– gesehen im Rahmen des Wettbewerbs der 76. Internationalen Filmfestspiele von Cannes, Kritik erstmals zu lesen am 24. Mai 2023 –
How long can they keep us in Asteroid City, legally?
Nur ein Jahr nach seinem enttäuschenden The French Dispatch präsentiert Regisseur Wes Andersons erneut einen Komödie im Cannes-Wettbewerb um die Goldene Palme. Und für mich wird es bis auf weiteres der letzte Film des texanischen Regisseurs sein, welchen ich mir antue. Ab der ersten Minuten könnte Asteroid City nicht typischer für Wes Anderson sein – es ist der kreative Tiefpunkt seiner bisher bald 30 Jahre andauernden Regiekarriere, auch wenn das Setting zunächst einmal auf etwas Besseres hoffen lässt.
Wir schreiben das Jahr 1955, in einer fiktiven, von der Außenwelt abgeschnittenen Wüstenortschaft verfolgen wir den absurden Alltag der sehr eigenwilligen Einwohner. Die Geschichte beginnt, ähnlich wie Andersons The French Dispatch, mit einem in schwarz-weiße Bilder getauchten Prolog, bevor uns der Film in das theaterhaft dargebotene Asteroid City wirft. Eine Erzählung in mehreren Akten mit jeweils mehreren Szenen schildert uns den befremdlichen, tristen Alltag der Einwohner, deren größte Hoffnung darin besteht, dass auch mal etwas Außergewöhnliches in diesem Mitten-im-Nirgendwo-Leben vorfällt. So beispielsweise, dass die Sterngucker, die dort leben, eine ungewöhnliche Entdeckung im Universum machen.
Und siehe da: Während einer Sternbeobachtung stattet unerwartet ein Außerirdischer in Form einer Stop-Motion-Figur Asteroid City einen Besuch ab. Daraufhin richtet das Militär eine Quarantänezone ein und führt bei allen Einwohnern, die beim Besuch der außerirdischen Kreatur anwesend waren, einen Test durch. Und natürlich soll auch die Verbreitung von Informationen über den Vorfall vermieden werden.
Ein Lockdown-Film ist Asteroid City keinesfalls geworden, dafür bleiben die Zusammenhänge zu wage. Bedauerlich jedoch, denn dies war die einzige interessanteste Prämisse, welche Wes Andersons Unheimliche Begegnung der dritten Art zu bieten gehabt hätte. Stattdessen erhalten wir, mal wieder, eine mit hochkarätigen Stars vollgestopfte Komödie voller interessanter Ansätze. Scarlett Johansson, Tom Hanks, Jeffrey Wright, Steve Carell, Tilda Swinton, Edward Norton, Willem Dafoe, Margot Robbie, Jeff Goldblum und mehr… das liest sich auf dem Papier wie nicht von dieser Welt. Vor der Kamera kann jedoch keine Figur ein spannendes Eigenleben entwickeln. Johansson und Hanks wissen hier schauspielerisch noch am meisten rauszuholen.
Zudem ist Wes Anderson stets nur auf die Suche nach der nächsten gelungenen Pointe bedacht, was mir schon an The French Dispatch sehr missfallen hat. Asteroid City ist ein von Anfang an unorigineller, steriler, lebloser Film, der sich zu sehr bei seinen Vorbildern bedient und zu viele Eigenheiten Wes Andersons aufwärmt. Sein Stil wird mittlerweile nicht grundlos (u.a. mit Hilfe künstlicher Intelligenz) nachgestellt, die sozialen Medien sind geflutet von Anderson-Epigonen. Egal ob Harry Potter oder Der Herr der Ringe, zu allem gibt es mittlerweile Konzepte in Anderson-Manier. Es wird Zeit, dass sich der Herr neu erfindet, denn der formelhaften Eigentümlichkeit seiner Filme bin ich mittlerweile mehr als überdrüssig.
Fazit: Ich hatte bereits seit der Veröffentlichung des Trailers große Bedenken, ob mir der neuste Film von Wes Anderson gefallen würde. Dass er mit Asteroid City jedoch, genau betrachtet, seine einfallsloseste Regiearbeit zu den diesjährigen Filmfestspielen von Cannes mitbringen würde, damit hatte ich nicht gerechnet. Und das alles trotz des starbesetzten Casts – eine Schande!
★★★☆☆☆☆☆
Uninteressant!
Asteroid City startet am 15. Juni 2023 deutschlandweit im Kino.