"Kiss the Cook – So schmeckt das Leben" (USA 2014) Kritik – Gaumenorgasmus und die pure Lust am Leben

Autor: Pascal Reis

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„I’m like a cat playing a piano.“

Wie das manchmal eben so ist, verläuft nicht jeder verheißungsvolle Pfad im Leben eines Menschen permanent in Richtung überschwänglicher Vitalität, auf dem man sich wie auf einem drogeninduzierten Höhenflug an der eigenen Existenz erquicken kann. Manche Träume platzen, weil man winzige Stecknadeln übersehen hat, und wenn es im Privaten schon einige Scherbenhaufen zu beklagen gegeben hat, wartet auch schon der nächste Rückschlag im beruflichen Zweig nicht selten. Carl Casper (Jon Favreau) ist zwar Chef de cuisine im renommierten „Gauloise“, einem gallischen Restaurant im kalifornischen Brentwood, doch die künstlerische Sackgasse scheint unausweichlich: Seit Jahren wurde auf der Speisekarte keine Änderung mehr unternommen, beharrt sein Vorgesetzter (Dustin Hoffman) doch stur auf die altbewährte Küche. Als ihm der landesweit bekannte Kulturkritiker Ramsey Michel (Oliver Platt) aufgrund der mangelnden Kreativität in einem seiner Artikel nach Strich und Faden verreißt, ist für Carl der Punkt gekommen, an dem er endlich seinen eigenen Zielen Auftrieb verleihen muss, um langfristig glücklich zu werden.

Dass Carls Beziehung zu Inez (Sofía Vergara) bereits in die Brüche gegangen ist und ihr gemeinsamer Sohn Percy (Emjay Anthony) am liebsten rund um die Uhr Zeit mit Papa verbringen möchte, erschwert den angestrebten Neuanfang zunehmend. Aber „Kiss the Cook – So schmeckt das Leben“ ist kein trister Film, der uns Personen präsentiert, die an ihrer Leidenschaft und ihren Bedürfnissen zerbrechen; Jon Favreaus Rückkehr in den Independent-Jargon lebt primär von seinem sonnigen Gemüt, welches es ihm auch von Sekunde 1 an ermöglicht, die Zuschauerschaft auf seine Seite zu ziehen. An „Kiss the Cook – So schmeckt das Leben“ wirkt nichts synthetisch, man schlägt sich viel mehr auf die Seite von Carl Casper und folgt ihm mit einem Lächeln auf den Lippen, wie er seiner von dampfenden Kochtöpfen beschlagenen Berufung neue Formen verleiht – und sich simultan dazu gleichermaßen wieder als fürsorglicher, aufmerksamer und fordernder Vater bewährt. Doch wie es so oft in diesen Feel-Good-Dimensionen ist, kann sich auch das aus der Feder von Jon Favreau stammenden Drehbuch einigen Unzulänglichkeiten nicht verwehren.

Der Bezug zur Social-Media-Welt nämlich wirkt in „Kiss the Cook – So schmeckt das Leben“ zeitweise ungemein anachronistisch, was die Vermutung nahe legt, Jon Favreaus charmanter Wohl-Fühl-Food-Porn wäre einem älteren Semester zugeschrieben, was ob seines universellen Resonanzraumes aber definitiv nicht der Fall ist. Der Twitter-Erklärbär-Modus lässt „Kiss the Cook – So schmeckt das Leben“ gerne mal ins Hinken geraten, werden dann aber wieder die Messer gewetzt (Carl selbst trägt eines auf dem rechten Unterarm tätowiert, Passion ist Passion), die Pfannen erhitzt, das Gemüse geschnippelt, die Kräuter drapiert und das Geflügel tranchiert, bringt „Kiss the Cook – So schmeckt das Leben“ eine bisweilen hinreißend gute Laune in den Frühsommer dieses Kinojahres. Man sollte sich dementsprechend wappnen, denn wer mit knurrendem Magen das Lichtspielhaus aufsucht, wird 120 kräftezehrende Minuten vor sich haben, lange schon sah kein Käsefaden mehr so begehrenswert aus wie in „Kiss the Cook – So schmeckt das Leben“. Bon appétit.

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