Eine Gastkritik von Michael Gasch
“Deputy Harris, hope you like flying…”
Mit Blick auf das erste Quartal 2025 erschien Flight Risk als einer der potentiell interessanteren Neuproduktionen. Der einstige Epos-Macher Mel Gibson (Braveheart, Apocalypto) liefert damit einen Action-Thriller mit Mark Wahlberg, Michelle Dockery und Topher Grace ab. Was zuerst als sehenswert erschien, entpuppt sich als der erste große Reinfall des Jahres. Mark Wahlberg ist im Kino nicht unbedingt ein Garant für qualitativ hochwertiges Kino, denkt man nur an die beiden Transformers-Filme mit ihm oder zuletzt beispielsweise auch die Games-Verfilmung Uncharted (2022) zurück. Zumindest halten sich noch Shooter (2007) oder Deepwater Horizon (2016) als einigermaßen spannende Action- bzw. Katastrophenfilme in der Erinnerung. Seine Glanzrollen in Filmen wie Martin Scorseses Departed – Unter Feinden oder Paul Thomas Andersons Boogie Nights liegen sehr lange zurück… Höchste Zeit also, dass Marki Mark sich einmal wieder richtig profilieren kann. Und machen wir uns nichts vor – im Actiongenre ist er heutzutage mit seiner markanten Art nun einmal am besten aufgehoben. Mit Flight Risk hätte er die Wahl jedoch nicht schlechter treffen können.
Das Motiv der Geheimoperation verlagert sich dabei kammerspielartig in ein Flugzeug. Die Figuren sind schnell umrissen: Der Pilot, gespielt von Wahlberg ist prägnant mit „sus“ zusammengefasst, um in der Sprache unserer Zeit zu bleiben. Der „Spion“ (Topher Grace) wiederum ist eine eindimensionale Heulsuse. Den zwei Männern steht mit der Geheimdienstagentin Madolyn Harris (Michelle Dockery) eine Frau gegenüber, die überfordert und ratlos versucht, das Chaos unter Kontrolle zu bringen. Das erscheint zumindest etwas nachvollziehbar, wenn sie nur von männlichen Idioten und Schlimmeren umgeben ist. Regisseur Mel Gibson setzt uns aber wahrlich kein feministisches Werk vor, da die Narrative gleichermaßen auf den Kampf zwischen Mann und Frau und spannende Überlegenheit verzichtet.
20 Minuten dauert es dabei, bis die erste „große Enthüllung“ kommt – ein Moment, den vermutlich jeder Mensch, der in seinem Leben schon zwei-drei Filme gesehen hat, von weitem erahnen kann. Die große Frage: Was soll da nun noch die restlichen 70 Minuten folgen? Die Antwort darauf untermauert, dass es sich um kein feministisches Werk handelt: Es ist ein ewiger Kontrollverlust der Agentin, von der man eigentlich annimmt, dass sie in ihrer Position zumindest einen Funke Expertise mitbringt. Pustekuchen… Die Mission wird zum Spektakel, und Expertise sowie Geschick sind Mangelware. Und dies ist dann auch schon Legitimation genug, um die Geschichte unnötig in die Länge zu ziehen.
Ein Vergleich zum Action-Klassiker Speed mit Keanu Reeves, aber auch zu Air Force One mit Harrison Ford, Con Air mit Nicolas Cage oder 7500 mit Joseph Gordon-Levitt bietet sich an. So viel sei verraten – im Flugzeug befinden sich zwar weder Bombe noch Schwerkriminelle noch Terroristen – jedoch ist das Ziel identisch: Es geht darum, den Status Quo der Sicherheit wiederherzustellen. Die Kontrastierung zwischen Schnelligkeit als Gefahr und Stillstand als Sicherheit kommt auf. Irgendwie muss also das Flugzeug gestoppt werden. Das Problem dabei: Eigentlich ist das kein Problem, solange Kontrolle im Flugzeug herrscht und ein Experte per Satellitentelefonat zugeschaltet ist, der Anweisungen gibt.
Hollywood wäre nicht Hollywood, gäbe es fortan nicht immer wieder Momente, die den gewohnten Lauf der Dinge ins Wanken bringen. Blut fließt, Gewalt wird verübt und so weiter und so fort – man hat es schon zur Genüge gesehen. Der Plan der Notlandung scheitert also an der Inszenierung. Statt Andeutungen beim perfiden Planen vorzunehmen, wählt Mel Gibson einen konträren Ansatz: Mitten ins Gesicht – angefangen bei dem verdächtigen Piloten, bis hin zu den Maulwürfen in den eigenen Reihen. Alles wird akribisch ausformuliert, es ist ein wahrlich stumpfes Kino par excellence, ohne jeglichen Raum für Suspense.
Dass in den letzten 15 Minuten versucht wird, etwas von Denis Villeneuves Sicario hineinzubringen, macht den Braten auch nicht fett, denn an dem Punkt haben viele vermutlich schon ausgemacht oder sind eingeschlafen – inklusive jener, die an Höhenangst leiden. Mel Gibson geht es also weder um den Opportunismus, noch um die Skrupellosigkeit in der Kriminalität, sondern letztlich nur darum, die Maschinerie aus Einfallslosigkeit am Laufen zu halten. Vermutlich gibt Flight Risk den besten Film ab, um sich nicht weiter blenden zu lassen: Steht Mel Gibson auf dem Cover eines neuen Films, sollte man ab sofort nicht mehr zugreifen.
Kinostart: 20. Februar 2025
Regie: Mel Gibson
Darsteller: u.a. mit Mark Wahlberg und Topher Grace
FSK-Freigabe: ab 12
Verleih Kino: TOBIS Film
Laufzeit: 1 St. 31 Min.
★☆☆☆☆☆☆☆