In space, no one can hear you.
1979 zauberte Ridley Scott mit Alien, seinem damals erst zweiten abendfüllenden Spielfilm, eine ebenso bahnbrechende sowie beängstigende Vision des Weltraums auf die große Leinwand. Erzählt wurde eine auf den ersten Blick triviale Geschichte über das Leben einer Crew auf einem Raumfrachter – der Nostromo – die jedoch unvermittelt mit einem tödlichen, außerirdischen Parasiten konfrontiert wird. Ridley Scotts Meisterwerk vereinte Elemente des Horror- und Science-Fiction-Genres auf eine Weise, die bis dahin unerreicht war. Obendrein etablierte er die Figur des Xenomorphs als eines der ikonischsten Monster der Kinogeschichte und setzte damit neue Maßstäbe in Bezug auf subtilen Spannungsaufbau, kreatives Set-Design und atmosphärisches Erzählkino.
Sieben Jahre später, 1986, nahm James Cameron die Herausforderung an, das Universum von Alien erstmals weiter auszubauen. Mit Aliens – Die Rückkehr schuf er eine Fortsetzung, die das Erbe des Originals mithilfe zahlreicher neuer Aspekte respektierte. Die Interpretation des Titanic-Regisseurs verstärkte das Action-Element signifikant, indem er eine militarisierte Einheit in einen bestialischen Kampf gegen eine Gruppe von Xenomorphs schickte. Das Ergebnis: Aliens – Die Rückkehr brillierte sowohl in seiner Intensität als auch in seiner Inszenierung und hob das Franchise auf ein neues Level, ohne dabei den psychologischen Horror des ersten Teils aus den Augen zu verlieren.
Seitdem konnte das Alien-Franchise bedauerlicherweise nicht mehr denselben Enthusiasmus entfachen: David Finchers Alien 3 (1992) versuchte frische Wege zu gehen, indem er eine nihilistische Vision präsentierte, blieb jedoch trotzdem hinter den Erwartungen zurück. Alien: Die Wiedergeburt (1997) unter der Regie von Jean-Pierre Jeunet (Die fabelhafte Welt der Amélie) verfolgte einen bizarreren, surrealen Ansatz, der zwar kreative visuelle Elemente bot, jedoch im Großen und Ganzen ebenfalls als ernüchternd wahrgenommen wurde.
In den 2010er Jahren versuchte Ridley Scott selbst, mit den Prequels Prometheus (2012) und Alien: Covenant (2017), das Franchise neu zu beleben. Diese Filme widmeten sich dem Ursprung der Xenomorphs und der allgemeinen philosophischen Frage nach dem Ursprung des Lebens. Obwohl Prometheus visuell beeindruckend war und spannende Ideen aufwarf, blieb die Resonanz, die Scotts ursprünglicher Film erzeugte, erneut weitgehend aus. Alien: Covenant wiederum konnte nur noch weniger die Magie des Originals einfangen.
Nun steht mit dem neuesten Franchise-Beitrag, Romulus, ein weiterer Science-Fiction-Actionfilm in den Startlöchern, der die Fans seit Monaten hoffen lässt. Regie führt diesmal der uruguayische Filmemacher Fede Alvarez, der bereits 2013 sein Können im Genrekino bewies, als er im Evil Dead-Universum neue Impulse setzte und mit seinem Remake einen ebenso erbarmungslosen wie psychologisch nachwirkenden Horrorfilm schuf. Danach folgten von Alvarez mit Don’t Breathe und The Girl in the Spider’s Web zwei mediokere Regiearbeiten, bevor er jetzt die Gelegenheit bekam, sich in einem der populärsten Science-Fiction-Universen auszutoben und seine eigene düstere Alien-Vision auf die große Leinwand zu bringen.
Das Ergebnis ist leider nur ein weiteres mittelmäßiges Franchise-Produkt, das kaum Eindruck hinterlässt und sich nicht lange in Erinnerung hält – stattdessen vielmehr einen Alien-Film für die Generation TikTok darstellt… In Romulus ist wirklich alles auf Kurzweiligkeit und Kurzlebigkeit getrimmt! Schnell geschnittenes Effektgewitter trifft auf farblose Figuren. Abgesehen von den zwei Hauptfiguren, gespielt von Priscilla– sowie Civil War-Star Cailee Spaeny und David Jonsson Fray, bietet Romulus nur schablonenhafte Typen – einschließlich der großen Enthüllung, über die an dieser Stelle natürlich nichts weiter verraten wird.
Die einzige Stärke von Alien: Romulus ist, dass Fede Alvarez zurück zu den Wurzeln des Franchises findet. Das Set Design des Raumschiffes “Romulus und Remus”, in welchem der Großteil des Films spielt, oder der Look des Minenkolonie-Planeten am Anfang des Films sind lobenswert. Nicht weniger aufwendig war die maschinelle Neugestaltung des Xexnomorphs (siehe erste Tests). Die Kombination aus CGI und praktischen Effekten ist weitgehend äußerst stimmig. Doch diese aufwendigen Elemente des Films können mit dem Voranschreiten der Laufzeit immer weniger die großen Schwächen kaschieren.
Cailee Spaeny kann sich noch so sehr ins Zeug legen, ihre tragende Rolle ist ihr, denkt man nur eine Sekunde zurück an Sigourney Weavers fesselnde Präsenz, irgendwann nicht mehr abzunehmen. Und auch spricht es nicht gerade für Romulus, wenn eine ganze Horde von Aliens und Face Huggern (bereits im Trailer zu sehen) weniger Schrecken verbreiten als das eine Alien im Originalfilm. Die zunehmende Präsenz der Weltraummonster kann die Regie nur mit immer ausufernderen Actionszenen und Twists kompensieren. Wirkliche Schockmomente bleiben dabei jedoch auf der Strecke. Stattdessen bleiben besonders zwei Szenen in Erinnerung, die sich wie eine wilde Achterbahnfahrt anfühlen – eine davon in absoluter Schwerelosigkeit, sie dürfte trainierte Astronauten neidisch machen!
Ob sich der Kinobesuch lohnt, hängt letztlich von den persönlichen Erwartungen ab. Alien: Romulus setzt vor allem auf hektischen Krawall statt darauf, dem Franchise frische, tiefgründige Perspektiven und einen modernen, philosophischen Sci-Fi-Diskurs hinzuzufügen. Während dies kurzfristig für Unterhaltung sorgt, bleibt der Film insgesamt doch recht oberflächlich. Anders als die ersten beiden Alien-Filme verlockt Fede Alvarez’ Franchise-Beitrag damit nicht gerade dazu, für kommende Filmabende wieder hervorgeholt zu werden.
Kinostart: 15. August 2024
Regie: Fede Alvarez
Darsteller: u.a. mit Cailee Spaeny und David Jonsson Fray
FSK-Freigabe: ab 16
Verleih Kino: Walt Disney Studios Motion Pictures
Laufzeit: 1 St. 59 Min.
★★★★☆☆☆☆
vllt. lässt sich den heutigen “Franchises” prinzipiell nichts tiefgründiges zuführen