Kinotipp der Woche: Der Niemals Selten Manchmal Immer* des französischen Kinos, jedoch setzt Audrey Diwans letztjähriger Gewinner des Goldenen Löwen in Venedig seine Zuschauer*innen in die 60er Jahre zurück, als es ungewollt schwanger gewordenen Frauen noch verboten war Abtreibungungen durchführen zu lassen. Herausgekommen ist ein wirklich exzellenter Coming-of-Age-Film, der inbesondere dank Anamaria Vartolomeis einnehmenden Schauspiels begeistert. Mit ihrer Darstellung der Studentin Anne vermittelt Vartolomei bewegend und glaubhaft die Einsamkeit junger, unfreiwillig schwanger gewordener Frauen. Audrey Diwans virtuose Regie ist hier ebenfalls hervorzuheben, denn insbesodere ohne die fantastische Arbeit mit der Kamera, welche Vartolomei stets aus nächster Nähe begleitet, hätten die verzweifelte Suche Annes nach einem Ausweg sowie ihre körperlichen und seelischen Qualen nicht so überzeugend abgebildet werden können. Das Ganze gipfelt sogar in einer cronenbergschen Entschlossenheit, die letzten zwanzig Minuten gehören zum Intensivsten, was das vergangene Produktionsjahr hervorgebracht hat. Und selbst wenn die Handlung im Frankreich vor 1975 angesiedelt ist, als Abtreibungen noch mit dem Gefängnis bestraft wurden, schadet es sich sicherlich nicht, auch heutzutage daran zu erinnern, dass es noch immer die Frauen sind, die am meisten an einer ungewollten Schwangerschaft leiden. Andernorts ist dieses Thema nämlich leider nach wie vor brandaktuell. [Trailer]
Ebenfalls ab dem 31. März im Kino: Ashgar Farhadis äußerst sehenswertes Heimatdrama A Hero (Trailer, mehr dazu in meinem letztjährigen Cannes-Recap) und Daniel Espinosas Morbius mit Jared Leto und Michael Keaton (Trailer).
Streaming-Tipp der Woche (aktuell noch im Prime-Abo* enthalten): Thomas Vinterberg hat mit Der Rausch (internationaler Titel Another Round) einen berauschenden, erfrischenden, anarchistischen Film geschaffen, der völlig abseits des plumpen Moralismus steht. Es ist kein Problemfilm – zumindest ist nicht der Alkohol hier das eigentliche Problem, sondern vielmehr unsere mutlose, lethargische, kleinbürgerliche Gesellschaft, die nicht mehr im Stande ist, die notwendigen Alternativen in Betracht zu ziehen und danach zu handeln. Vinterberg zeigt dagegen mit berauschender Leichtigkeit auf, dass ein gutes, ein besseres Leben möglich ist. Der Film fließt den Hals eines Cineasten hinunter wie ein reifer, aber doch verspielter, wohl dosierter Wein. Ich nehme gerne noch ein Glas, Herr Ober. [Zur kompletten Kritik von Gastautor Sascha]
Ebenfalls neu als Streaming: Judd Apatows neue Komödie The Bubble (ab 01.04. exklusiv bei Netflix), Darren Aronofskys Requiem for a Dream (aktuell im Prime-Abo* enthalten) und Kenneth Branaghs misslungene Neuverfilmung von Tod auf dem Nil (ab dem 30. März bei Disney+).
TV-Tipp der Woche: Im Netz des Kannibalen – am Montag, den 28. März um 21:45 Uhr könnt ihr euch mal wieder dem Psychoduell zwischen Jodie Foster und Anthony Hopkins hingeben. Jonathan Demmes Verfilmung des gleichnamigen Buches Das Schweigen der Lämmer ist bis heute einer der größten Erfolge der Oscar-Geschichte, immerhin gewann der Film fünf Oscars und dabei sogar die fünf Wichtigsten: Die Auzeichungen für den besten Film, die beste Regie, den besten Hauptdarsteller, die beste Hauptdarstellerin und das beste adaptierte Drehbuch gingen in diesem Jahr völlig zu Recht an diesen modernen Psychothriller-Klassiker. [Komplette Kritik]
Weitere TV-Tipps: Ebenfalls am Montag, 28. März um 20:15, also vor Das Schweigen der Lämmer, zeigt arte John Sturges Western-Klassiker Der letzte Zug von Gun Hill mit Kirk Douglas und Anthony Quinn. Und am kommenden Sonntag, 3. April um 20:15 Uhr zeigt arte Clint Eastwoods Mystic River mit Sean Penn in der Hauptrolle.
Zudem erwähnenswert: Guillermo del Toros sehenswerten Modern Film Noir Nightmare Alley mit Bradley Cooper, Cate Blanchett und Rooney Mara könnt ihr bereits bei Disney+ streamen, ab dem 31. März ist dieser auch auf DVD und Blu-ray* für das Heimkino erhältlich.
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