Kritik: Inception (USA 2010)

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Dreams feel real while we’re in them. It’s only when we wake up that we realize something was actually strange.

Inception ist ein unlösbares Mysterium. Damit meine ich nicht die Geschichte an sich, sondern die Antwort auf die Frage, ob der Film wirklich dieses Übermeisterwerk ist, zu dem er von vielen erklärt wurde. Oder ist Christopher Nolans siebter Spielfilm doch nur ein sinnfreies Nichts, welches an der Oberfläche vorgibt Intelligenz und Tiefgang zu vermitteln? Auch diese Meinung wird von vielen vertreten. In meinen Augen wird Inception seinem Platz als einer der besten Filme aller Zeiten ebenso wenig gerecht, wie es unfair ist ihn zu einem banalen Thriller abzustempeln. Umso schwieriger fällt es allerdings, dem Film eine endgültige Note zu verpassen. Bereits mehrmals habe ich den Film jetzt gesehen. Regisseur Christopher Nolan wird sich deswegen höchstwahrscheinlich kringeln und denken: “Was für ein Idiot.” Und irgendwie hätte er auch recht, denn seine Marketing-Maßnahmen haben Wunder bewirkt. Nicht nur, dass die Menschen glauben sie würden etwas Besonderes vorgelegt bekommen – der Film wird sogar von vielen Filmfans als revolutionär, einmalig und als einer der besten Filme aller Zeiten gehandelt. Auch da dürfte sich Christopher Nolan einen abgrinsen. Und ehrlich gesagt, selbst ich war nach der ersten Sichtung geblendet, wurde ausgetrickst von Christopher Nolans scheinbar brillantem Ende. “Es muss doch mehr hinter allem stecken, wenn Christopher Nolan seine Geschichte auf diese Weise enden lässt.”

In Wirklichkeit ist Inception jedoch ein Paradebeispiel für das sogenannte “Style over substance”, denn die Effekte übernehmen den Platz der nicht vorhandenen Handlung. Hätte Christopher Nolan uns wirklich etwas über Träume allgemein und das Shared Dreaming sowie luzides Träumen und die damit einhergehenden, philosophischen Themen im Speziellen erzählen wollen, hätte es die Action nicht gebraucht. Anfangs war ich durchaus von einem tieferen Sinn überzeugt, aber da gibt es rein gar nichts zu entdecken. Jeder Interpretationsansatz wird durch einen Widerspruch zerstört. Jedes Mal, wenn der Plot interessant und tiefgründig zu werden scheint, verdrängen Effektspektakel jedweden interessanten philosophischen Ansatz. Ohne Frage sind die Special Effects grandios und Wally Pfister treibt mit seiner Kamera die unmöglichsten Dinge. Nur was bringt das alles, wenn das Drehbuch versagt?

Darin besteht nämlich das Hauptproblem: Interessante Ansätze en masse, die jedoch in nichts Besseres münden, als die anhaltende Wiederholung der immer selben Erläuterung des Unterbewusstseins. Was ist Unterbewusstsein? Wie sehr ist unser Leben davon abhängig? Sehr oft bekommt der Zuschauer dieses Wort zu hören. Ein weiterer Beweis dafür, dass Christopher Nolan sich an seinem Sujet überhoben hat, ist, dass es ihm nicht gelungen ist seinem Thriller durchgehend eine einheitliche Bildsprache zu verpassen. Viele tun das mit der einfachen Erläuterung ab, dass alle Charaktere und die Welt Teile von Cobs Träumen seien. Nein, das ist zu einfach. Selbst wenn es so wäre, sollte sich jeder Mal einen David Lynch Film, wie den unerreichten Mulholland Drive, anschauen, denn dort werden Träume wirklich zu Emotionen, Hölle und Grauen. “Etwas empfinden!”… sind die Schlagwörter, und dabei verliert sich Inception in seiner eigenen Arroganz. Christopher Nolan glaubt, an der Oberfläche zu kratzen sei ausreichend. Das Bizarre dabei ist, dass er es besser wissen sollte.

Inception möchte gerne komplex sein, ist bis auf den Anfang jedoch völlig linear erzählt. An keiner Stelle frage ich mich, ist das jetzt echt oder nicht? Alle Träume im Film sind klar als solche gekennzeichnet, und dass einem zum Schluss dann noch das absolut platte und vorhersehbare „…oder war am Ende doch alles nur Cobbs Traum?“ als die Schlusspointe schlechthin zugemutet wird, empfinde ich schlicht als Beleidigung der Intelligenz des Zuschauers. Statt mit seinen grundsätzlich interessanten Ideen clever zu spielen, entfaltet Christopher Nolan geradliniges Hollywood-Kino ohne wirkliche Substanz.

Der Film stellt überhaupt keinen Bezug her zu irgendeiner Realität, oder irgendeiner Psychologie. Die Träume – eigentlich wunderbare Sets, um mal wirklich surreal in die Tiefe zu gehen, so wie in Luis Buñuels Ein andalusischer Hund, in David Finchers Fight Club oder in Dario Argentos Suspiria (ein wahrhaftiger filmischer Albtraum) – sind tatsächlich nur „Level“, um darin computerspielartige Action zu entfalten, dies allerdings bildgewaltig und virtuos inszeniert. Aber wie bei so vielen modernen Blockbustern eben leider nur reiner Selbstzweck. Das ständig zitierte Unterbewusstsein, eigentlich ein Ort der Abgründigkeit, produziert die ganze Zeit nur irgendwelche ballernden Securities. So sieht es also in der Tiefe unsere Psyche aus.

Trotz alledem hat mich der Film gut unterhalten. Selbst bei meiner neusten Sichtung kam tatsächlich nie Langweile auf. Die Darsteller sind super; die Effekte für sich spitze; und mitgrübeln tue ich, obwohl es nichts zu grübeln gibt, jedes Mal aufs Neue. In gewisser Hinsicht ist Christopher Nolan schon ein Genie. Das zuzugeben fällt im Falle von Inception sicherlich schwer. Eine Sache fällt mir allerdings sehr einfach. Da mir Inception mit jeder Sichtung weniger gefällt, wird es kein nächstes Mal geben, keine nächste Sichtung, kein “Vielleicht ist an dem Film doch mehr dran, als viele denken.” Und deswegen hoffe ich inständig, dass Christopher Nolans neuer Film Tenet, welcher in Kürze in den Kinos startet, nicht zu sehr in dieselbe Kerbe schlagen wird.

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1 Comment

  • Eine schön, weil ambivalent formulierte Kritik. Tatsächlich mag bei der Erstsichtung von Inception eine Enttäuschung überwiegen, doch bietet Inception bei weiteren Sichtungen durchaus Unterhaltungspotenzial und gefällt mir immer noch etwas besser als ein Großteil der anderen modernen Blockbuster.

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