“Wenn Sie morgens um 3 aufwachen und sich fragen, warum mache ich diesen Job eigentlich? Rufen Sie mich an.”
Nachdem eine Frau (Gwyneth Paltrow) nach einer Auslandsreise an einem mysteriösen Virus stirbt und ähnliche Fälle auf dem ganzen Planeten auftreten, ist schnell klar: eine Epidemie breitet sich aus, die schnell weltweit immer größere Teile der Bevölkerung hinwegrafft. Während die Wissenschaftler des amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention Dr. Ellis Cheever (Laurence Fishburne), Dr. Erin Mears (Kate Winslet) und Dr. Ally Hextall (Jennifer Ehle) versuchen mehr über das Virus herauszufinden und ein Heilmittel zu entwickeln, reist Dr. Leonora Orantes (Marion Cotillard) von der Weltgesundheitsbehörde in Genf nach Hongkong, wo man den Ursprung der Krankheit vermutet. Unterdessen muss Thomas Emhoff (Matt Damon) mit dem Tod seiner Ehefrau fertig werden und versucht verzweifelt, seine Tochter (Anna Jacoby-Heron) vor einer Infektion zu schützen. Derweil schafft es der fanatische Blogger Alan Krumwiede (Jude Law) mit seinen Texten weltweit Panik auszulösen.
Steven Soderbergh ist einer der Regisseure, von denen man nie wirklich weiß, was man schlussendlich von ihnen halten oder erwarten soll. Neben interessanten Genre-Werken wie Traffic Macht des Kartells oder The Good German, gibt es jede Menge Belanglosigkeit wie die Ocean-Trilogie oder zuletzt Magic Mike. Dabei konnte Soderbergh allerdings in einem Punkt in seiner ganzen Karriere immer stolz protzen: Mit namhaften Akteuren. Man denke da nur an die erwähnten Ocean-Filme, in denen Gesichter wie Brad Pitt, George Clooney, Vincent Cassel, Al Pacino, Julia Roberts und viele weitere zusammen vor der Kamera standen. Auch in Contagion ist das wieder der Fall und Soderbergh glänzt mit einem fundierten Starensemble: Matt Damon, Kate Winslet, Marion Cotillard, Gwyneth Paltrow, Jude Law, Laurence Fishburne und Bryan Cranston erweisen sich die Ehre. Jeder von ihnen ist in der Lage, einem Charakter mit der nötigen Tiefe zu bestücken, doch in Contagion kommt es zum Problem, dass die Schauspieler, die sich sicher zu keinem Zeitpunkt prätentiös offenbaren, einfach zu wenig Zeit bekommen, um ihr darstellerisches Können zu beweisen. Wieso also einen überaus ansprechenden Cast zusammentrommeln, wenn man ihm nicht die Entfaltungsmöglichkeiten gewährt, die er mehr als nur verdient hätte? Diese Frage wird wohl nur Soderbergh beantworten können.
Mit Contagion spricht Regisseur Soderbergh das inzwischen allgegenwärtige Virus- und Infektionsthema an und verzichtet dabei gänzlich auf eine emotionale Achterbahnfahrt, die den Zuschauer mit dem Schicksal der Protagonisten mitreißen möchte, sondern setzt auf inszenatorischen Abstand und die kühle Unnahbarkeit. Wir sehen dabei zu, wie die Gesellschaft von der vorerst mysteriösen Pandemie (keine örtliche Beschränkung) hilflos erschlagen wird, beobachten die (verständliche) Massenpanik und die politische, medizinische und wissenschaftliche Überforderung, die durch die nüchtern-kalte Erzählweise zwar nie wirklich nahe tritt, aber dennoch das beunruhigende Gefühl erzeugt, welches den Zuschauer auch nach dem Abspann noch über das eben Gesehene nachdenken lässt. Sicher schlägt Soderbergh einen durchaus realistischen Ton an, gerade auch in Verbindung mit der heutigen Globalisierung, doch Contagion ist letztlich, und das macht sich eben auch durch die offenkundige Distanzierung klar, zu bepackt mit Figuren, die keinen emotionalen Zugang erlauben, und sich so gegenseitig die Möglichkeiten auf einen Charakter-Tiefgang entreißen. Dazu gibt es noch eine Prise Medienkritik und einen Blick auf die humanen Verhaltensmuster in einem solchen Extremfall. Das ist alles wunderbar gefilmt und geschnitten, überaus aktuell und sicher auch wichtig, aber es ist in erster Linie keine brisante Neuigkeit und schlussendlich fehlt dem Zuschauer die nötige Empathie, um wirkliche Anteilnahme am Geschehen zeigen zu können.
Fazit: Steven Soderbergh bleibt seinem Ruf als undurchsichtiger Filmemacher auch mit Contagion treu. Man weiß eben nie, was einen mit Soderbergh als nächstes erwartet. Ein brisantes Thema wird möglichst nüchtern inszeniert, verweigert den emotionalen Zugang, stopft das Geschehen mit hervorragend besetzten Charakteren voll, die den Zuschauer aber eigentlich nie wirklich interessieren und letztlich bleibt ein durchaus interessanter und stark fotografierter Film über die Auswirkungen einer Pandemie, doch um den Zuschauer wirklich mitzureißen zu können, muss man ihn mit dem Schicksal konfrontieren und so in das Geschehen ziehen. Hier bleibt man als Betrachter durchgehend außen vor.