Kritik: Maestro (USA 2023) – A Star Is Born 2?

– gesehen im Rahmen der 80. Filmfestspiele von Venedig 2023, Kritik erstmals zu lesen am 2. September 2023 –

Maestro 2023 Film Netflix
1946 – Leonard Bernstein und Felicia Montealegre lernen sich kennen

Try to just concentrate.

Bis vor ein paar Jahren machte sich Bradley Cooper ausschließlich vor der Kamera einen Namen. Einerseits mit erfolgreichen Komödien wie Hangover und Silver Linings (für den er seine erste, absolut verdiente Oscar-Nominierung erhielt), anderseits aber auch beispielsweise im Marvel-Universum, in der Guardians of the Galaxy-Reihe konnte er als Stimme des toughen Waschbären Fuß fassen. Mittlerweile konnte Bradley Cooper sogar schon neun Oscar-Nominierungen auf seinem Konto verbuchen, auch wenn sicherlich nicht alle davon verdient waren (American Sniper *hust*).

Vergeben & vergessen! Im Jahr 2018 gab Bradley Cooper sein unerwartet spektakuläres Regiedebüt. Mit sich selbst und Popstar Lady Gaga vor der Kamera ist ihm mit A Star Is Born ein herausragender Musikfilm gelungen, der durch eine mitreißende Handlung, die ergreifenden Originalsongs, Coopers einfühlsame Regie und vor allem die Chemie zwischen ihm und Lady Gaga mein Herz gewonnen hat. Der Film berührt darüber hinaus zutiefst durch seine Auseinandersetzung mit der Frage, wie Liebe und Selbstverwirklichung harmonieren können.

In seiner erst zweiten Regiearbeit widmet sich Bradley Cooper nun Leonard Bernstein, der u.a. mit seinen Broadway-Kompositionen (West Side Story), aber auch mit der einen oder anderen Filmmusik (Die Faust im Nacken) ein für viele beeindruckendes Erbe in der Welt der Musik hinterlassen hat, welches seitdem Generationen von Musikern und Musikliebhabern inspiriert. Auch sein Engagement in sozialen Fragen sowie seine Offenheit in Bezug auf seine sexuelle Orientierung und mentale Gesundheit machten ihn beliebt, immerhin trugen sie einiges zur Enttabuisierung in der US-amerikanischen Gesellschaft bei.

Maestro Bradley Cooper Carey Mulligan
Leonard Bernstein und seine Frau Felicia Jahrzehnte später

Bei allem, was es über den Dirigenten und Komponisten zu erzählen gibt, verlässt sich Bradley Cooper am Ende aber leider zu sehr auf das Erfolgsrezept von A Star Is Born. Als Konzertfilm ging dieser in der Summe fast perfekt auf. Die zentrale Rolle nimmt in Maestro wieder eine Beziehung ein, nämlich Bernsteins Liaison mit Felicia Montealegre Cohn Bernstein (Carey Mulligan) – vom ersten Kennenlernen bis zur ihrem tragischen Krebstod ist das zwar schon erinnerungswürdig gespielt und das Leben der beiden bewegt – vor allem auch dadurch, dass Bradley Coopers Inszenierung erneut über jeden Zweifel erhaben ist.

In der Summe ist das aber zu wenig. Bedenkt man, welche politischen Geschehnisse Leonard Bernsteins Lebenszeit prägten und wie leidenschaftlich er sich für soziale und politische Themen einsetzte, ist Maestro ganz einfach ein zu oberflächlich abgehandeltes, nach Schema F erzähltes Biopic. Zumindest Bernsteins musikalisches Schaffen kommt hierbei nicht zu kurz und dominiert mit voller Wucht den Kinosaal. Maestro ist immer wieder ein betörenden audiovisueller Rausch – wenn auch nicht ganz so einprägsam wie A Star Is Born.

Fazit: Bradley Coopers zweite Regiearbeit ist ein zu standardisiertes, auf die Erwartungen der Oscar-Wählerschaft gebürstetes Drama geworden, welches die gemeinsame Lebenszeit von Leonard Bernstein und Felicia Montealegre Cohn Bernstein in den Vordergrund stellt. Zu selten jedoch ist es ein Biopic von sozialer und politischer Tragweite. Das ist insgesamt berührend und sehenswert, aber auch zu wenig.

Maestro startet am 20. Dezember 2023 exklusiv bei Netflix. Hier geht’s zum Trailer.

★★★★★☆☆☆
Sehenswert!

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