"Woody Allen: A Documentary" (USA 2012) Kritik – Das Portrait von einer Legende

“Das Schwierigste am Leben ist es, Herz und Kopf dazu zu bringen, zusammenzuarbeiten. In meinem Fall verkehren sie noch nicht mal auf freundschaftlicher Basis.”

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Nach fast 50 Filmen, 4 Oscarauszeichnungen und zahlreichen Nominierungen für den goldenen Jungen war es nur eine Frage der Zeit bis sich jemand daran setzen würde, Woody Allens beispiellosen Aufstieg zu einer lebenden Legende zu schildern. 46 Jahre befindet sich Allen nun schon im Kinogeschäft, viele weitere Filme sind bereits in Planung, und doch bekommt man von einem neuen Projekt erst wenige Monate vor Kinostart erste Eindrücke, denn der Großmeister hat sich in den vielen Jahren kaum geändert. Schon immer war er ein Geheimniskrämer, selten genehmigt er jemandem Einblicke in seine Arbeit. Umso erstaunlicher ist es, wie viele Facetten Regisseur Robert B. Weide dem schüchternen, unantastbaren Altmeister abgewinnen und in seine Filmographie “Woody Allen: A Documentary” mit einfließen lassen konnte.

Vom verschlossenen Lokalkomiker zum Kinowunder und von dort direkt zur Legende. Woody Allens Gipfelfahrt lässt sich nur schwer in Worte fassen. Daher ist es beachtlich, wie detailliert es Weide gelungen ist, Allens Qualitäten und Eigenheiten in nur knapp 113 Minuten unterzubringen. Dazu gehören Allens Arbeitstechniken, seine Beziehung zu den Schauspielern und wie er diese jedes Mal zur Höchstform auflaufen lässt, aber auch die Art und Weise, wie er sein Arbeitspensum meistert, denn fast alljährlich bringt er einen neuen Streifen ins Kino. Seine Fans lieben das. viele andere kritisieren, dass er schon längst nicht mehr an seine frühere Güteklasse und Raffinesse anknüpfen kann. Auch Weides Biopic nimmt sich dieser Kritik an und zeigt, wie bereits vor 30 Jahren Woodys Filme zwiespältig aufgenommen wurden, denn Massentauglichkeit war eben noch nie Woodys Intention. Selbst unter seinen Fans herrscht teilweise Uneinigkeit, welche seiner Filme denn nun die Besten sind. Aber genau das ist es, was Autorenfilmer Allen auszeichnet. Jeder einzelne Film hat seine Qualitäten – authentische Schauspieler, intelligente Dialoge, detailverliebte Kulissen – und überraschen kann der Herr auch noch nach fast einem halben Jahrhundert des Filmemachens.

Neben der Liebeserklärung an Woody Allens Fähigkeiten, welche man ohne weiteres als etwas einseitig abstempeln könnte, ist das Biopic aber auch vor allem eines: Eine bilderbuchartige Reise durch Allens Schaffensprozess, denn fast jeder Film wird angesprochen, und so kommt man viele Male ins Schwärmen und möchte am allerliebsten sofort jeden Film direkt in den DVD-Player schieben. Und während man mit Weide durch Allens Ouevre reist, wird einem erst recht klar, warum Allen einer der größten Filmemacher und einer der prägendsten Männer des Autorenkinos ist: Kein anderer kann dermaßen gut die Balance zwischen Unterhaltung und Anspruch halten und niemand – außer vielleicht Loriot – kann so herrlich absurd alltägliche Lebenssituationen schildern. Und da „Woody Allen: A Documentary“ sozusagen alle Stärken, Lebensweisheiten und Qualitäten von Allen zusammenfasst, könnte man das Biopic sogar als Einstieg für Allen-Neulinge empfehlen.

Fazit: „Woody Allen: A Documentary“ ist ohne Frage ein wenig zu unkritisch ausgefallen. Allerdings ist Weide eine äußerst sehenswerte Darstellung von über 40 Jahren Filmgeschichte gelungen, die aus dem schüchternen Allen viele unbekannte Seiten herauskitzelt, so zum Beispiel seine verrückte Notizzettelsammlung, über die man sich herzlich amüsieren kann. Es kommen große Stars wie Naomi Watts und Martin Scorsese zu Wort, die nochmals verdeutlichen, warum Allen so einmalig ist: Es gibt nichts, was er nicht kann und in all der Zeit hat er nie sein Wort gebrochen, nur eine begrenzte Zahl an Zuschauern erreichen zu wollen. Und wie hat er mal gesagt: „Wirklich innovativ ist man nur dann, wenn einmal etwas danebengegangen ist.“ Ach ich liebe ihn einfach, denn trotz seiner Eskapaden und Frauengeschichten ist er so ehrlich wie eh und je und er kann einen immer wieder überraschen, auf anrührende, humorvolle Weise, die man nie wieder vergisst. Allens Privatleben hingegen bleibt leider weiterhin ein gut gehütetes Geheimnis.

Bewertung: 7/10 Sternen

P.S. Erstaunlich auch, wer alles in diesem Werk zu Wort kommt. Siehe Tags bzw. Trailer.

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