neuer Gegner da, eine nicht aufzuhören wollende Repetitivität und absolut kein Interesse für die Welt, in der sie spielen. Dev Patel schuf mit Monkey Man einen auf den ersten Blick identischen Film, der sich jedoch sehr wohl für seine Welt interessiert. Ob das rein am Setting im indischen Großstadtdschungel liegt, steht natürlich nochmal auf einem anderen Blatt. Sei’s drum: Monkey Man ist der sehr viel bessere John Wick und eine Perle im Actionkino. [Trailer]
7 | The Surfer
von Lorcan Finnegan, mit Nicolas Cage (gesehen in Cannes, Kinostart unbekannt)
Nicolas Cage ist mittlerweile ohne Zweifel die Verkörperung von „Hit or miss?“. Oft schon gab es Hits mit der Schauspielikone, doch auch genauso viele Miss(t)-Filme. The Surfer ist glücklicherweise wieder ein richtiger Hit. Zum einen liegt das an Cage selbst, der einmal wieder eine eindringliche wie ekelhafte Performance abliefern darf. Zum anderen liegt es aber auch daran, dass dies, lange nach Fight Club, der neue Goldstandard für den Männerfilm sein wird. Mit Sicherheit wird der Film besonders in der Männercoaching-Szene wie eine Bombe einschlagen, da er ganz klar, ohne viel Herumredens, über den Mann in der aktuellen Gesellschaft spricht. Bei so vielen Diskursen rund um Feminismus und die moderne Frau innerhalb der letzten Jahre, kommt The Surfer zu einem hervorragenden Zeitpunkt. [Trailer]
6 | Der Spatz im Kamin
von Ramon Zürcher, mit Maren Eggert und Britta Hammelstein (Kinostart 10.10.24)
Die Zürcher Tier-Trilogie ist mit dem Erscheinen des dritten Aktes nun ein abgeschlossenes Werk. Mit Das merkwürdige Kätzchen weckten sie meine Neugier und bereits beim zweiten Werk Das Mädchen und die Spinne war es um mich geschehen. Mit Der Spatz im Kamin wurde die Tier-Trilogie noch einmal gesichtet, mit dem Ziel, diese doch recht schrägen und seltsam von der Realität entrückten Filme genauer zu analysieren. Heraus kam ein Triptychon, welches ihr hier lesen könnt. Allein der Umstand, dass die Zürchers zeigen, wie anders deutsches Kino auch einmal sein kann, erlebt man nicht jeden Tag. Es ist eine hervorragende Filmtrilogie mit einem grandiosen Abschlusstitel. [Trailer]
5 | Love Lies Bleeding
von Rose Glass, mit Kristen Stewart und Katy O’Brian (Kinostart 18.07.24, bereits fürs Heimkino erhältlich)
Die Kombination aus Sport, Muskeln und Kino hat schon die krudesten Werke hervorgebracht (yes, I’m looking at you, Pain and Gain). Rose Glass zeigte in diesem Jahr wiederum, wie eine clevere und vielschichtige Produktion in der Hinsicht aussehen kann: Knochenbrechend, pulsierend, gewalttätig, lustvoll, einschüchternd, sexy, schweißtreibend, verrückt, aber auch unglaublich unterhaltsam. Wunderbar geht es auf, dass Love Lies Bleeding eine gänzlich kalte Welt zeichnet und diese mit körperlicher Wärme zum Schmelzen bringt. Das brutal-feminine Werk schafft es damit nicht nur in meine Top Ten 2024, sondern auch in meine Liste der tollsten Frauenfilme, die von Thelma & Louise angeführt wird. [Komplette Kritik]
4 | Beating Hearts
(L’Amour ouf)
von Gilles Lellouche, mit Adèle Exarchopoulos und François Civil (gesehen in Cannes, Kinostart 27.03.25)
Die Dualität von Licht und Dunkelheit prägt nicht nur das Leben, sondern auch das Kino. Von dezenten schwarz-weiß Tönen, bis hin zu hochgradig experimentellen Stilistiken, ergibt sich eine große Bandbreite. Auch Beating Hearts mischt in dieser Hinsicht mit und präsentiert nicht nur dunkle und helle Bilder, sondern ebenso die Verschmelzung von Romanze und grausamer Brutalität. Meine sich schnell entwickelnde Liebe mag an den unzähligen Songs von The Cure liegen, die im Film vorkommen, aber auch an dem großen Zugeständnis von Regisseur Gilles Lellouche: Sein Kino ist keines, welches auf Sparflamme läuft, sondern eines, dass das Herz schneller schlagen lässt. [Trailer]
3 | Anora
von Sean Baker, mit Mikey Madison, Mark Eydelshteyn und Yura Borisov (gesehen in Cannes, Kinostart 31.10.24)
Mit Blick auf meine ausführliche Kritik halte ich mich bei Anora kurz. Mit Sean Bakers Unterhaltungsdrama ist ein wahrlich gelungener Film entstanden, der sich seiner Stärken sehr bewusst ist. Der filmische und zu jeder Zeit lockere Charakter trifft dabei sehr präzise auf narrative Umkehrungen. Eigentlich malt man sich beim Zuschauen schon sehr genau aus, wie der Film voranschreiten wird, den unzähligen Filmen, die versucht haben, die Regeln des Kinos zu etablieren, sei Dank. Sean Bakers Film steht deutlich über jenen Gesetzmäßigkeiten und hinterlässt uns eine einmalige Fragestellung. Ist das hier wirklich alles nur eine überspitzte Karikatur des Lebens? Oder ist Anora nicht doch viel näher am Leben als man denkt?
2 | Megalopolis
von Francis Ford Coppola, mit Adam Driver und Nathalie Emmanuel (gesehen in Cannes, Kinostart 26.10.24)
Ebenfalls in Cannes gesichtet, bietet Coppolas Werk genau das, was sein Titel schon anmuten lässt. Das megalomanische Filmprojekt strotzt nur so vor Größenwahn, in dem ein ganzes Wörterbuch verarbeitet wird: Von A wie Amerika und Architektur, bis hin zu Z wie Zukunft und Zeit. Darüber hinaus ist eine gewisse Parallele zu einem Trend auf TikTok auszumachen. Dort wird in vielen Videos gefragt: “How often do you think about the Roman empire?” Überraschend oft antworten die Männer: “Häufiger als du denkst.” Gleiches lässt sich auch von Megalopolis sagen, da nicht nur Geschichte und Kultur zusammenfließen, sondern genauso die Faszination nach etwas weit Entfernten. Wie das Römische Reich, ist auch Megalopolis so weit vom Alltag des Zuschauers entfernt, wie es ein Film nur sein kann. Es ist mir ein Rätsel, warum der Film bei mir trotz all dem einen Nerv trifft. Ein wahrlich geschichtsträchtiger Film, der Gladiator II gar nicht erst die Gelegenheit bot, die Trendfrage auf TikTok für sich selbst zu instrumentalisieren.
1 | The Substance
von Coralie Fargeat, mit Demi Moore und Margaret Qualley (gesehen in Cannes / Kinostart 19.09.24)
In den späten Abendstunden in Cannes war es ein überraschender Hochgenuss, The Substance mit tausenden Menschen um mich herum zu bestaunen. Genug Gesichter gab es dennoch, die förmlich schrien nach: “Wo bin ich denn hier nur hineingeraten??” Ich pflege mittlerweile zu sagen: Das war kein Kino mehr, das war eine wilde Party! Alles Weitere könnt ihr in meiner ausführlichen Kritik nachlesen.
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